20. Kapitel

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Jax


Ein schlechtes Gewissen beschreibt meinen Zustand nicht mal annähernd.
Schon zum tausendsten Mal versuche ich Reece zu erreichen, aber ich verstehe, warum er nicht abnimmt. Die Aktion vorhin war echt scheiße, aber ich will es ihm erklären.
Das kann ich aber nur, wenn er jetzt abnimmt.

Meine Versuche muss ich aber leider aufgeben, als mein Dad in mein Zimmer kommt.
Gestresst sehe ich ihn an, lasse mein Prepaid schnell verschwinden.

„Was ist los, Dad?" Kann er nicht mal anklopfen, man?
„Du musst was für mich erledigen"
Ich unterdrücke es, die Augen zu verdrehenden. „Ist für sowas nicht Tysan zuständig?"
Was versteht meine Familie daran nicht, dass ich nichts mit dem Geschäft zu tun haben will?

„Er ist anderweitig beschäftigt. Du musst nur zu einem Treffpunkt gehen und den Masters klarmachen, dass sie sich aus unseren Zonen raushalten sollen. Sag ihnen, wenn ich noch einmal Stoff von ihnen bei uns entdecke, zertrete ich die Ameise"
Verwirrt sehe ich ihn an.
Er erkennt in meinem Blick, dass ich das jetzt nicht ganz verstehe. „Sag es einfach so", meint er und hält mir dann einen Zettel hin. „An diesem Grenzort trefft ihr euch. Ein paar unserer Leute stehen schon bereit. Vermassel es nicht", mit diesen Worten verlässt er mein Zimmer wieder, ohne mir die Möglichkeit zu geben zu widersprechen.

Seufzend ziehe ich mir wieder Straßentaugliche Sachen an und gehe zum Hauseingang.
Tatsächlich warten ein paar von unserer Männer dort.
Sie begrüßen mich. Zwar wissen sie, dass ich das alles hier nicht freiwillig mache, doch sie verurteilen mich nicht. Die meisten von ihnen sind auch nicht freiwillig dabei, sondern weil mein Dad ihre Familien bedroht. Die anderen sind mit Tysan befreundet und wahrscheinlich nur da, um mich zu überwachen.

Ich verstehe nicht, wieso meine Eltern mich nicht einfach mit dieser Scheiße in Ruhe lassen können. Ich will doch nur ein normales Leben und was bekomme ich? Eine Knarre, damit ich im Notfall jemanden abknallen kann.
Seufzend stecke ich sie in meine Hose und mache mich mit den vier andern auf den Weg zum Treffpunkt.

Dass es jetzt auch noch mitten in der Nacht und dunkel ist, verstärkt das Klischee eines illegalen Treffens nur.
Wir fahren den Weg mit unseren Motorrädern. Ich bekomme Tysans und das auch nur, weil ich es brauche, um einen Job zu erledigen. Ich liebe es, Motorrad zu fahren und kann dabei dementsprechend gut entspannen.

Als wir unter der Brücke ankommen, zu der wir gehen sollen, steige ich mit einem Lächeln von der Maschine.
Dieses Teil muss ich mir von Ty schnorren. Es ist der Wahnsinn. Und der Klang des Motors ist einfach unglaublich.

„Tysan meinte schon, dass du nach dem Motorradfahrern immer ruhiger bist" Einer seiner Kumpels lächelt mir zu.
Ja, auch die kriminellen und gewalttätigen Typen können lächeln...

Ich zucke mit den Schultern, betrachte die Maschine. „Ist ja echt ein Wahnsinns Gefühl, wenn man fährt", meine ich.
Der Typ nickt. Tysan hat ihm mir mal vorgestellt, aber ich habe keinen Plan mehr wie er heißt. Vielleicht Simon. Ja ich glaube es war Simon.

„Bist du schon mal eine Kawasaki Ninja gefahren?"
Ich schüttele den Kopf.
Er grinst daraufhin. „Dann wird es Zeit, dass wir mal zusammen eine Spritztour machen"

Oh Gott, selbst als Jungfrau weiß ich, wie zweideutig das klingt.

Er bemerkt meinen kritischen Blick selbst im dämmernden Licht der Straßenlaterne und reißt die Augen auf. „Oh sorry, also so war das nicht gemeint" Er kratzt sich verlegen im Nacken, weshalb ich lachen muss. „Schon gut. Und ich finde den Vorschlag nicht schlecht"
Er lächelt mich an und nickt. „Cool, dann kann ich dich am Freitag von der Schule abholen und wir fahren irgendwo hin", schlägt er vor.

Ich bin schon gewillt zuzustimmen, doch da fällt mir etwas ein. Reece meinte, ich soll mir das Wochenende freihalten. „Dieses Wochenende ist schlecht, aber wann anders gerne"
Simon nickt. „Okay, ich gebe dir Bescheid. Tysan quetscht meinen Terminkalender ziemlich voll"
Oh ja, das kann ich mir vorstellen. Tysan quetscht von jedem den Terminkalender voll, weil er denkt, die Welt gehört ihm.

„Simon, lass den Scheiß endlich" Eine weniger freundliche Stimme auch von einem von Tysan Freunden ertönt und lässt Simon die Augen verdrehen. „Ach komm schon Gregi, lach doch mal" Somit dreht er sich zu Greg und zeigt ihm ein Lächeln.
Greg sieht ihn nur abfällig an. „Wieso ist Tysan nur mit sowas wie dir befreundet?" Irgendwie sowas in der Art murmelt er, doch ich bin mir da nicht so ganz sicher, weil er so nuschelt.

Simon wendet sich wieder mir zu und schneidet eine Grimasse, um Greg zu verarschen.
Das bringt mich echt zum Lachen, weil er versucht hässlich auszusehen, doch sein hübsches Gesicht einfach nicht entstellen kann.
Bisher ist mir gar nicht aufgefallen, dass er wirklich attraktiv ist.

„Hei, Simi, lang nicht mehr gesehen" Als diese Stimme ertönt, drehen wir uns alle synchron zum Ausgang des Tunnels, an dem Reece steht, die Hände in den Hosentaschen vergraben und grinsend.
Doch es ist nicht wirklich das Grinsen, das ich von ihm kenne, sondern eher ein fieses.

Simon ist plötzlich total angespannt und wendet sich mir zu. „Sag, was du ihm sagen musst, damit wir wieder gehen können"
Reece hört es. „Ach was, früher hast du doch so gern Zeit mit mir verbracht"

Hinter Reece stehen Ben und Marco, wobei Marco deutlich verwirrt aussieht.
Reece schlendert auf uns zu, seine beiden Begleiter folgen ihm in kleinem Abstand.

Ich frage mich, wieso zum Teufel es das Schicksal so übel mit mir meint.

Reece sieht mich kein einziges Mal an, bleibt irgendwann nah vor Simon stehen und sieht zu ihm hoch.
Der schluckt merklich.
„Na, mach ich dich immer noch so nervös?", flüstert Reece ihm zu.
Ich kann nicht glauben, dass das gerade passiert.

Was zur Hölle hat das den jetzt zu bedeuten?!

Die Liebe und der Feind (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt