Z W E I U N D D R E I ẞ I G

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- V E R G A N G E N H E I T -

„Da seid ihr ja endlich!", begrüßte Alicia sie, gespielt wütend, als sie die Terrasse betraten und gestikulierte wild mit den Händen. „Wir hatten schon Angst, wir müssten eine Suchmeldung aufgeben! Ihr solltet schon vor einer Stunde hier sein!"

„Ich hoffe, ihr habt mit dem Essen gewartet?", fragte Leandro grinsend, ohne Entschuldigung für ihre Verspätung.

„Klar!", rief Nicolás, der in diesem Moment das erste Fleisch auf den Gas-Grill auflegte. „Ihr hättet euch aber nicht ganz so viel Zeit lassen müssen!"

Emma setzte sich neben Louisa an den Tisch und umarmte ihre Freundin kurz zur Begrüßung. Kurz meldete sich ihr schlechtes Gewissen, das ihr sagte, dass sie Louisa ziemlich vernachlässigt hatte, doch dann erinnerte sie sich daran, dass Louisa ihre Zeit mit Matteo verbrachte.

Emma bemerkte, dass Louisa ihre Finger in denen von Matteo verschränkt hatte und verträumt lächelte. Es war das erste Mal, dass sie wirklich glücklich aussah, seit Ben gestorben war und Emma schüttelte das schlechte Gewissen eilig ab.

Leandro holte zwei Flaschen Bier aus der Kühlbox, die auf der Terrasse stand und reichte Emma eine davon, als er sich neben sie setzte. Er nahm den Flaschenöffner vom Tisch und öffnete die die beiden Flaschen.

„In die Augen gucken", sagte er lächelnd, als er die Flasche hob, um mit ihr abzustoßen. „Sonst gibt es schlechten Sex."

Die Flaschen klirrten gegeneinander und nachdem Emma einen Schluck daraus getrunken hatte, beugte sie sich zu ihm hinüber und flüsterte: „Mit Dir bestimmt nicht..."

Leandro grinste schmutzig. Zufrieden lehnte Emma sich zurück und begutachtete, was Johanna und Alicia auf den Tisch zauberten. Es gab verschiedene Salate, Kartoffeln, Brot und Unmengen an Saucen. Sie erspähte, dass auf dem Grill auch Gemüse lag, unter anderem auch gefüllte Champion und Zucchini. Erst jetzt nahm Emma wahr, dass ihr Magen knurrte und ihr fiel auf, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte.

Julia und Alicia setzten sich gegenüber von ihr und Leandro hin und Alicia fragte: „Wo wart ihr eigentlich die ganze Zeit?"

„In der Stadt und danach am Strand", antwortete Leandro ihr. „Und was habt ihr den ganzen Tag gemacht?"

„Hauptsächlich gekocht", antwortete Alicia lachend und deutete auf den gedeckten Tisch. „Nein, wir waren auch am Strand und haben es uns heute Nachmittag hier am Pool gemütlich gemacht."

Julia wandte sich von dem Gespräch ab und Emma sah, wie sie Louisa und Matteo einen Moment lang beobachtete, bevor sie sagte: „Louisa, kann ich dich mal was fragen?"

Irgendwas in ihrem Tonfall ließ Emma aufhorchen.

„Klar." Louisa wandte sich mit einem Lächeln im Gesicht zu Julia um. „Was denn?"

„Nun, findest du es nicht verwerflich, hier mit Matteo zu vögeln, wenn du Zuhause einen Verlobten sitzen hast? Was wird er denn dazu sagen, wenn er davon erfährt?"

Emma hörte wie Louisa neben ihr nach Luft schnappte und spürte wie ihre beste Freundin sich verkrampfte.

„Es wäre besser, wenn du jetzt deinen Mund hältst...", begann Emma, doch

ehe sie Julia zum Schweigen bringen konnte, fügte diese noch hinzu: „Mich würde wirklich mal interessieren, was er dazu sagen wird, wenn er erfährt, dass seine Verlobte eine Hure ist, die hier die Beine breitmacht."

Als Julia Louisa als Hure bezeichnete, sprang Matteo auf und funkelte Julia wütend an.

Louisa starrte Julia aus einer Schockstarre heraus an, doch als die ersten Tränen begannen ihre Wangen herunter zu laufen, sprang sie auf und rannte von der Terrasse ins Haus.

Die Wut pulsierte in Emma und aufgebracht sprang sie ebenfalls auf. „Sag mal, spinnst du, Julia?", schrie sie. Julia konnte wirklich froh sein, dass der Tisch zwischen ihnen verhinderte, dass Emma an sie herankam.

„Denk verdammt noch mal nur ein einziges Mal nach, bevor du sprichst!", rief Emma, bevor sie Louisa folgte.

Als sie das Haus betrat, hörte sie wie die Haustür zuschlug und eilig lief sie durch den Flur nach vorne und öffnete diese wieder.

„Louisa!", rief sie, als sie ihre beste Freundin auf dem Weg vor dem Haus weglaufen sah. „Bleib stehen!"

Außer Atem kam sie schließlich bei Louisa an, die sich schluchzend auf den Boden gleiten ließ.

„Julia ist...", begann sie, doch Louisa schüttelte den Kopf.

„Was immer du sagen willst, sie ist schlimmer", sagte sie und brachte Emma damit zum Lächeln.

„Woher weiß sie überhaupt von Ben?", fragte Louisa nun schluchzend. „Ich weiß, es ist lächerlich, dass ich jetzt weine... Aber sie hat mich eiskalt erwischt..."

„Schon gut", antwortete Emma. „Du hast alles Recht der Welt wütend zu sein."

„Das ist es nicht...", schluchzte Louisa. „Also, natürlich bin ich wütend, aber es ist eher... Was wird Matteo denken? Wir haben doch überhaupt nicht über Ben gesprochen!"

„Was?", fragte Emma überrascht „Du wolltest es ihm doch sagen, Lou..."

„Ich konnte nicht. Weißt du, er sieht mich so an... So... Ich kann das nicht beschreiben. Er macht mich so glücklich zurzeit und ich habe einfach Angst, Emma."

„Wovor?", fragte Emma leise.

„Davor, dass er mich nicht mehr so ansieht... Wenn er wüsste, dass ich jemand anderen heiraten wollte und das nur nicht getan habe, weil Ben gestorben ist... Dann denkt er vielleicht, dass ich ihn nicht so lieben würde... Und ich weiß nicht, was ich ohne ihn mache... Das erste Mal seit Langem fühle ich mich..." Sie stockte. „Ich fühle mich lebendig."

Louisa hatte keine Ahnung, wie sehr Emma sie verstand. Das erste Mal wurde Emma klar, dass Louisa sich genauso gefühlt hatte, wie sie selbst. Dass Louisa genauso verloren war, wie sie. Sie verstand, was für eine Angst Louisa hatte, es Matteo zu erzählen, denn ihr ging es mit Leandro genauso.

„Er wird es verstehen", sagte sie. Anders als Leandro. Denn Louisa hatte ihre beste Freundin im Gegensatz zu Emma nicht hintergangen und ehrliche Absichten gehabt. „Matteo wird dich dennoch lieben. Ben gehört zu deinem Leben dazu. Und Matteo kann dich nicht ohne deine Vergangenheit haben..."

Sie hörten Schritte hinter sich und fuhren herum. Matteo kam auf die beiden zu und kniete sich vor Louisa hin. Emma trat einen Schritt zur Seite.

„Schatz...", murmelte Matteo. „Es ist mir egal, was Julia sagt. „Was immer, sie meinte, sag mir nur die Wahrheit. Ich habe dich einmal gefragt, von wem der Verlobungsring ist und du hast mir geantwortet, dass du nicht zu ihm zurückkehrst. Das reicht mir. Wirklich, ich werde warten, bis du bereit bist, darüber zu sprechen..."

Louisa schluchzte.

„Es ist nicht Julia, die entscheidet, wann du bereit bist, darüber zu sprechen, sondern du", fügte er hinzu. „Und ich warte, bis du bereit bist."

„Ich möchte es sagen", antwortete Louisa. „Gleich. Vor dem Essen. Wenn alle dabei sind. Das muss ich jetzt klarstellen."

Summer AffairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt