Lennard

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Mit einem Stein im Magen nähere ich mich unter der späten Vormittagssonne dem Strandhaus, indem Bram sicherlich schon wartet. Während ich mit Maddy war, konnte ich mir erlauben, meine Gedanken einfach einzustellen und so zu tun, als wäre nichts. Aber jetzt weiß ich nicht, wie ich ihm entgegen treten soll.
Ich habe ihn im Stich gelassen und es zerrt schmerzvoll an mir. Zitternd öffne ich die Eingangstür zu einem unbeleuchteten Raum. Die Gardinen sind immer noch so zugezogen, wie ich es für Maddy gestern getan habe. Aber Bram liegt nicht im Bett. Auch in der Küche ist er nicht, weshalb ich mich mit mulmigen Gefühl vor die Badezimmertür stelle.
Ich bin eigentlich hundemüde, aber ich kann die Sache nicht einfach ignorieren. Nicht länger. Zuerst klopfe ich leise, obwohl keine Geräusche zu hören sind. Dann rufe ich seinen Namen, doch keine Antwort.
Meine Hand schwebt über der Klinke, doch aus Angst, ich könnte etwas falsches tun - schon wieder - kann ich mich nicht dazu bringen, sie anzufassen. Erst, als wieder eine Zeit der Stille vergeht, drücke ich sie ängstlich durch und öffne die Tür, aber es stellt sich heraus, dass er auch hier nicht ist.

Perplex starre ich in das dunkle Bad und erkenne meine Silhouette im Spiegel wieder. Das kann nichts gutes heißen. Sofort wird mir übel, als sich mir nur ein Grund in den Kopf schiebt, der erklären könnte, wieso er nicht hier ist. Und dieser macht mir eine Heiden Angst. Natürlich könnte es andere Gründe geben, aber seit der Sache mit Elena kann ich nicht anders, als sie zum Grund zu machen.

Sofort schießt mein Puls in die Höhe und auch meine Atmung wird schneller, während ich versuche, nicht auszuflippen. Zwar versuche ich mich auf dem Bett ruhig hinzusetzen, aber es gelingt mir nicht lange, bis ich wieder aufstehe und mir einreden muss, dass alles gut ist. Das Bram mich nicht ersetzt hat und das er gleich wieder da sein würde.
Aber das ist er nicht. Selbst nach 15 Minuten ist er nicht wieder da.
Ich hätte uns nicht trennen lassen sollen.
Ich hätte bei ihm bleiben sollen, so, wie ich es normalerweise immer will.
Verzweifelt grabe ich die Finger in meine sandigen Haare.
Ich muss ihn finden, um mich von meiner Vorahnung nicht noch verrückt machen zu lassen.


Ich suche den Platz um unser Strandhaus ab und selbst Lennards Villa, in der schon einige Alkoholleichen umherlaufen, aber er ist nirgends da, weshalb ich unter Unruhe die großen Stufen draußen wieder unter Schnelle hinabsteige und den Blick schweifen lasse.
Doch ich entdecke nur eine Person, die soeben unter den Palmen verschwindet, während er etwas am Handy tippt. Lennard.
Innehaltend überlege ich, ob ich ihn fragen sollte. Immerhin hat er doch den Überblick über seine eigene Insel, aber mich schaudert es mit ihm zu sprechen, nachdem er Maddy und Orsin soetwas angetan hat. Er hat es geschafft, sich von einer in meiner Sicht guten Person, zu einer schlechten zu verwandeln. Doch mir fällt auf, wie es nichts neues mehr für mich ist.
Spencer hatte ich auch als gut eingeschätzt, bevor ich herausgefunden habe, wer er ist. Rufus war mir sogar sehr nahe und freundlich, bevor ich seinen wahren Charakter kennengelernt habe. Meine Mutter...es dauerte Jahre, bis ich sie als das gesehen habe, was sie war. Nur Hunter war eine Außnahme. Und Maddy hoffentlich auch. Aber eines wird mir klar: Die Einzige Person, die sich von allen unterscheidet, ist Bram. Ich dachte, er wäre schlecht, aber es stellte sich anders heraus. Er ist die Einzige Person in meinem Leben, die keine Außnahme ist und scheinbar wirklich nur gutes für mich will.
Deshalb bin ich umso entschlossener ihn zu finden. Auch wenn ich mit Lennard reden muss.

Schnell folge ich ihm in die Natur hinein, bis ich ihn unter den durchlöcherten Schatten der Bäume wiederfinde. "Lennard!" rufe ich aus, doch kann den leichten Ekel darin nicht lassen.
Verwundert dreht er sich zu mir und zieht die Brauen zusammen. "Ach, da bist du. Ich habe mich schon gefragt, wieso du so lange weg warst." brummt er und steckt die Hände in seine Hosentaschen.
Vieles kommt mir in den Sinn, dass ich aus Zorn zu ihm äußern wollen würde, doch zügle meine Zunge. "Weißt du, wo Bram ist?"
Er scheint nicht überrascht zu sein, dass ich es mal nicht weiß, aber dafür merke ich den leichten Hauch an Kritik in seinem Blick, der mich irritiert.
"Was?" frage ich schnippisch. Ich war schon lange nicht mehr so vorlaut, wie in den letzten 24 Stunden.

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt