Rückendeckung

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Es dauert nicht lange, bis Hunter mehr Details fordert und die versuche ich ihm zu geben, während ich mich zwinge, wieder ruhiger zu werden.
Und desto mehr ich mir von der Seele rede, desto sicherer fühle ich mich wieder. Zwar verrate ich ihm nicht alles - vor allem nicht, von den ganzen intimen Momenten und meinen verwirrenden Gefühlen - aber sobald ich fertig bin, fühle ich mich leer. Nicht unbedingt schwach, aber auch nicht unbedingt stark.

"Wir müssen etwas tun." sagt er nach einer kurzen Stille und sieht mich durchdringlich an.
"Nein." hauche ich panisch und weite die roten Augen.
"Was? Was meinst du Nein? Ich muss dir doch irgendwie helfen können. Wir können die Polizei informieren. Jetzt sofort." hat er die Hände wieder an meinen Oberarmen.
Alleine diese Idee lässt mir komischerweise das Blut aus dem Gesicht fließen. Die Sache ist nun abrupt ernster geworden und auch wenn ich genau das vor Monaten tun wollte, lässt es mich jetzt mit Angst aufzittern. Bram würde mich immer finden.
"Andererseits würden sie anfangen mich zu befragen und dann auf meine Arbeit stoßen." murmelt er für sich und reißt mich aus der Starre.
Ungläubig sehe ich ihn sein grübelndes Gesicht. "Aber irgendwie müssen wir doch einen Weg finden."
"Nein." meine ich nochmal und sein Blick schellt zu mir, als wäre meine Meinung hier unbedeutend.
"Willow, lass das."
"Nein." werde ich fester und stelle mich aufrecht vor ihn. "Du sollst dich auf keinen Fall in Gefahr begeben. Ich schaffe das schon selbst."
"Bist du verrückt?"
"Ich habe in all der Zeit sein Vertrauen für mich erlangt und bin kurz vor dem Ausbruch." Je mehr ich darüber rede, je schlechter wird mir. Irgendwie gefällt mir auf einmal die Idee nicht, zu fliehen. "Außerdem würde Theo dich umbringen, sobald er erfährt, dass du die Polizei auf ihn gebracht hast."
"Ja, aber ich muss doch etwas tun." zischt er.
"Ich schaffe das schon alleine. Ich werde-" Ich werde mich schon irgendwie damit abfinden, wollte ich sagen, doch stocke. Das würde ihn nur erst Recht zur Polizei bringen. "Ich werde eine Lösung finden." quake ich mit zugeschnürter Kehle, "Aber versprich mir, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Sonst war alles umsonst."
Einen Moment starrt er nur in meine Augen. Ein stummer Krieg, um die Macht der Situation, den er verliert und seufzend die Schultern sinken lässt. "Verdammt." haucht er kopfschüttelnd, bevor er mich wieder in eine feste Umarmung zieht. Diesmal jedoch anscheinend, um sich selbst zu beruhigen. "Ich werde noch einen Weg finden."

Es vergeht noch eine Weile, wo er mir Vorschläge macht, doch ich lehne alles ab. Ich will niemanden hier reinziehen. Vor allem, weil ich Bram kenne. Wenn Hunter auf eigene Faust etwas anstellt, war's das für ihn. Und wenn Bram erfährt, dass ich es jemanden erzählt habe, wird er mich bestrafen. Und ich will mir nicht ausdenken, was für eine Strafe es sein wird.

"Ich weiß jetzt echt nicht, was ich tun soll." brummt er heiser und reibt sich überfordert die Stirn.
"Bleib einfach hier." versuche ich wieder zum ursprünglichen zu kommen und er sieht mich an.
"Oh, das werde ich. Ich werde nicht zulassen, dass sie dich ihm wieder aussetzen. Auf keinen Fall."

Seine Überzeugnung hinter den Worten lässt Angst in mir aufwallen, doch zur selben Zeit legt es alles in mir zur Ruhe. Es zeigt mir, dass ich nicht mehr alleine mit der Sache bin. Dass ich jetzt Verstärkung habe, die mir den Rücken hält. Und das wirft mich in eine Wucht aus Erleichterung.
Wieder bleibt es einige Zeit still, weil er kräftig überlegt.
"Dann warst du kaum aus dem Haus, während du bei ihm warst?"
"Selten und nur unter Beobachtung."
Zähneknirschend brennt sein Blick auf mir. Doch die Wut dahinter - die mir so neu an ihm ist - gilt nicht mir.
"Dann kommst du jetzt mit mir mit." knurrt er und wendet sich ab, um in dem Raum mit den Computern zu verschwinden.
"Was?" entgleitet es mir leise.
Darauf kommt er mit einer dicken Jacke und einem grauen Hoodie zurück, die er mir in die Hände drückt. "Wir gehen jetzt zusammen spazieren und einkaufen. In der Zwischenzeit überlege ich, was ich als nächstes tue." brummt er und bückt sich zu den Schuhen im Flur, um mir meine Chuchs hinzustellen.
"Wie-Wieso das?"
"Weil du endlich frische Luft brauchst und ich dich jetzt definitv nicht mehr aus den Augen lassen werde. Dieses Arsch hat dich der Freiheit beraubt und das ist das niederträchtigste, was es geben kann."
Ungläubig sehe ich auf seine Sachen, die er mir gegeben hat.
"Schon schlimm genug, dass deine Mom, so-... Scheiße." redet er eher mit sich selbst.
Doch der Stress, den ich darauf auf seinem Körper beobachte, lässt mich nicht nur innehalten, sondern auch etwas tief im inneren aufflackern. Seine ehrliche Sorge um mich, rührt mich.
Anscheind war und ist Hunter immer noch die einzige Person, die sich vollkommen um mein Wohlergehen sorgt.
Ich will, dass es dir gut geht. Ich mache mir sorgen um dich.
Sofort ziehe ich die Luft scharf ein und schließe luftanhaltend die Augen. An diese fernen Worte, wollte ich nun nicht erinnert werden. Denn diese verusachen ein Stechen in meiner Brust und drohen mir, mich wieder in das altbekannte Chaos zu stürzen.

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt