12. Kapitel

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Jax

Im Unterricht bin ich so von meinen Gedanken abgelenkt, dass mein Lehrer mich schon zum fünften Mal ermahnt.
Aber ich kann nichts dafür.
Reece hat mir noch nichts über das Prepaidhandy geschrieben und auch sonst habe ich seit Sonntag nichts mehr von ihm gehört.

Sorgen mache ich mir keine, immerhin weiß ich, dass er auf sich aufpassen kann, aber ich vermisse ihn.
Unglaublich, dass mir sowas mal passieren würde.
Ich dachte immer, ich bin ausgeschlossen aus dem Kreis der Liebenden, aber dank Reece stecke ich mitten drin. Und ich verzweifle daran. Wäre er nicht er, könnte ich einfach bei ihm vorbei schauen, aber nein. Wir können uns ja nur heimlich sehen.
Wenn er sich doch endlich mal melden würde...

„Okay, das reicht, Jaxsen, sie kommen nach der Stunde zu mir." Die drohende Stimme meines Lehrers zerrt mich aus meinem sehnsüchtigen Seufzer in die Realität.
Toll.

Eigentlich mag ich die Schule. Hier ist der einzige Ort, an dem ich behandelt werde wie alle anderen auch, doch was ich nicht mag, ist Nachsitzen. Und darauf läuft es wohl hinaus.

Als die Stunde zu Ende ist, lasse ich mir Zeit beim Einpacken meiner Sachen und gehe dann vor zum Lehrerpult.
Herr Leonard lehnt dagegen und mustert mich. „Also was ist los mit ihnen? Normalerweise sind sie nicht so ablenkt wie die letzten Tage", meint er.
Ich nicke zustimmend. Er hat ja Recht. Ich will mir gerade eine Ausrede einfallen lassen, als mir die Ultimative Idee kommt.

„Sie sind noch der Schulpsychologe", meine ich.
Er nickt.
„Das heißt sie haben Schweigepflicht?"
Er nickt wieder.
Ich kann ein Grinsen nicht verhindern. Danke, Schulsystem!

„Sie wissen doch bestimmt etwas über die Masters"
Er nickt. „Die Familie die sich mit deiner immer so zofft"
Ich muss lachen. Ja, so ist es ganz nett ausgedrückt.

„Der einzige Sohn des Oberhaupts dieser Familie heißt Reece. Er hat nie eine normale Schule von innen gesehen. Verstößt das nicht gegen das Gesetz?", frage ich hoffnungsvoll nach.
Mein Lehrer schnauft genervt. „Ich will nicht, dass sie ihre Familien Fehden über die Schule austragen. Hier soll es ein sicherer Ort sein, um sich zu bilden..."
Ich unterbreche ihn. Mir egal, ob das unfreundlich ist. „Ich will ihn doch gar nicht verpfeifen. Ich will, dass sie dafür sorgen, dass er hier einen Abschluss machen muss."

Herr Leonard steht die Verwirrung ins Gesicht geschrieben.
Ich seufze. „Ich will Zeit mit ihm verbringen, ohne dass es auffällt", erkläre ich weniger enthusiastisch.

Mein Lehrer zieht die Augenbrauen hoch und sieht mich eingehend an.
Ich kann solchen Blicken einfach nicht standhalten, weshalb es quasi so aus mir heraussprudelt. „Wir sind zusammen, aber keiner soll es wissen, weil wir sonst beide am Arsch wären. Aber unsere Situation macht es uns unmöglich, uns regelmäßig zu sehen, aber hier könnten wir wenigstens im selben Raum sein ohne die Verpflichtung aufeinander loszugehen."

Mein Lehrer schüttelt den Kopf. „Das hier ist eine Schule und kein Hotelzimmer für zweisame Nächte, Jaxsen. Ich kann ihre Lage ja verstehen, aber das geht entschieden zu weit" Er stößt sich von den Pult ab und packt seine Sachen ein.

Ich stehe einfach nur da, sehe ihm dabei zu und bete, dass er seine Meinung ändert. Was er dann auch tut.Ich
„Würde das mit euch funktionieren, würde das den Konkurrenzkampf eurer Familien bestimmt verringern. Ihr würdet nicht mehr solche kriminellen Sachen abziehen und die Jugendlichen der Stadt wären nicht mehr in allzu großer Gefahr"

Schnell stimme ihm zu. „Jugendliche, für die sie verantwortlich sind"
Er nickt langsam und atmet dann tief durch. „Ich werde sehen, was sich machen lässt." Mit diesen Worten verlässt er das Zimmer.

Als die Tür hinter ihm zufliegt, kreische ich glücklich auf und springe ein paar Mal im Kreis. Ich freue mich gerade so unglaublich. Kaum zu fassen, dass eine Schule ein Ort des puren Glückes sein kann.

★★★

Gut gelaunt betrete ich am Nachmittag mein Zimmer ich freue mich auf den Morgigen Schultag, um Herrn Leonard zu fragen, ob Reece zur Schule kommen wird.
Ich bin total aufgeregt seit meiner Idee, aber das legt sich, als ich an meinem Schreibtisch vorbeilaufe und einen zusammen gefalteten Zettel dort liegen sehe. „Kleiner Prinz", steht darauf.

Automatisch setzt mein Herz einen Schlag aus, nur um dann umso schneller weiter zu schlagen. Das kann nur von Reece sein.

Sofort greife ich nach dem Zettel und öffne ihn. Das Blatt ist groß, doch es ist nur mit wenigen Zeilen beschrieben. „Dass es die Lieb' so übel mit mir meint, dass ich lieben muss den verhassten Feind" In verschnörkelter Schrift steht es dort.

Erst, als ich merke, wie sehr meine Wangen wehtun, registriere ich, dass ich vom einen Ohr zum andern grinse.
Ich wusste gar nicht, dass er so ein Lyriker ist. Aber ich muss mir eingestehen, dass ich ab jetzt total auf Lyrik stehe. Und er liebt mich? Ob das eine Übertreibung ist? Oder hat er diesen Brief geschrieben, weil es eben keine ist? Vielleicht hat er sich einfach nicht getraut es mir zu sagen... Naja oder er wollte halt bewegende Zeilen schreiben und sie mir dann zeigen.

Keine Ahnung, aber es veranlasst mich dazu, das Prepaidhandy endlich zu benutzen. „Du könntest auch in mein Zimmer einbrechen, wenn ich anwesend bin, und mir die Dinge persönlich sagen, die du zu sagen hast"

War das zu direkt, dass ich eine Liebeserklärung von ihm hören will? Vielleicht. Aber rückgängig machen kann ich es jetzt nicht mehr.

Ich warte lange auf eine Antwort, ehe ich meiner Abendroutine nachgehe und mich ins Bett lege.

Nichts von ihm.

Seufzend fahre ich durch meine Haare. Ich hab bestimmt was falsch gemacht.

Oder dieser Zettel war gar nicht von ihm... aber nur er nennt mich kleiner Prinz.

Oh Mann, diese Sache tut meinem Herz echt nicht gut. Das arme Ding. Reece malträtiert es total. Aber er kann ja nichts dafür, dass ich so verknallt in ihn bin.

Die Liebe und der Feind (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt