Wann ist der perfekte Moment?

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Wieder sind Wochen vergangen, weshalb ich nicht einmal mehr aufsehe, wenn Bram die Tür aufschließt und mein Zimmer betritt, welches mir einen Kotzreiz verleiht, sobald ich die Augen dazu öffne. Wann kann ich endlich hier raus..
Grimmig sehe ich mit zusammengekniffenen Augen auf und habe die Decke bis über den Mund  gezogen. Er steht schon aufgestylt da und sieht mich mit den Händen in den vorderen Taschen der Jeans an. Sein Blick ist gedeckt, aber friedlich. Wie kann ihm das nicht schon auf die Nerven mit mir gehen? Mir jedenfalls tut es das.

Wie erwartet streckt er nach kurzem Starren die Hand aus und verharrt in der Haltung, um auf mich zu warten. Seufzend schließe ich die Augen noch für einen Moment, bevor ich die Decke von mir stoße und beim aufrichten nach seiner Hand greife. Sofort zieht er mich mit auf die Beine, doch statt mich an sich zu ziehen, wie meistens zuvor, geht er sofort los und zieht mich mit.
Verwirrt, sehe ich seinen Hinterkopf an, doch gehe einfach, wie sonst, mit. "Warst du wieder trainieren?" frage ich heiser vom Schlaf und reibe mein rechtes Auge.

Mit erhobener Braue der er den Kopf zu mir, während wir die letzten Stufen hinabgehen. "Woher weißt du das?"

Zu müde um ihn noch mehr anzusehen oder gar viel zu reden, starre ich kaputt an ihm vorbei zu der Glaswand im Wohnbereich und stampfe unter dem sachten Morgenhimmel zu grob um die Gegend. "Dein Nacken hat noch leichte Schweißperlen drauf." brumme ich.
Wieso ich überhaupt auf seinen Nacken gucke, will ich gar nicht erst herausfinden. Ich bin zu müde zum nachdenken. Wieso muss er mich auch an den meisten Morgenstunden bloß wecken.
Immer noch verwirrt dreht er sich wieder nach vorne und setzt mich darauf, wie gewohnt, an den Esstisch. In meinem Halbschlaf merke ich, dass der Tisch diesmal nicht gedeckt ist und er zuerst zur offenen Küche geht, bevor er wieder zu mir tritt. "Heute gibt es nicht mehr."

Mir wird eine Tasse mit Kaffee aus seinem teueren Kaffeeautomaten hingestellt und ein Teller mit eingenartigem Omlette.
Dennoch krächze ich ein "Danke." und nehme das Besteck an, ohne die Augen vom Essen zu lassen.
Darauf spüre ich seine Hand über meinen Kopf streichen und wie er im nächsten Moment einen Kuss auf meine Haare platziert, was mich hellwach macht. Ich sehe geschockt zu ihm auf, doch er geht schon auf die gegenüberliegende Seite. Es scheint ihn nicht zu stören, dass mein Herz panisch schlägt.

Also sehe ich schnell wieder auf das Omlette und fange einfach an zu essen. "Was sind diese rot-bräunlichen Punkte darin?"
"Getrocknete Tomaten, die ich kleingeschnitten habe. Dachte, ich probier's mal aus." zuckt er die Schultern, "Schmeckts?" sieht er auf und sieht mich unberührt an.
"Du hast das selbst gemacht?" frage ich überrascht.
"Ja, wieso?"
Seine Brauen verziehen sich verwirrt, was nicht unbedingt unbegründet ist. Er hat nie gesagt, dass jemand das Essen macht. Aber ich hatte immer gedacht, dass all diese glorreichen Essen, nie von Bram sein könnten. "Nur so..Hast du etwas bisher immer für uns gekocht?"
Ein fettes Grinsen breitet sich unangekündig auf ihm aus. "Wohin denkst du. Niemals. Hin und wieder zum Frühstück vielleicht, aber alles andere mache ich nie." Und schon ist meine eben entstandene Achtung verschwunden.
"Ah." meine ich nur und esse weiter.

Diesmal gehen wir nicht sofort wieder zurück zum Zimmer, sonder er möchte ein wenig reden. Selbst wenn ich nicht komplett kooperativ bin. Aber ich versuche es zu sein.
"Wie ist dein Bruder vom Charakter her?" fragt er irgendwann, und diese Frage ist so unerwartet, dass ich aufhöre mit dem Finger am Rand meiner Tasse zu spielen und von dem Ausblick auf Manhatten wegsehe, von dem ich mich nicht sattsehen kann.
Sein Blick ist direkt auf mich gerichtet, während er meine Verwirrung geduldig abwartet. "Wieso fragst du?"
Ein Schulterzucken. "Er verlässt selten das Haus und er scheint dich zu meiden."
Misstrauisch verziehe ich die Brauen. "Hast du das genauso, wie bei all deinem anderen Wissen über mich, beobachtet?"
Sein Mundwinkel zuckt, als er sich mit den Ellbogen auf dem Tisch abstützt und die Hände an sein Kinn lehnt. "Ich bin einfach nur interessiert, Willow. Du hast damals erzählt, dass ihr Probleme habt. Und die Chats mit deinem Bruder sind...ja."

Zurückerinnernd sehe ich weg. "Das ist einfach nur kompliziert, ok?" brumme ich leise.
"Aber worin?"
Ohne den Kopf zu ihm zu drehen, sehe ich ihn an. Seine Augen haben nur einen interessierten Schein. Nichts hinterhältiges, was mich den Mund überlegend verziehen lässt. "In so einigen Dingen. Er wird nicht unbedingt besser von unserer Mom behandelt, als ich in seinem Alter und macht genug durch, als das ich ihm sein Verhalten nicht übel nehme."
Etwas blitzt in seinen Augen auf, was ich schon fast als Hoffnungsschimmer bezeichnen würde. Aber weil Bram eh nicht leicht zu lesen ist, würde ich nicht darauf wetten.
"Was genau hat eure Mom euch angetan?" legt er den Mund auf seine verworrenen Hände und sieht mich konzentriert an.
Doch ich verziehe mein Gesicht. "Bram, das ist nicht unbedingt der richtige Moment darüber zu reden."
"Und wann gibt es den perfekten Moment deiner Meinung nach?" bleibt er besonnen.
Seufzend entgegne ich seinen intensiven Blick. Er hat nicht unbedingt Unrecht. Es gibt nie den perfekten Moment für sowas. Aber ich will gerade echt nicht darüber reden.
"Jedenfalls nicht jetzt." raune ich ausgelaugt. Kurz behält er mich im Auge, doch hebt darauf schulterzucken die Hände und sieht weg. "Dann ein andern Mal." Ich hoffe nicht. "Wie stehst du zu Konsolen?"

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt