18. Bekannte Gesichter

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Am liebsten würde ich mich in meinem Bett verkriechen.

Es fühlt sich an, als würde man mir bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust reißen. Wieso? Wieso nur muss ich immer wieder diesen Schmerz erfahren? Hört das jemals auf?

Langsam erträgt mein Körper das nicht mehr. Erst fühle ich mich so glücklich und unbeschwert wie gestern Abend mit Levi und dann kommen wieder solche Momente wie jetzt. Ich atme zittrig ein und streiche mir die Tränen aus dem Gesicht.

Ich bin echt eine totale Heulsuse, was?

Trotz des Stechens überwinde ich mich zu einem Lächeln und summe leise Sams schönstes Lied. Parallel erscheint sie vor meinem geistigen Auge, während ihre wundervolle Stimme in meinen Ohren erklingt. Jeder liebte es, ihr beim Singen zuzuhören.

Das Lied zu Ende gesummt, erhebe ich mich wieder, fummle die beiden Bilder aus ihren Rahmen und stecke sie in mein Oberteil. Ich erhebe mich, gehe langsam zur Tür und drehe mich bei ihr noch einmal um.

„Ich werde die Vampire ausrotten, das verspreche ich euch."

***

Während ich den Weg zum zweiten Schulgebäude angebe und Levi neben mir herläuft, spüre ich von der Seite seinen brennenden Blick auf mir.

„Hast du geweint?"

„Was? Nein. Warum sollte ich", widerspreche ich nervös.

„Deine Augen sind aber ganz schön rot und geschwollen", erwähnt Levi mit einem merkwürdigen Unterton.

Sofort schießt mein Kopf zu ihm. „Echt?"

Seine Lippen formen sich zu einem leichten, schelmischen Grinsen und augenblicklich fängt eine meiner Augenbrauen an zu zucken.

„Levi...", setze ich warnend an.

Ergebend hebt er die Hände.

„Also so auffällig ist es nicht", gesteht er wieder ernst. „Aber es gibt nichts, was mir nicht auffallen würde und schon gar nicht würde ich übersehen, dass du geweint hast. Ich merke doch, dass es dir nicht gut geht."

Prompt tanzen Schmetterlinge in meinem Bauch Tango und das Blut schießt mir in die Wangen. Ich wende mich von seinen wunderschönen Augen ab und räuspere mich leicht.

„Es ist alles in Ordnung", versuche ich Levi mit einem matten Lächeln milde zu stimmen. „Mich macht es nur ein wenig fertig, dass wir so wenig Überlebende finden."

Und das ist nicht einmal gelogen.

Sein Gesichtsausdruck verrät allerdings, dass er mir das überhaupt nicht abkauft. Levi öffnet seinen Mund, als wolle er etwas erwidern, doch ich komme ihm zuvor: „Wir sind da."

Mit klopfendem Herzen entferne ich mich einige Schritte von ihm. Seufzend wendet er sich von mir ab und setzt eine todernste Miene auf, ehe er die Keryno erneut aufteilt.

Erst jetzt bemerke ich, dass dieses Gefühl das mich schon seit vorhin begleitet, stärker geworden ist. Ein ganz komisches Bauchgefühl, das ich nicht so wirklich deuten kann und dazu dieser seltsame Druck.

Levis Worte rücken in den Hintergrund und ich entferne mich von den Anderen. Etliche Meter links befinden sich das zweite Schulgebäude und geradezu die Turnhalle, hinter dieser wiederum der große Sportplatz.

„Kommst du?", fragt Finn nach kurzer Zeit.

Ich schaue kurz umher, ehe ich mit einem Kopfnicken an ihm vorbeigehe und Haus Zwei ansteuere. Doch je näher ich diesem komme, desto stärker wird es.

Keryno - Aufstand der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt