Blutroter Rotwein

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Irgendwann holt er auf einmal eine Weinflasche mit zwei Gläsern aus dem Korb und gießt ein. Ich habe inzwischen aufgegeben mich dagegen zu entscheiden. Ich nutze jede Gelegenheit, um mein Hirn von seinem Stress zu holen und auch wenn es in der Sonne nicht das beste Getränk ist, schlucke ich es wie Wasser.
"Machst du das eigentlich mit jedem Mädchen?"
Mit erhöhter Braue sieht er mich an.
"Naja, das hier. Schick ausführen, spazieren, Picknicken." Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass sich irgendein Mädchen finden würde, das einfach so mit Bram frühstücken wollen würde. Von dem, was ich immer gehört habe, wollen sie nur ins Bett mit ihm. "Mal ganz abgesehen von der Sache mit der Entführung." kann ich es mir nicht verkneifen. Mein Mum scheint ihn gar nicht zu berühren. Er nimmt gelassen einen weiteren Schluck und fässt plötzlich nach meiner Hand.
"Nein, nein mache ich nicht. Und ich will das auch mit Keiner tun. Du bist die Einzige."
Wow, wir sind wirklich tief drinnen in der Scheiße, Willow.
Keine Antwort darauf findend bleibe ich stumm und beobachte, wie sein Daumen über meinen Handrücken streicht.

"War das mit deiner Mom eigentlich auch mal anders, als das, was du mir erzählt hast?"
Seine Frage lässt mich verächtlich ins Glas schnabuben, bevor ich einen großen Schluck nehme. Ich wusste, dass er das nicht fallen lassen wird, aber wenigsten ist sie harmlos und nicht zu privat. "Nein, sie war immer so. Als kleines Kind hatte ich wenigstens noch meine Großeltern, aber selbst mit ihnen war sie die größte Schlampe auf Erden. Es kümmerte sie nicht, dass sie mich großgezogen haben, während sie sich damals noch nebenbei als Stripperin versuchen wollte. Sie war ihnen nicht einmal dankbar, sondern hat sie beleidigt und schlecht gemacht, bis sie gestorben sind. Ich gebe ihr bis heute noch ein wenig Schuld, dass meine Oma verstorben ist. Und mir."
"Wieso dir?"
Ich schlucke die letzten Tropfen aus meinem Glas. Eigentlich will ich nicht darüber reden. Aber ich tue es, nachdem ich ihm mein Glas für Nachschlag reiche. "Weil alte Menschen sich nicht permanent um Kinder kümmern sollten. Sie sind dafür zu anstrengend und erhöhen die Chance auf einen Herzinfarkt. Wer weiß, vielleicht hatte ich sie davor genug aufgeregt und dann noch Mom bevor es sie getroffen hat." Mit den Augen auf das wieder gefüllte Glas will ich es abnehmen, doch er lässt mich nicht.
"Ich bezweifle sehr stark, dass das der Fall war. Sie haben dich geliebt, oder?"
Ich zucke die Schultern. "Schon. Ich habe immer noch die Taschenuhr meines Großvaters, die er aus Kriegszeiten mitgebracht hat, dass Oma mir gegeben hat, als ich noch klein war. Diese Uhr war ihr wirklich wichtig. Ich sollte es vor Mom verstecken, egal, was kommt."
Endlich gibt er mir mein Glas unter bestimmten Blick. "Dann hast du sicherlich keine Schuld an ihrem Tod." Überzeugt bin davon nicht, aber ich sage einfach nichts. Diese Meinung kann man mir schwer ausreden.

"Willst du es manchmal deiner Mom heimzahlen?"
Erstaunt, dass er das Thema nach der stummen Pause immer noch nicht fallen gelassen hat, sehe ich ihn an. Sein Blick auf mir ist fest und ruhig, wie seine Stimme, und trotz des Weins hochkonzentriert.
"Schon." raune ich leise, "Aber ich will meinem Bruder dadurch nicht schaden."
"Er ist doch genauso scheiße zu dir."
"Nein." sage ich fest, "Er macht nur schlechte Zeiten durch und hat Probleme, sich selbst seinen eigenen Menschen zu nähern. Aber tief im inneren liebt er mich. Das weiß ich. Und das tue ich auch." Einen Moment mustert er mich, bis man in seinen Augen genau erkennen kann, wie er das Thema ein für alle Mal abschließen will. Jedenfalls für heute.
"Wir werden noch eine Lösung dafür finden." brummt er leise und sieht wieder weg.
Er will mir helfen, mich an meiner Mom zu rächen? Huh, das könnte witzig werden. Vor allem mit dem ganzen Geld, dass er zum verprasseln hat. Alleine dafür könnte ich ihn vielleicht doch länger als geplant aushalten. Mir kommen die verrücktesten Ideen in den Kopf, bis ich auf einen Kopfgeldjäger komme. Schnell stelle ich die Gedanken ein. Nein, umbringen würde ich sie nicht wollen. Oder doch? Ich weiß nicht..

Genau da ertönt ein lauter Ton - ein Schuss - und ich kreische leise auf, als die Weinflasche neben Bram in Millionen Teile zerspringt.
Voller Panik rapple ich mich an der Felswand gelehnt auf und interessiere mich nicht, dass das Gestein meine Haut dabei aufscharbt. Ich bin zu beschäftigt um mich zu sehen. Bram ist schon auf den Beinen und hat sich schützend vor mich gestellt, um zu begreifen, wer da auf uns geschossen hat und legt die Hand auf meinen Oberschenkel, während er seinen Rücken sachte gegen mich drückt. "Was war-" hauche ich schon pansich, doch genau da ertönt das Klingeln eines Handys. Erst da erkenne ich, dass er eine Pistole in der Hand hält, die mit ihrer matten Farbe in der Sonne kaum zu sehen ist. Scheiße, was geht hier ab? Hatte er das Ding etwa die ganze Zeit im Korb?
Sofort sacken seine Schultern hinunter und während ich beschäftigt bin mich an seinen Rücken zu drücken und ängstlich um uns zu sehen, geht er ans verdammte Telephon. Ich wurde noch nie angeschossen. Selbst nicht von meiner verdammten Mutter.

"Wie hast du mich gefunden?" kommt es leise, aber extrem kühl von Bram, als er den Hörer am Ohr hat. Selbst mir läuft dabei ein unangenehmer Schauer über den Rücken und die Hitze um uns ist vergessen.


Bram pov.

"Ich sagte doch, dass wir das ein andern Mal regeln werden. Wer verdammt nochmal hat dir erlaubt herzukommen?" versuche ich meine Wut zu unterdrücken.
Er lacht tief. "Ich warte auf keine Erlaubnis. Ich mache mein Geschäft wann und wo ich will. Das weißt du, Bram."
Dieser Kerl ist verdammt gut in dem, was er macht. "Der Schuss war unnötig." brumme ich und halte den Kopf steif in die Richtung gerichtet, aus der er geschossen hat.
"Hm, vielleicht. Aber das ist nun mal meine Art. Also: Reden wir vor deiner Hure oder kommst du alleine?"
"Nenne sie nie wieder so." zische ich leise und ignoriere, dass mein Griff mein Smartphone fast zerdrückt. Dabei spüre ich Willow an meinen Rücken klammern, was mir Kraft gibt. Sie kommt mir immer näher und es zeigt mir, dass sie mir inzwischen vertraut. Umso überzeugter bin ich, sie von dem hier fernzuhalten. "Wir reden alleine."
"Gut." lacht er leise - aber nicht ernst - am anderen Ende, "Wurde endlich Zeit, Loverboy. Ich gebe dir eine Minute." Und damit legt er auf.
Dieser Typ kann einen mit seiner Sturheit echt aufregen, aber dennoch mag ich seine Art. Er ist kein Idiot und somit eine große Nummer. Und wenn es nicht um's Geschäft geht kann er echt entspannt sein.

Ich stecke das Smartphone wieder in die hintere Hosentasche und drehe mich sofort zu Willow, die mich mit großen Augen ansieht. Ich will sie an den Oberarmen halten, doch sobald meine Waffe ihre Haut berührt zuckt sie erschrocken zusammen und scheint wieder im Moment zu sein. Sie tritt einen kleinen Schritt zurück und man sieht ihr an, dass jegliches Blut aus ihrem Gesicht gesackt ist.
Dieser Anblickt zeigt, dass ich soeben versagt habe, sie zu beschützen und es macht mich wütend. "Alles ist gut. Du brauchst keine Angst zu haben, Willow. Ich habe es im Griff. Versprochen." rede ich auf sie ein, während sie zwischen mir und der Waffe sieht. Ich verstaue die Pistole in meinen hinteren Hosenbund damit sie es nicht mehr sehen muss und rede mit ernster, aber ruhiger Stimme weiter, da sie von dieser sogut wie immer klarer im Kopf wird. "Du musst mir einen Gefallen tun." Tatsächlich sieht sie mir hellwach in die Augen und versucht ihre Angst zu unterdrücken. Dieses Mädchen ist vielleicht stärker, als ich Anfangs dachte, aber es lässt sie umso schöner für mich werden. Verdammt, sie bahnt sich immer tiefer einen Weg in mich hinein. "Du musst für eine kurze Zeit von hier weg. Einfach in die Richtung." zeige ich hinter sie ohne den Blick von den einnehmenden Augen zu nehmen, die gerade jegliche meiner Worte präzise verfolgen. "Aber nicht zu weit. Ich werde nach dir rufen, sobald alles geregelt ist. Ok?" Irgendwie schafft sie es es zu begreifen und nickt minimal. "Dir wird nichts passieren. Rein gar nichts." ziehe ich sie an mich und küsse sie auf die Haare. Sie atmet dabei tief durch und haltet die Augen geschlossen, bis ich mich von ihr löse und sie in die Richtung drücke.
Zu meiner Erleichterung befolgt sie meine Bitte - andernfalls hätte ich sie, wie sonst, dazu zwingen müssen - und bin dankbar, dass sie den Ernst der Situation erkannt hat, um mal nicht stur zu sein.

Sofort drehe ich mich in die andere Richtung und muss das drängende Gefühl unterdrücken, sie im Auge behalten zu wollen. Sie wird schon nicht wegrennen. Jedenfalls hoffe ich es. Sie darf einfach nicht die Situation ausnutzen.

Mit festen Schritten gehe ich voraus, wo ich denke Jordan stehen zu haben und kann die angespannten Muskeln nicht kontrollieren.
Tatsächlich erkenne ich ihn nur wenige Schritte weiter auf mich zukommen. "Schöne Gegend hast du hier. War nicht leicht, dich zu finden."

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt