2. Kapitel

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Jax

Krass.

Krass von dem Typen gefoltert zu werden, von dem man seit 3 Jahren träumt.
Und der Arsch hat mich nicht mal erkannt.

Okay, ich sehe anders aus, immerhin bin ich damals grade erst 15 gewesen und hatte nicht mal einen Bartwuchs.
Meine gesamte Pubertät hat sich in den letzten drei Jahren abgespielt, aber trotzdem. Das ist ziemlich enttäuschend.

Eigentlich habe ich echt größere Probleme als für den Typen zu schwärmen, der mir vor ein paar Minuten noch Messer reingerammt hat.

Schon ziemlich krank, dass er sich danach auch noch um die Wunden gekümmert hat.
Weh tun sie aber trotzdem. Und zwar scheiße verdammt.

Die ganze Nacht über suche ich nach einer Lösung für meine beschissene Lage, aber ich glaube nicht, dass es diese gibt.
Den Stuhl umzuwerfen, ihn dadurch zu zerbrechen und mich somit zu befreien, ist hoffnungslos, denn er ist im Boden festgenagelt, die Seile sind nicht aus durchtrennbaren Fasern und jemand, der mir helfen könnte, ist auch nicht in Sicht.

Ich hoffe einfach nur, Tysan wird mich nicht suchen.
Wenn er hier mit der kompletten Familie einmarschiert, gibt es einen Massenmord und das nur weil ich dumm genug war, mich fangen zu lassen.
Aber ich hatte echt keinen Plan, dass diese Straße den anderen gehört.

So oder so, ich bin am Arsch.
Ich war da, um mit eine falschen Ausweis machen zu lassen, das heißt, falls ich frei kommen sollte und meine Familie erfährt, was sich da gemacht habe, dann werden die mich wahrscheinlich foltern und töten.

Dann können es auch gleich die Masters machen.

Als ich höre, wie die Tür aufgeht, hebe ich den Kopf, nur um Reece und seinen Vater zusehen, die in den Raum kommen.

„Und hattet ihr eine angenehme Nacht, eure Hoheit?", fragt der Ältere spöttisch.
Ich spuckte ihm vor die Füße.
Er lacht nur. „Wärst du kein Cave, wärst du mir echt sympathisch, Junge"

Reece verdreht die Augen und verschränkt die Arme. „Er wird nicht reden, Dad, du solltest dir was anderes überlegen. Die eine Tussi da soll es mal mit Hypnose versuchen"
Hypnose? Da werde ich lieber gefoltert, als dass jemand in meinem Hirn rumpfuscht.

„Das funktioniert nur, wenn man einen schwachen Geist hat, Reece. Und der hier hat definitiv keinen. Immerhin ist er bester seines Jahrgangs und hat wohl eine besonders hohen Intelligenz Quotienten, wenn man seinen Lehrern Glauben schenken kann"

Reece mustert mich kritisch, so als könne er nicht glauben, dass ich was in der Birne habe.

„Na schön, was machen wir dann?", fragt er seinen Dad.
Dieser kommt auf mich zu und zieht mich an den Haaren, sodass ich den Kopf in den Nacken legen muss. „Wir machen auf ernst. Mal sieht wie stark sein Wille noch ist, wenn er kein Blut mehr im Körper hat" Er deutet Reece an, ein Messer zu holen, was dieser tut.

Als er es an meinen Hals ansetzt, sieht er mir wieder so seltsam tief in die Augen.
Ganz ehrlich, wer schaut einem in die Augen, während man ihn foltert? Das ist sowas von krank.

Reece will gerade einen Schnitt machen, als sein Dad meinen Kopf loslässt und Reece dadurch unterbricht.
Verwirrt schaut er ihn an. Aber ich bin noch verwirrter.

Können die sich jetzt mal entscheiden, ob sie mich foltern, töten oder langweilen wollen?!

„Ich hätte nicht gedacht, dass du das echt tun würdest, mein Sohn, aber die Behandlungen scheinen ja geholfen zu haben"
Reece sieht seinen Dad noch verwirrter an. „Was hat das damit zu tun?", fragt er.
Sein Dad grinst amüsiert und tätschelt meine Wange von hinten. Ekelhaft.

„Unser lieber Jaxsen scheint dir ja nichts mehr zu bedeuten"
In dem Moment als mein Name ertönt, klappt Reece der Mund auf und er starrt mich aus großen Augen an. „Du?", haucht er geschockt.

Ich kann nicht anders als zu lachen. „Ich würde mich ja vorstellen und dir die Hand geben, aber bin gerade leider etwas verhindert"
Er findet das wohl nicht so lustig.

Ich habe keine Ahnung, wie ich überhaupt noch lachen kann, immerhin habe ich höllische Schmerzen, aber die Situation ist einfach nur lächerlich für mich.

Vor allem weil Reece jetzt schnaubt und sich sein komplettes Erscheinung Bild verändert.
Er kommt zwei schnelle Schritte auf mich zu, packt mich an meinem zerrissenen Shirt und schlägt mir zweimal mit der Faust ins Gesicht.
Ich keuche erstickt, weil das total überraschend kam, während er mich achtlos loslässt.

„Der Typ bedeutet mir gar nichts.", versichert er seinem Vater.
Ja, das hab ich schon bemerkt, aber trotzdem tut es irgendwie weh.

Ich meine, seit unserer Nacht vor drei Jahren an meinem Geburtstag haben wir uns nicht wieder gesehen, aber ich habe es mir immer gewünscht.
Und jetzt blicke ich der puren Enttäuschung ins Gesicht, die mich auch noch höhnisch auslacht und sich über mich lustig macht.

Reece Dad scheint zufrieden zu sein, denn er geht um mich herum und legt Reece einen Arm um die Schultern, als er mit ihm aus dem Raum geht und ihm sagt wie stolz er auf ihn ist.

Als die Tür hinter ihnen zugeht, erlaube ich es mir einzugestehen, dass mich sein Verhalten verletzt.
Und das nicht körperlich.

Ich war damals 15, als ich ihn kennengelernt habe.
Er war sowas wie ein unwirklicher Traum. Aber er war real, ich dachte, da sei was zwischen uns gewesen.
Nie habe ich mich mit jemandem auf Anhieb so gut verstanden wie mit ihm.

Er war mein erster Crush und bis jetzt mein einziger, von ihm habe ich beinahe jede Nacht geträumt, mir unendlich oft ausgemalt, wie es wohl sein wird, wenn ich ihn wiedertreffe.

Hätte ich gewusst, zu welcher Familie er gehört, hätte ich meine Gefühle irgendwie unterdrückt, aber nein. Jetzt bin ich schon in ihnen verloren und es sieht nicht so aus, als würde er mir da raus helfen.
Er hat sich ja nichts an mich erinnert.

Klar, wahrscheinlich hat er tausende von Typen am Start. Oder Mädchen.
Keine Ahnung, ist mir auch egal.

Er soll endlich kommen und mich umbringen, ich werde lieber von ihm erschossen als weiter als Teil meiner Familie zu leben.

Es liegt nicht daran, wer sie sind.
Es liegt daran, welchen Namen wir tragen und was das aus uns macht. Mörder. Das sind wir.
Aber ich will das nicht sein, ich wollte es noch nie.

Aber mein Vater wartet noch immer darauf, dass ich die Frau heirate, die er für mich ausgesucht hat. Nur will ich das nicht. Ich will keine Frau heiraten. Ich will gar nicht heiraten.
Aber ich will auch keine Leute ermorden oder verletzen.
Ich will nicht mit Drogen dealen, ich will von niemandem Geld erpressen, ich will keine Familien zerstören.

Aber genau das ist es, was wir tun.

Die Liebe und der Feind (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt