F Ü N F Z E H N

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- V E R G A N G E N H E I T -

„Emma?"

Louisa schloss leise die Tür des Schlafzimmers hinter sich. Emma lag zusammengerollt auf dem Bett, die Füße angewinkelt, den Kopf in den Kissen vergraben und schluchzte.

Louisa tapste im Dunkeln zum Bett, legte sich hinter Emma und nahm ihre Freundin in die Arme. Behutsam strich sie über Emmas Arm, bis das Schluchzen leiser wurde und schließlich verstummte.

„Was ist passiert?", fragte Louisa sanft.

„Ich will nach Hause."

„Och, Süße. Was ist passiert, warum weinst du so?"

„Ich bin einfach so blöd, Lou. Immer verliebe ich mich in die falschen Männer!"

„Das stimmt doch nicht."

„Doch, Leandro ist ein Arsch... Erst hat er mich geküsst und dann nochmal, und dann lügt er mich an und jetzt? Jetzt schläft er mit Julia!"

„Was?", fragte Louisa entsetzt. „Woher willst du das wissen?"

„Ich habe die beiden gehört!"

„Wie gehört?"

„Na, gehört, dass sie Sex haben! Leandro hat mir ganz klar gesagt, dass er nichts mit Julia hat oder mit ihr haben würde und jetzt... Ich bin so blöd, Lou. Ich habe ihn so verletzt und jetzt hasst er mich bestimmt und deshalb..."

„Emma, jetzt beruhig dich bitte erstmal. Du weißt gar nicht, was du da gehört hast. Vielleicht waren es auch gar nicht Leo und Julia."

„Doch, natürlich! Wer denn sonst?"

„Emma... ich..."

„Lass gut sein, Lou. Du hast Recht, es nutzt auch nichts, wenn ich hier liege und rumheule. Ich sollte Leandro aus meinem Kopf bekommen, so wie ich es sowieso vorhatte. Er ist einfach ein Arsch."

Emma stand aus dem Bett auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und zog sich ihre Flip-Flops an. „Ich gehe eine rauchen", sagte sie, nahm ihre Zigarettenpackung vom Nachtschrank und öffnete die Zimmertüre.

Louisa sprang vom Bett auf und folgte ihrer besten Freundin durch das Haus auf die Terrasse.

Das Haus lag still und verschlafen hinter ihnen, während die beiden Mädchen sich auf die Steintreppe zum Garten hinsetzten.

„Emma, ich wollte dich etwas fragen...", begann Louisa leise.

„Was denn?", fragte Emma überrascht.

„Nun ja..." Verlegen drehte Louisa den Verlobungsring an ihrem Finger.

„Ich weiß, in ein paar Tagen ist sein Todestag... Bens Todestag..."

„Ja...Oh man, Lou, es tut mir so leid, ich war so mit mir selbst beschäftigt, ich habe gar nicht daran gedacht, wie schlimm das jetzt für dich sein muss..."

„Das ist es ja", sagte Louisa. „Ich habe mich verliebt. In Matteo. Und dass, obwohl Ben nicht einmal ein Jahr tot ist. Und ich weiß, es wäre okay für ihn. Wir haben darüber gesprochen, als klar war, dass er sterben würde. Also, darüber, wie ich damit umgehen sollte und ob ich jemand neues kennen lernen möchte... Damals war das so abstrakt für mich. Natürlich wollte ich niemanden kennen lernen, Ben und ich wir waren verlobt, wollten eigentlich heiraten und ich wusste, dass er sterben würde."

Emma sah zu Boden, sie konnte Louisa nicht ansehen.

„Aber, ich habe noch nicht mit Matteo darüber gesprochen. Er hat mich heute auf meinen Verlobungsring angesprochen und ich habe ihm gesagt, dass ich da noch nicht mit ihm drüber reden kann. Und Matteo hat das auch verstanden. Er hat mich lediglich gefragt, ob ich trotz des Ringes frei wäre, oder ob ich zum dem Mann zurückkehren würde, der mich heiraten möchte."

„Was hast du ihm geantwortet?"

„Ich habe ihm gesagt, dass ich zu dem Mann, der mir den Ring geschenkt hat, nicht mehr zurückkehren kann."

„Sag ihm, was passiert bist", gab Emma Louisa den Rat. „Erzähl ihm von Ben, erzähl ihm, dass ihr euch schon ewig kanntet und Ben dich gefragt hat, ob du ihn heiratest, als bei ihm der Krebs festgestellt worden ist. Matteo wird das verstehen. Und Matteo wird bestimmt auch verstehen, wie du dich jetzt fühlst."

„Was ist, wenn es Matteo verschreckt? Ich bin sozusagen Witwe, Emma."

„Nein", antwortete Emma sanft. „Bist du nicht. Und wenn, würde es Matteo auch nichts ausmachen. Er wird akzeptieren, dass es vor ihm einen Mann in deinem Leben gab, den du heiraten wolltest. Doch leider stand dir das Schicksal im Weg."

„Danke Emma, du bist wirklich die beste Freundin, die ich mir vorstellen kann."

„Sag das lieber nicht, Lou...", flüsterte Emma leise und stand auf. Sie drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus und sah ihre Freundin auffordernd an.
„Komm, lass uns schlafen gehen."

♥ ♥ ♥

Die nächsten zwei Tage vergingen wie im Flug und rauschten an Emma vorbei, ohne dass sie mitbekam, wie die Zeit verging.

Die Tage hatten sie am Strand verbracht, sich die Nächte in den umliegenden Bars um die Ohren gehauen.

Emma hatte es erfolgreich geschafft Leandro und Julia aus dem Weg zu gehen, was wirklich nicht schwer war, da Julia die meiste Zeit in ihrem Zimmer verbrachte und Leandro und Nicolás die letzten Tage ihrer Cousine Leonor beim Umzug geholfen hatten.

Leonor war Lucias Schwester und hatte mit ihrem Mann zusammen ein Haus im Ort gekauft, wo sie nun eingezogen waren.

An diesem Abend sollte die Einweihungsfeier stattfinden und Leonor hatte die Freunde ihrer Cousins ebenfalls eingeladen.

Emma hatte den gesamten Inhalt Ihres Koffers auf dem Bett verteilt und sah Louisa hilfesuchend an. „Was soll ich nur anziehen? Mein weißes Kleid wäre perfekt gewesen, aber leider ist das immer noch bei Lucia."

Louisa sah kritisch auf den Berg Klamotten auf dem Bett, dann zog sie einen schwarzen Rock und ein rotes Top hervor und hielt beides so vor Emma, dass sie sehen konnte, wie das Outfit aussehen würde.

„Zieh das an, der Rock steht Dir wirklich gut", sagte sie. Louisa selbst war schon fertig. Sie trug eine kurze schwarze Hose und dazu ein einfaches blaues T-Shirt.

„Ich wollte noch kurz rüber zu Matteo, bevor wir losgehen, ja?"

Emma nickte zustimmend. „Ja, geh nur, den Rest schaffe ich allein."

Matteo und Louisa waren nun ein Paar und Emma freute sich wirklich sehr für ihre Freundin, auch wenn das bedeutete das Louisa nun die meiste Zeit mit Matteo verbrachte, statt mit ihr.

Als Louisa das Zimmer verließ, begann Emma ihre Sachen wieder ordentlich zu falten und zurück in den Koffer zu packen. Den Rock und das Top ließ sie auf dem Bett liegen, schälte sich aus dem Kleid, dass sie trug und ging zu dem großen Spiegel an der Wand, um sich zu schminken.

Die letzte Woche hatte sie sich kein einziges Mal geschminkt, ihr war es zu heiß tagsüber, um Make-Up zu tragen, doch heute Abend waren sie schließlich auf einer richtigen Party eingeladen.

Sie verteilte die flüssige Creme mit einem Pinsel in ihrem Gesicht und obwohl sie das eigentlich täglich tat, fühlte sich der Pinsel plötzlich ungewohnt an.

Sie fuhr fort und gerade, als sie ihre Wimpern fertig getuscht hatte, kam Louisa wieder herein gerauscht und sah Emma auffordernd an. „Bist du fertig?", wir wollen los."

Emma warf einen letzten Blick in den Spiegel, zog sich eilig Top, Rock und Schuhe an und folgte Louisa wieder ins Wohnzimmer.

Summer AffairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt