Tauschmittel

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Erschüttert starre ich den Fremden an. Was wäre hier die richtige Antwort? Das ich unbedeutend für Bram bin und somit keinen Wert habe? Aber sonderlich glaubwürdig würde das nicht sein, wenn sie wissen, dass ich im selben Hotel wie er war und dann noch von seinem Bodyguard nach hause gefahren wurde.
"Bram ist..." krächze ich, doch mein Hirn setzt aus. Es ist nicht nur die missliche Lage, sondern auch die Kopfschmerzen die immer größer werden. "Er ist ein sehr guter Freund von mir."
"Mit Vorzügen?"
Erstarrend pressen sich meine Lippen aneinander und ich spüre die verräterische Wärme in meinen Wangen.
Er seufzt erneut. "Höre zu. Es wäre für alle das Beste, wenn du einfach die Wahrheit sagst. Dann können wir besser mit dir arbeiten und du bist schneller von hier weg, als du Casablanca sagen kannst. Lebend. Dann haben wir alle, was wir wollten und gut ist."

"Wieso habt ihr mich und nicht ihn geholt?" versuche ich fest zu klingen, während mein Herz schmerzhaft pocht.
Er legt den Kopf schief, während sich seine Augen wie Gift einen Weg durch meine Adern bahnen. "Es hätte uns mehr Schwierigkeiten eingebracht. Am Ende hätten wir eher seine und die Wut seines Vaters auf uns, was nicht so praktisch wäre. Es wäre zu keiner Vereinbarung gekommen. Aber du bist genau zur richtigen Zeit gekommen. Du bist das perfekte Druckmittel, ohne großen Schaden nehmen zu müssen."

Darauf bleibe ich stumm.
"Wohnst du bei diesem Dreckskerl?"
"Ja." antworte ich belegt und will schon sagen, dass es nicht unbedingt freiwillig ist, doch beiße mir auf die Unterlippe. Am Ende wird diese Information noch gegen mich verwendet.

"Gut gemacht. Somit hast du meine erste Frage - zwar umständlich - endlich beantwortet. Bleib dran." lächelt er matt, doch es trieft so von Falschheit, dass ein unangenehmer Schauer über meinen Rücken jagt.
Meine Angst steigt mit jeder verstreichenden Minute und mein pulsierendes Herz verstärkt den schmerzenden Druck in meinem Körper. Ich will hier weg.
"Jetzt geht es nämlich weiter: Sicherlich kennst du schon seine Pläne und weißt, was für Geschäfte er schmiedet. Ich würde wetten, du könntest ihn mit ein wenig Überzeugung zur Besinnung bringen."
"Besinnung?" entfährt es mir leise, während ich die Brauen verziehe.

Meine Äußerung  scheint ihm wieder nicht gefallen zu haben, was sein Gesicht erkalten lässt. Verunsichert versuche ich die Beine unmerklich an mich zu ziehen, doch die blose Anstrengung jagt einen riesigen Stich durch meinen Körper, der sich wie ein Schuss anfühlt.
Er scheint von meinem wimmernden Zucken jedoch unberührt, weshalb ich die Zähne zusammen beiße und tief durchatme, auch wenn meine Lunge protestiert. "I-Ich weiß nicht, was er treibt. Das einzige, dass er mir erzählt hat ist-..." kurz stolpere ich über meine Worte. Es wäre nicht gut, Brams provokante Erzählung exakt nachzuerzählen. "Er meinte, es gab eine Änderung mit der ihr nicht sonderlich einverstanden wart und auf die Barikaden gegangen seid."
"Aber hat dir von uns erzählt." brummt er kühl, ohne den Blick von mir zu nehmen.
"Nur das!" rudere ich schnell zurück, "Ich weiß nichts von euch. Ehrlich! Ich kann euch versichern, mich nicht in die Sache einzumischen, wenn ihr mich gehen lassen würdet. Man kann hierfür eine friedliche Lösung finden."
Ich spüre, wie die Panik langsam die Oberhand gewinnt und wende kurz den Blick ab, weil seine Augen mich regelrecht zerfetzen. Einen Moment schaue ich mich in der scheinbaren großen Garage um, in der die zwei verbeulten Wagen Nahe eines Metalltores stehen, die mich hergebracht haben.

"Jetzt weißt du aber genug. Ich habe dir nicht umsonst mein Gesicht offenbart und dadurch gibt es kein zurück." Sein Gesicht bleibt wie versteinert.
"Bitte." flehe ich, "Ich werde auch alles tun, was ihr wollt. Ich rede mit Bram und überzeuge ihn zu dem Abkommen, dass ihr wollt!"
Doch er lacht nur düster. "Das werden wir schon erledigen. Wir brauchen deine Stimme voerst nicht. Lediglich deinen Körper für einen fairen Tausch." richtet er sich auf.

Fair. Vor allem für mich. Aber natürlich.
Zwar gebe ich mein bestes außenhin gefasst zu wirken, doch ich merke, wie ich jeden Moment einfach nur hysterisch Zusammenbrechen möchte und wahrscheinlich auch werde. In meinem Leben kehrt nie Ruhe ein. Und ich fange an, dieses in Frage zu stellen. Ob solche Situationen der Startpunkt für die Taten von Brams Mutter waren? Nur, dass sie damals von Mr. Chester verursacht wurden?

"Ich habe erst einmal genug Antworten. Du bist wohl noch zu angeschlagen von dem Unfall." wedelt er abgeneigt mit der Hand, während er zu einem Schreibtisch nahe der Autos geht. Unfall, hallt das unpassenste Wort aller Zeiten in meinem pochenden Kopf. "Wir werden dich schonen," öffnet er das eine Schubfach und holt ein kleines Päckchen heraus, bevor er wieder zu mir in die Ecke zurückkehrt, "Aber dafür wirst du uns die Informationen geben, die wir verlangen." Es ist keine Bitte, sondern eine Klarstellung. Mir ist schon klar, dass mir die Hände nicht nur physisch gebunden sind.
Er holt eine Tablette aus dem Päckchen und reicht sie mir. Mit argwöhnischen Blick nehme ich sie mit verkrampften Fingern entgegen, doch frage mich sofort, ob es eine ist, wie die, die Bram mir hier und da gegeben hat. Ich werde wegen ihm Tabletten nicht mehr ohne Hintergedanken nehmen können. "Du hast sicherlich Kopfschmerzen." löscht er meine Bedenken aus und ich sehe in sein undurchschaubares Gesicht. "Leider bleibt dir der Luxus von Wasser vorerst verwehrt."

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt