„Denkst du, wir haben darum gebeten als Vampir geboren zu werden?", hallt die Stimme in meinem Kopf wider.
Als hätte ich mich verbrannt, ziehe ich meine Aura zurück. Einen Teil von ihr schwinge ich nach rechts, nur um sie dann mit Schwung nach links zu schwingen und den B-Vampir somit von mir wegzuschlagen. Er wird hart getroffen und fliegt etliche Meter von mir weg.Das Treffen mit Emily und den Anderen lebt unweigerlich vor meinem inneren Auge wieder auf.
In meinem Kopf zeichnet sich der Umriss einer Person mit erhobener Waffe ab, die mir erschreckend nahekommt. Ohne zu zögern drehe ich mich um und hebe gleichzeitig mein Schwert. Unsere Klingen treffen laut klirrend aufeinander, wobei ich ein kleines Stück nach hinten geschoben werde.
Grüne Augen funkeln mir entgegen, die sich langsam rot färben.
Was mache ich jetzt nur?
Wäre ich doch vorgestern bloß nicht der Aura gefolgt, dann hätte ich nicht diese Unterhaltung gehabt und würde jetzt nicht so viel darüber nachdenken. Das hier vor mir ist ein Monster. Mein Feind, den ich ohne mit der Wimper zu zucken erledigen sollte.
Und nun?
Ja, die Wahrscheinlichkeit, dass dieser B-Vampir unzähligen Menschen das Leben genommen hat ist hoch, aber was, wenn er es doch nicht getan hat? Und vielleicht nur Blut getrunken hat, wenn notwendig? Ohne die Person zu töten?Das Problem ist, dass ich es nicht weiß.
Er kann eine abgrundtief boshafte Bestie sein, aber vielleicht auch bloß jemand, der es hasst Vampir zu sein. Ein schwerer Stein besetzt mein Herz. Ich lehne mich leicht zurück, um den Vampir anschließend zurückzustoßen und ihm in die Magengrube zu treten.
Aber darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen. So sehr mich diese Gedanken und Zweifel auch wurmen, doch riskieren, dass meine Familie und meine Kameraden verletzt werden, kann ich deswegen trotzdem nicht. Ein schlechtes Bauchgefühl habe ich jetzt so oder so, also spielt es eh keine Rolle mehr.
Ununterbrochen sende ich meine Aura aus und so trifft ein Fühler auf einen C-Vampir, der ebenfalls auf Levi zu rennt. Ich springe direkt vor ihn, drehe mich mit gehobenem Bein im Kreis und trete den C-Vampir mit voller Wucht weg. Krampfhaft versuche ich die Auren der Vampire auszublenden. Das mag vielleicht mehr als egoistisch und feige von mir sein, aber ich will jetzt einfach nicht wissen, ob sie einst Menschen waren oder nicht. Ich kann es nicht.
In meinem Kopf bildet sich ein grober Umriss der Umgebung und zeigt mir die Vampire und wo sich Levi, Finn, Jonas sowie Sumiko befinden. Levi bewegt sich auf einen der Vampire zu, doch ich springe vor ihn und greife den Vampir zuerst an. Mit zusammengebissenen Zähnen versuche ich die aufkommenden Gedanken, die sich immer mehr in den Vordergrund drängen wollen, wieder wegzuschieben. Immer und immer wieder.
Ich beiße mir auf die Unterlippe.
Ah, Mist. Jetzt kann ich meine Aura nicht benutzen, sonst würde es Levi aus dieser Entfernung sofort bemerken und das darf auf keinen Fall passieren. Ich weiche dem frontalen Schwerthieb des Vampirs nach links aus, trete blitzschnell hinter ihn und ramme ihm die Klinge ins Herz.
Auf einmal schießt mein Kopf in die Höhe. Ein Vampir rast auf mich zu, doch als ich mich in seine Richtung drehe, ist es schon zu spät. Eine Hand schließt sich fest um meine Kehle und ich habe keine Chance zu reagieren. Meine Füße verlieren ihren Halt und wir fliegen mit einer so mordsmäßigen Geschwindigkeit, dass ich nicht einmal sagen kann, wie viele Meter wir zurücklegen. Schnell sammle ich einen Teil meiner Aura hinter mir an, wie eine Barriere, nein, eher wie eine Art Kissen. Vereinzelte Haarsträhnen, die sich aus meinem Zopf gelöst haben, versperren mir die Sicht und plötzlich knallen wir gegen ein Auto, doch unser Flug stoppt nicht. Gemeinsam mit dem Auto fliegen wir so lange nach hinten, bis wir gegen ein Gebäude krachen, dessen Fensterscheiben sofort mit einem ohrenbetäubenden Klirren zerspringen und durch die Luft fliegen. Gott sei Dank habe ich durch meine Aura rein gar nichts davon gespürt.
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Keryno - Aufstand der Vampire
VampireDie bisher unterdrückten Vampire erheben sich und versetzen alles in Angst und Schrecken. Nun spürt die gesamte Welt das Ausmaß ihrer Existenz. Während ein Krieg um die Freiheit der Menschheit beginnt, versinkt Sienna in einem Gefühlschaos. Ihre ma...