41. Kapitel

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★Jax★

Am Abend hat Ben mich wieder rausgeschmuggelt und sogar nachhause gebracht.
Er meinte, Reece würde ihn umbringen, wenn mir etwas passieren würde und dass ich mir mein Danke sparen sollte, solange ich meinen Familiennamen trage.
Ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass ich die Situation, wie sie gerade ist, selbst nicht feiere, aber er reagiert ziemlich bissig. „Tu nicht so, als hättest du keine Wahl, Jaxsen. Wir wissen alle drei, dass du ganz einfach zwischen Reece und deiner Familie wählen kannst. Aber solange du ihn verheimlichst, entscheidest du dich für deine Familie und gegen ihn"

Ungläubig sehe ich Ben an „Was ist denn mit Reece? Er macht doch dasselbe, aber ihn verurteilst du nicht. Wenn es einen Sinn hätte, würde ich mich sofort für ihn entscheiden, aber was würde als bringen, außer, dass es ihm Druck macht, weil ihm dann nicht nur meine Familie im Nacken sitzt, sondern auch seine eigene. Du hast keine Ahnung, zu was dein Onkel im Stande ist, nur weil er Reece nicht akzeptiert, wie er ist. Aber ich tue das schon. Ich liebe ihn. Ich würde für ihn sterben. Ganz ehrlich, ich setze mein Leben doch jetzt grade im Moment aufs Spiel, nur weil ich mit dir in diesem Auto sitze. Und das nur, weil ich ein paar Stunden mit ihm verbringen wollte. Die kurzen Momente sind mir mehr wert als mein Leben. Und du sitzt jetzt allen Ernstes hier und willst mir sagen, ich würde nicht genug für ihn riskieren? Was geht es dich überhaupt an?" Herausfordernd sehe ich ihn an.

Er kann mich mal. Was denkt er denn, wer er ist?

Ben mustert mich eine Weile, ehe er leicht lächelt. „Ist okay, Kleiner, du hat den Test bestanden. Du kannst jetzt aufhören, mich mit deinen Blicken zu töten"
Ich schnaube. „Welcher Test?"
Er zuckt mit den Schüttlern. „Du bist ein Cave. Natürlich musste ich rausfinden, ob du es auch ernst mit ihm meinst oder ihn nur verarschen willst. Der Idiot liebt dich nämlich wirklich und ich kann nicht zulassen, dass du ihn nur ausnutzt oder so. Aber so wie du redest, glaube ich dir und deshalb hast du den Test bestanden. Im Prinzip habe ich auch gar nichts gegen euch. Solange ihr, insbesondere du, Reece und Marco nichts tut, ist mir alles andere egal. Und jetzt kannst du aussteigen"

Ich verdrehe die Augen. „Euch Masters soll mal einer verstehen", meine ich genervt.
Gibt es einen von ihrer Sippe, der keine Hintergedanken hat, außer Reece?

„Jetzt steig schon aus, du verpestest meine Luft mit deinem Cave-Gestank", scherzt Ben.
Ein bisschen mag ich ihn ja schon. Er erinnert mich an Simon.

„Ich würde mich ja bedanken, aber du willst es ja nicht... Naja, egal. Danke" Bevor er noch was sagen kann, steige ich schnell aus und knalle die Autotür zu, um die wenigen Straßen bis zu meinem Haus zu laufen.

Als ich gerade den Eingang betrete, kommt Tysan mir aufgebracht entgegen. „Wo warst du?", fragt er.
Verwirrt sehe ich ihn an. „Bei einer Freundin, wieso?"
Er kneift die Augen zusammen, stellt sich nah vor mich und riecht eiskalt an mir. „Wieso riechst du dann nach Aftersave und nicht nach Frauen Parfüm?"
Sein ernst?!

„Vielleicht weil ich ein Typ bin und Aftersave benutze", schlage ich ihm vor.
Ich denke gar nicht daran, dass ich noch Reece Klamotten trage. Ich habe mich mittlerweile so sehr an seinen Duft gewöhnt, dass ich ihn gar nicht mehr richtig wahrnehme, aber Tysan schon.

„Aber nicht das da. Und das sind auch nicht deine Klamotten. Also nochmal, wo warst du?!" Er wird langsam echt aufgebracht, aber ich bin ihm keinerlei Rechenschaft schuldig, weshalb ich ihn von mir wegschucke.
„Was geht es dich an, wo ich war?", fauche ich.

„Alles geht es mich an. Du bist immerhin mein kleiner Bruder. Und jetzt rede oder scheiß Buschstaben!"

Na gut, wenn er es unbedingt wissen will, soll er halt.

„Ich war bei einem Jungen", gebe ich zu.
Er hebt die Augenbrauen und sieht mich arrogant an. „Ach was du nicht sagst" Dann zeigt er auf meinen Hals. „Sind die von ihm?" Er wirkt jetzt tatsächlich friedlicher.
Nur ein kleines bisschen und das auch nur, weil er so neugierig ist.

Doch das reicht, um mich zu verwirren und ich entscheide mich für die Wahrheit. „Ja, die Knutschflecke sind von ihm. Und mein Glück auch. Und das lasse ich mir sicher nicht von dir kaputt machen"
Er schnaubt belustigt. „Wieso sollte ich dir irgendwas kaputt machen wollen?", fragt er mich. Das verwundert mich jetzt echt.

„Was? Willst du gar nichts dazu sagen? Ich bin mit einem Typen zusammen"
Er zuckt mit den Schüttlern. „Dann sag ich dir jetzt, was Dad mir gesagt hat, als er erfahren hat, dass sich auf Männer stehe. Schlaf mit dem du willst, solange du deinen Pflichten nachkommst"

Mein Unterkiefer fällt auf den Fußboden.
Tysan steht auf Männer?!
Warum zur Hölle sind seine Freunde dann so homophob Simon gegenüber?!

Er lacht wegen meiner Reaktion. „Was? Traust du mir das so wenig zu?"
Ich nicke. „Ja. Deine Freunde sind alle so... und du bist selbst so..."

Er seufzt und fährt sich durch die Haare. „Ich weiß. Aber es muss ja nicht jeder wissen."
Ich nicke verstehend. Ich bin ich auch gar nicht böse, dass er mir das so lagen verheimlicht hat. Ich hab's ja selbst.

„Und wer ist das Opfer, das sich um dein Herz kümmern muss, weil ich ihn sonst umbringe, wenn er dich schlecht behandelt?", will er dann wissen.
Manchmal ist er echt total fürsorglich und im nächsten Moment so ein distanziertes Arschloch. Nur nicht jetzt.

„Darf ich dir nicht sagen.", gestehe ich.
Er lacht nur und geht mit mir zu meinem Zimmer. „Ist schon okay. Nur versprich mir, dass du aufpasst"
Ich kneife die Augen leicht zusammen. „Ehm wie meinst du das?"

Er sieht mich ernst an. „Verhütung ist auch bei uns wichtig, selbst wenn..."
Ich halte ihm den Mund zu, bevor er weiter reden kann.

Meine Wangen färben sich augenblicklich rot.
Mit Reece bin ich das schon etwas offener geworden, aber mit meinem Bruder über Verhütung zu reden geht gar nicht.

Er beginnt dann laut zu lachen. „Oh mein Gott, du bist noch Jungfrau? Dein armer Lover. Gibt sich solch eine Mühe und darf dann nicht mal ran"
Empört sehe ich ihn an. „Sag mal geht's noch? Er will mich gar nicht rumkriegen. Er liebt mich", versichere ich Tysan.
Er lacht nickend. „Ja klar, das sagen sie alle. Weißt du wie begehrt du als Jungfrau in der Schwulenwelt bist? Haha, ich könnte dich verkaufen und würde reich werden"

Empört sehe ich ihn an, schaffe ich nicht, etwas zu erwidern.

Dafür kommt Simon hinter Tysan und schreitet für mich ein. „Das wird er aber nicht machen, keine Sorge, Kleiner"
Tysans komplette Mimik verändert sich sofort, auch seine lockere Körperhaltung. „Halt dich gefälligst raus, wenn ich mit meinem Bruder rede", zischt er Simon zu, der abwehrend die Hände hebt. „Schon gut."

Als er mich ansieht verdreht er als Zeichen seiner Genervtheit die Augen und geht dann wieder.

Sobald er weg ist, scheint Tysan wieder lockerer und schiebt mich in mein Zimmer, wo er mich dann kurz umarmt. „Ich werde dich nicht versteigern, keine Sorge"

Nach all den Jahren fällt mir erst jetzt auf, dass Tysan nur so ein arrogantes Arschloch ist, wenn andere anwesend sind.
Er ist gar nicht so ein Idiot.
Er ist ein guter Bruder.
Nur will er seine Gefühle vor anderen nicht zeigen.
Die Frage ist nur, wieso.

Die Liebe und der Feind (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt