Auf ein neues Leben

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Umzingelt von leuchtenden Wolkenkratzern, lautem Autoverkehr und dich anschreienden Werbetafeln, lasse ich mich von Brams Hand durch die Menschenmassen in New York ziehen. Überall sind Gespräche zu hören und das Hupen der Autos ist wie eine improvisierte Melodie.
Mein Herz rast, jedoch nehme ich es nicht richtig war. Oder ignoriere es eher unter dem Schleier der Benommenheit, der sich wohl nie wieder aus meinem Gehirn verziehen wird. Ignoriere den Lärm um mich genauso sehr, wie Rufus hinter uns, mit dem ich kein einziges Wort gewechselt habe, seit er mit einem dunkelgrünen Jeep angekommen ist, der wohl als Ersatz für den zerstörten Benz hergeben muss. Nur die minimalste Erinnerung an den Vorfall lässt mein Herz schmerzhaft zusammenziehen, weshalb ich meinen Kopf wieder schnell leere, bevor er mir noch mehr Schmerzen bereiten kann.

Unter leichter Sonne hat Bram mich zu den Straßen gebracht, in denen die teuersten Modegeschäfte stehen und zum aller ersten Mal in meinem Leben trete ich in einen solchen befremdlichen Laden, dessen Taschenanhänger schon über 100 Dollar kostet.
Die ineinander verschmolzenen C's sind überall und Prangen an diversen Taschen. Der Laden besitzt nur eine handvoll an Kunden, doch diese sehen aus, als würden sie es schon schaffen das Einkommen eines Kettenrestaurant für heute hier locker zu decken.
Zwar war ich immer darauf fixiert so viel Geld zu verdienen, wie nur möglich, aber während ich in diesem Laden aus Hochglanzfließen stehe, bin ich mir nicht sicher, ob es unbedingt der Lifestyle ist, den ich wollte. Natürlich wollte ich es schaffen unbeschwert einfach nach Dingen zu greifen und sie zu kaufen, ohne auf den Preis schauen zu müssen, aber zwischen all den teueren Modeaccessoirs fühle ich mich klein, verloren und einfach fehl am Platz.
Ich brauche nur eine Grundabsicherung. Genug Geld, um mir nicht dauerhaft sorgen machen zu müssen, ob ich mir nächste Woche auch mal Früchte erlauben kann oder gar die Miete zahlen kann. Überteuerte Artikel sind da eher weit hinten bei mir.
Aber ich sage nichts, als Bram die verschiedensten Sachen auswählt und mich zwingt, sie anzuziehen, bevor er sie einfach kauft.
Einige will er mich nicht einmal anprobieren lassen, bevor er sie einfach kauft und das ist vollkommen ungewohnt für einen Sparfuchs, wie mich. Es fühlt sich unglaublich falsch an.

"Hier. Probiere das noch schnell an, bevor wir zur Kasse gehen." raunt er und drückt mir ein weißes und fein geblümtes Sommerkleid in die Hände, dass schon aussieht, als würde es ein Drittel meines Stipendiums kosten.
Zwar starre ich es überfordert an, doch Bram lässt mir keine Möglichkeit zu protestieren, sondern drängt mich in eine Umkleide.
Ich komme mir schon wie eine Verbrecherin vor, wenn ich es nur wage den kostbaren Stoff mit meinen Normalohänden anzufassen. Ganz geschweige denn, wenn ich ihn anziehe.
Die weiße Seide fließt praktisch an meinem Körper hinunter und lässt keines Wegs zu, dass auch nur etwas von meinen Kurven kaschiert wird. Nein, um es zu toppen gibt es sogar einige Einschnitte, die mehr Haut zeigen sollen. Vor allem am Dekoltée. Und dennoch sieht es wie ein süßes Sommerkleid aus, in dass ich mich heimlich verliebe.

Unsicher trete ich aus, wo Bram schon ungeduldig wartet, doch sobald er mich sieht, gefriert er an Ort und Stelle. Sein Blick wird undurchschaubar und ich wechsle nervös den Stand von einem Bein zum anderen. "Und?" frage ich kleinlaut. Dabei huscht mein Blick kurzzeitig über seine Schulter, wo sich einige Menschen mitten in ihrem Einkuaf befinden. Es sind größtenteils ältere Frauen, die wohl nach einem harten Arbeitsleben dieses jetzt endlich genießen und die beachten uns keines Wegs, doch mein Herz kribbelt unangenehm vor Angst.
In meinem Kopf machen sofort jegliche Bereiche dicht und ich merke, wie ich wieder in einen Zustand rutsche, indem ich so wenig wie möglich von meiner Umwelt wahrnehmen möchte. Ich fange an, alles automatisch ausblenden, um endlich die Angst loszuwerden, die mich schon zu lange in meinem Leben geplagt hat, doch genau da tritt Bram lautlos vor mich und nimmt behutsam meine Hand, was mich unter schwerer Atmung zu ihm aufblicken lässt.

Seine dunklen Augen liegen immer noch auf dem Kleid, dass ich trage. Weich und doch einnehmend mustert er mich, bevor er mir ernst ins Gesicht sieht. "Es ist atemberaubend." haucht er und gibt mir einen kurzen Kuss, der jegliche Funktionen in mir lahmlegt, dafür aber meine Wahrnehmung von allem wieder schärft und mich zurück bringt.
Eingeschüchtert nicke ich und hoffe, dass die Wärme in meinen Wangen nicht zu sehen ist.
Er entscheidet, dass das Kleid defintiv gekauft werden soll und geht darauf mit mir zur Kasse, wo er neben all den Kleidungsstücken, die wir zusammen ausgewählt haben, auch ein rotes Dessou aus Spitze mit auf den Tresen legt.
Verdutzt deute ich auf den Stoff. "Wann hast du das bitte mitgenommen?" brumme ich leise und er lächelt schief zu mir, während die Frau alles einscannt.
Sein Lächeln ist einfach, doch seine strahlenden Augen dazu sprechen Gedanken aus, die mir die Röte ins Gesicht treiben und mein Herz aufgeregt flimmern lassen. Oh Junge..
In meinen eigenen Gedanken starre ich die Unterwäsche wieder an und ich könnte schwören, der leuchtend rote Stoff gleicht sich mit der Farbe meines Gesichts.
Gut, dass Rufus uns nur aus weitem beobachtet.


Am Ende besitzen wir mehrere Tüten in den verschiedensten Größen aus den beliebtesten Läden der Welt und fahren ohne Rufus im Gepäck zum Penthouse.
Den ganzen Tag habe ich gemerkt, wie Bram sich beherrschen musste, während er meinen Körper nicht nur mit Taschen, Kleidern oder Schuhen gesehen hat, sondern auch in Bikinins, die ich laut ihm auf der Insel brauchen werde.
Es führt dazu, dass ich das Penthouse mit zusammengepressten Lippen betrete und langsam die Sorge trage von der anhaltenden Hitze in meinem Gesicht, noch einen Fieber zu bekommen.
"Sushi?" reißt mich Bram aus den Gedanken, während wir die Tüten zur Seite stellen.
Sein Körper ist wieder vollkommen entspannt und er sieht aus, als hätte er mich nicht den ganzen Tag mit Blicken verschlungen, doch auch jetzt sprechen seine Augen stumme Bände. Das Glitzern in ihnen ist noch da, als auch die versteckte Lust. Wir wissen beide, worin das heute Abend noch enden wird.
Atmelos versuche ich ein "Ja." herauszubringen und sehe mit an, wie er in die Küche geht, um uns Wein einzuschenken.

"Auf einen tollen Tag." hebt er sein Glas meinem entgegen und das Klirren ist so klar und leicht, dass ich eine Gänsehaut bekomme. Auf ein neues Leben, spreche ich für mich im Kopf aus und lasse die süßlich bittere Flüssigkeit zwischen meinen Lippen verschwinden.

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt