19. Ätzender Schmerz

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Seit etwa fünfzehn Minuten sind wir unterwegs und bisher verlief alles gut. Doch dann breitet sich dieses spüre ich plötzlich etwas. Es ist dieses Gefühl, das ich habe, wenn ich Auren spüre. Ich versuche mich zu konzentrieren. Das sind eine Menge Auren. Sie sind alle in Aufruhr und ich kann ihre Magie, die sie ausströmen, beinahe fühlen. Als würden sie sich in der Luft befinden und wie Fäden durch sie hindurch ziehen. Nur von wem sind die Auren?

Verdammt, wieso kann ich jetzt nicht unterscheiden, ob das Auren von Vampiren oder Menschen sind? Moment, habe ich das vorher überhaupt schon mal gekonnt? Wenn ich sie sehen kann, ist es ein Kinderspiel, Mensch von Vampir zu unterscheiden, aber konnte ich das bereits spüren? Ich bin mir gerade nicht sicher.

Wie dumm kann man sein, sich nicht einmal an so etwas Simples zu erinnern? Ich muss doch wissen, was ich kann und was nicht.

Ein frustriertes Seufzen verlässt meinen Mund. Was ich aber weiß, ist, dass sie verdammt nah sind.

„Tru-"

Ich komme nicht dazu, unserem Truppenführer meine Gedanken mitzuteilen, denn in dem Moment stürzen links neben uns mehrere Gebäude mit einem lauten Knallen und Scheppern ein. Eine gigantische Staubwolke wird aufgewirbelt und durch die zusammenfallenden Häuser vibriert der gesamte Boden, gleicht einem Erdbeben.
Schützend habe ich den linken Arm vor mich gehoben und der kräftige Windstoß hat meine Kapuze nach hinten geweht.

Augenblicklich sind wir alle in Kampfposition gegangen, bereit, die Menschen zu beschützen.

Einer der Keryno schwingt seinen Speer und vertreibt somit den Staub.

Zwischen den Trümmern tummeln sich eine bunte und eine dunkle Aura. Weit hinter den ehemaligen Gebäuden, quasi auf der anderen Seite, sind es noch viel mehr.

Oh nein, der Zug, der vor uns los ist, wurde angegriffen.

Was sollen wir jetzt nur tun? Die anderen Keryno brauchen augenscheinlich definitiv Hilfe, aber können wir uns das leisten? Wir haben immerhin auch viele Menschen dabei. Würde das die Situation nicht nur noch schlimmer machen? Schließlich müssten wir dann noch mehr Menschen beschützen und je höher ihre Anzahl, desto mehr sinken unsere Bewegungsfreiheiten. Da wir uns nicht so weit von den Überlebenden entfernen können, sind unsere Möglichkeiten zum Ausweichen und Angreifen stark beschränkt. Dieses enge aufeinander Hocken ist absolut nicht gut.

Doch würden wir jetzt weitergehen und der andere Zug würde fast vollständig mitsamt Überlebenden ausgelöscht werden – wären wir da nicht ebenfalls schuld an ihrem Tod? Könnten wir das verantworten?

Der Keryno und der B-Vampir haben sich mittlerweile wieder aufgerichtet und führen ihren Kampf weiter.

Als mein Blick auf eine Gruppe Personen hinter den zusammengestürzten Gebäuden fällt, treten mir Tränen in die Augen.

Wie kann das nur sein? Immer mehr Tränen treten mir in die Augen.

Ist das ein Traum?

Ein schmerzhaftes Zwicken in meinen rechten Arm beweist mir allerdings, dass es sich um die Realität handelt.

Dort hinten steht meine Klasse. Jeder Einzelne. Sie sind alle am Leben und wohlauf. Jegliche Horrorszenarien, die sich vorhin in meinem Kopf abgespielt hatten, werden von einem Windstoß fortgeweht. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Nein, ein Brocken.

All ihre Gesichter wiederzusehen... Am liebsten würde ich die ganze Welt umarmen. Mir rollt die erste Freudenträne über die Wange.

Meine Freude währt jedoch nicht lange.

Zwei B-Vampire, ein Mann und eine Frau, rennen geradewegs auf sie zu und die Keryno in ihrer Nähe sind bereits mit anderen Blutsaugern beschäftigt, die nicht von ihnen ablassen wollen.

Keryno - Aufstand der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt