39. Kapitel

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★Reece★

„Aua, wie wär's mal mit ein bisschen Liebe?", fauche ich Ben an, der sich um meine blutende Nase kümmert.
Ich weiß, dass Jax nicht mit viel Wucht zugeschlagen hat, doch nach meinen 5 Nasenbrüchen bin ich an der Stelle ziemlich empfindlich.

„Stell ich nicht so an, Reece.", meint Ben konzentriert.
„Du bist selbst schuld, wenn du einen Cave herausforderst. War doch klar, dass in dem Kleinen mehr steckt als er zeigt" Verwundert sehe ich meinen besten Freund an. „Wie meinst du das?"

Auch Marco sitzt bei uns und reicht mir im selben Moment ein Bier, als er sich in das Gespräch einschaltet. „Ich denke, seine ruhige Art ist eine reine Absicht. Er wirkt so jung und unschuldig, sodass man ihn ganz einfach unterschätzt. Und sobald er dann die Chance hat, greift er sich aus dem Hinterhalt an. Ein typischer Cave eben. Nur dass sein Bruder eher große Töne spuckt. Aber er ist genauso hinterhältig"

Ich schlucke hart, als Marco so über Jax redet, erwidere nichts.

„Und wieso hast du dich eigentlich von ihm fertig machen lassen? Ich hab genau gesehen, dass du nichts alles gegeben hast", meint Marco dann vorwurfsvoll.
Er packt es wohl nicht, dass der heutige Abend an die Caves geht.

Ich zucke mit den Schultern. „Man muss sie ja auch mal gewinnen lassen, sonst kommt bald keiner mehr zu den kämpfen", meine ich.
Marco sieht mich erst erstaunt an, bis er dann zustimmend nickt. „Ja okay, damit hast du zumindest recht, Kleiner. Trotzdem musst du dafür nicht die Wange hinhalten. Lass das nächste Mal mich kämpfen, wenn du so einen Plan hast. Du hast dir deinen ganzen Ruf zerstört"

Wow, ein Marco, der auch mal ernsthaft und besorgt sein kann.
Heftig.

„Schon gut Marco, mein Ruf interessiert mich nicht mehr"
Marco und Ben heben gleichermaßen überrascht die Augenbrauen hoch und sehen mich vielsagend an.

„Dich vielleicht nicht, aber was denkst du, was zuhause los ist, wenn dein Dad erfährt, dass du gegen einen Cave verloren hast? Er wird dich trainieren lassen, bis du nicht mehr stehen kannst"
Fuck. Das habe ich gar nicht bedacht.
Naja, jetzt ist es eh schon zu spät.

„Marco, geh mal schnell ins Auto und hol den Verbandskasten", meint Ben zu unseren Freund.
Marco stöhnt genervt, macht aber, was Ben sagt.

Im selben Moment, als wir alleine sind, gibt Ben mir eine Ohrfeige.
Geschockt fasse ich an die Stelle. Er hat mich noch nie geschlagen, nicht mal im training.

„Was fällt dir eigentlich ein?!" Er mag zwar der Ältere sein, aber ich bin noch immer der Höhergestellte.
„Die Frage lautet eher, was dir einfällt. Wie kannst du dich in einen Cave verlieben? Und dann auch noch ausgerechnet Jaxsen."

Ich schlucke hart und öffne den Mund, um etwas zu sagen, aber er sieht mich warnend an. „Wage es bloß nicht, mich jetzt anzulügen. Ich habe es satt, dass du mir was vormachst, Reece. Ich dachte, wir vertrauen uns und du verschweigst mir das wichtigste überhaupt."

Ich sehe seufzend zu Boden. „Woran hast du es erkannt?", murmele ich niedergeschlagen.
Leugnen ist zwecklos.

Er schnaubt. „An so vielem. 1. Hat er auch Knutschflecken. 2. An deinem Blick, als du ihn ansehen hast. 3. An deiner Art zu kämpfen. 4. Dass du nichts auf Marcos Worte erwidert hast... Soll ich weitermachen?"

Ich schüttele den Kopf. Das reicht.
„Ich hab es dir nicht gesagt, um dich nicht in Gefahr zu bringen. Ich wollte nicht, dass du dich zwischen mir und unserer Familie entscheiden musst"

Ben kniet sich vor mich und legt die Hand auf mein Knie, damit ich ihn ansehe. „Ich bin da, um dich zu beschützen, Reece. Ich bin dein Aufpasser, nicht andersrum. Aber wie soll ich mich denn um dich kümmern, wenn du mir sowas verschweigst? Weißt du denn nicht, dass ich alles für dich tun würde?" Er sieht mich so ehrlich an, klingt so aufrichtig, dass ich ihm einfach glauben muss.

„Es tut mir leid", murmele ich ehrlich bedauernd.
Ich wollte ihn nie enttäuschen.

Ben seufzt und umarmt mich.
Ehrlich gesagt bin ich überrascht über seine Reaktion, aber das war noch lange nicht alles.

Spät nachts fahren wir wieder nachhause, ohne die Möglichkeit für mich nochmal mit Jax zu reden. Aber das wäre ohnehin zu auffällig gewesen.

★★★

Am nächsten Tag gehe ich nicht in die Schule, so gerne ich es auch, will, aber 1. Verschlafe ich sowieso und 2. Tut mein Kopf höllisch weh.
Ich glaube, meine Nase ist schon wieder gebrochen. Blau und angeschwollen ist sie auch.

Ich schreibe Jax eine ellenlange Entschuldigungs-Nachricht, weil ich nicht in die Schule gekommen bin, teile ihm mit, wie sehr ich ihn vermisse. Und das tue ich wirklich.

Ich zeichne an meinem Block für ihn weiter und bin sogar schon fertig, als es an meine Zimmertür klopft. Das kann nur Ben sein.

„Komm rein!", rufe ich.
Er kommt rein, doch hinter ihm noch eine Gestalt. Es muss eine Frau sein, die Trägt ein langes Kleid, hält den Kopf gesenkt.

„Ähm, was soll das denn?", frage ich verwirrt.
In welchem Club ist er denn jetzt beigetreten?

Ben schließt die Tür hinter sich und kommt mit der Frau auf mich zu. „Er hat einfach nicht aufgehört zu nerven, also hab ich ihn her geschmuggelt. Wenn ihr aber auffliegt, dann will ich nicht beteiligt gewesen sein" Ben verwirrt mich mit dieser Aussage total, solange bis die Frau das Tuch vom Kopf nimmt und mich ansieht.

Es ist keine Frau.
Es ist Jax.

Geschockt starre ich ihn an, während er auf mich zukommt und mein Gesicht mustert. „Es tut mir so wahnsinnig leid, ich wollte dir gar nicht wehtun", beteuert er.

Ich komme nicht mal drauf klar, dass er gerade hier ist.
Noch weniger aber, das er ein Kleid trägt.
Ich schiebe ihn von mir weg und mustere ihn. Das schlimme ist, es steht ihm auch noch.

„Ist es krank, dass es mich irgendwie anmacht, was du da anhast?", frage ich ihn unsicher.
Er blickt an sich herunter und verzieht das Gesicht, ehe er sich das Kleid auszieht und mir in Boxer gegenübersteht.
„Solange dich das hier mehr anmacht, ist alles gut", meint er dann schon erleichterter. Und ja, das tut es. Honey, das tut es sehr.

„Also ich geh dann mal. Ruf mich, wenn ich ihn wieder rausschmuggeln soll.", Ben fühlt sich deutlich unbehaglich, aber ich hindere ihn am Gehen, indem ich ihn kurz umarme. „Danke."
Er erweitert die Umarmung und klopft mir auf den Rücken. „Schon okay, Kleiner, viel Spaß mit deiner Freundin"

„Hei!", beschwert sich Jax. „Bis grade eben konnte ich dich noch ganz gut leiden, mach das nicht kaputt"
Ben löst sich von mir und begutachtet Jax mit hochgezogenen Augenbrauen. „Der einzige Grund, weshalb ich versuche, nett zu dir zu sein, ist weil du von Knutschflecken übersäht bist, die mein Cousin dir verpasst hat. Wäre das nicht er Fall, hätte ich dich eher umgebracht, als dich in dieses Haus zu lassen."

Jax verengt die Augen zu schmalen Schlitzen sieht Ben bedrohlich an.

Wow, so hab ich mir das nicht vorgestellt. Aber war klar, dass Jax sich mit meiner Familie nicht gut verstehen würde.

„Kannst du uns vielleicht allein lassen?", bitte ich Ben.

Darüber, wie er mit Jax zu sprechen hat, reden wir noch...

Die Liebe und der Feind (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt