11. Aufbruch

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Mit wie leer gefegtem Kopf starre ich auf den großen Blutfleck, der das zertretene Gras rot gefärbt hat. Röchelnd ringe ich nach Luft, die Augen weit aufgerissen. Blut? Schon wieder?!

„Es wird alles gut. Ganz ruhig. Pscht", flüstert Levi zärtlich in mein Ohr und streicht mir immer wieder über das Haar.

Er reißt ohne mit der Wimper zu zucken ein Stück von seinem Hemd ab und entfernt mir das Blut von Mund und Nase.

Dass ich gerade Blut gespuckt habe, ignoriere ich völlig.

Auf der einen Seite nehme ich es gar nicht richtig wahr, auf der anderen Seite ist es nebensächlich und mir schlichtweg egal.

Meine Lippen verziehen sich zu einem breiten Lächeln und ich kralle mich in Levis Hemd.

„Levi! Ich habe es geschafft!"

„Was hast du geschafft? Und wo verdammt noch mal warst du die ganze Zeit?"

„Ich habe es wirklich geschafft!"

Grinsend starre ich erneut auf meine Hände, bis Levi mich sanft, aber bestimmt, an den Oberarmen packt und leicht schüttelt.

„Sienna, was hast du geschafft?", wiederholt er seine Frage erneut.

Ich sehe ihm wieder in die Augen, ehe ich mit dem rechten Zeigefinger auf die Stadt zeige. „Ich habe die Barriere aufgelöst! Und ich hatte meine Aura vollständig unter Kontrolle!"

Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen. „Also warst du es wirklich."

Bejahend nicke ich kräftig mit dem Kopf, bis mir seine Worte bewusst werden. „Hast du es etwa schon geahnt?"

Ein leises Lachen verlässt seinen Mund.

„Finn, Jonas und Sumiko auch. Man konnte einen goldenen Schimmer, der sich ringsherum um die Barriere gezogen hatte, erkennen und es schien, als hätte sie pulsiert. Dann hat sie sich ganz plötzlich Stück für Stück in Luft aufgelöst, ihre Einzelteile sind wie Glassplitter Richtung Himmel geflogen und anschließend verschwunden."

Levi runzelt nachdenklich die Stirn. „Wie hast du das hinbekommen?"

Als er mich ein weiteres Mal mustert, entflieht ihm ein Seufzer. „Ist ja auch erst mal unwichtig. Das kannst du mir später immer noch erzählen."

Er will noch etwas sagen, doch dann fällt mir ganz plötzlich etwas ein.

„Der A-Vampir!", rufe ich laut aus.

Panisch schaue ich mich nach ihm und auch nach dem Rest meines Teams um. Der A-Vampir ist verschwunden, meine Familie jedoch auch. Sämtliche Alarmglocken schrillen.

Wo sind sie?

„Ruhig, ganz ruhig. Du bist ja völlig durcheinander. Erst das Eine, dann das Andere. Sie sind da drüben", meint Levi und zeigt nach links.

Erst als ich Jonas, Finn und Sumiko entdecke, kann ich erleichtert ausatmen. Sie leben noch.

„Und falls du dich fragst wo der A-Vampir hin ist: Gleich nachdem die Barriere verschwunden ist, hat er geflucht und ist abgehauen."

„Ah", gebe ich dümmlich von mir und schaue wie betäubt auf den Boden.

Wie aus heiterem Himmel trifft es mich wie ein Blitz.

„Meine Eltern und Derek! Sie sind in Gefahr! Ich muss ihnen helfen!"

Wie konnte ich nur meine Eltern und meinen Sandkastenfreund vergessen?

Ich mache einen Schritt in Richtung Stadt, als Levi mich plötzlich am Handgelenk packt und zurück zieht.

„Jetzt reicht's!", fährt er mich böse an und ich zucke erschrocken zusammen. „Erst verschwindest du einfach ohne ein Wort und wir müssen uns totale Sorgen um dich machen, dann tauchst du auf einmal wieder auf, hast Nasenbluten, spuckst Blut, hast die Barriere aufgelöst und bist total durcheinander. Du stehst völlig neben dir!"

Keryno - Aufstand der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt