Drachenhöhle

3.3K 158 10
                                    

Mein Herz klopfte wie verrückt, als Sherlock und ich den Eingang zum Straßenbahntunnel erreichten. Entweder war das, was wir hier taten sehr, sehr mutig oder einfach nur unglaublich dämlich. Vermutlich beides.

„Sie haben Angst", stellte Sherlock fest und sah mich von der Seite an.

„Ja, aber das ändert nichts an meinem Entschluss", erwiderte ich und machte einen Schritt in Richtung Tunnel.

Sherlock streckte einen Arm aus und hielt mich zurück. „Ich wiederhole noch einmal: Sie machen genau das, was ich sage."

Ich musterte ihn genau. Wenn ich jetzt zustimmte, würde er mir dann befehlen zurück zu bleiben? Nein, entschied ich. Sherlock wusste, wie wichtig mir das hier war.

„Okay."

Für einen Moment meinte ich Anerkennung in seinen Augen aufblitzen zu sehen, doch warum? Weil ich bereit war in einen Straßenbahntunnel voller Schmuggler zu gehen, obwohl ich mich am liebsten verkriechen wollte? Oder weil ich mich seinem Willen beugte? Vielleicht hatte ich mir das Aufblitzen in seinen Augen auch nur eingebildet.

„Bleiben Sie hinter mir und machen Sie möglichst keine Geräusche. Wir müssen uns vermutlich ein Stück durch die Dunkelheit bewegen. Sobald wir in die Nähe von Licht kommen, achten Sie darauf im Schatten zu bleiben", erklärte Sherlock mir eindringlich und erneut stimmte ich zu. Dann folgte ich ihm in den schwarzen Tunnel.

Eine Weile liefen wir schweigend durch die Dunkelheit, Sherlock immer einen halben Schritt vor mir. Die Wände aus schwarzem Stein schienen sogar jegliches Streulicht zu schlucken und ich hatte kurzzeitig das seltsame Gefühl durchs Nichts zu wandern. Irgendwann bemerkte ich, dass wir langsamer wurden und immer weiter zur Wand wichen. Ich spitzte meine Ohren und da hörte ich es. Stimmen. Sie waren noch ein gutes Stück weg, aber jetzt fiel mir auch auf, dass sich das Licht veränderte. Wir hatten den Schwarzen Lotus gefunden.

In einiger Entfernung schälte sich ein alter Arbeiterverschlag aus Holz aus der Dunkelheit, doch es klang eher so, als wären die Schmuggler auf der anderen Seite des Verschlags anstatt darin.

„Warten Sie hier", murmelte Sherlock plötzlich und schob mich näher an die Wand, ehe er zu dem Verschlag lief und vorsichtig um ihn herum lugte. Verdammt, er würde mich doch hier nicht einfach im Dunklen stehen lassen und sich allein auf die Gruppe stürzen, oder? Er kam jedoch schnell wieder zu mir und zog mich ein Stück den Gang zurück.

„Sie sind auf der anderen Seite der Hütte", erklärte er mir leise. „Sara sitzt quasi direkt dahinter und John einige Meter weiter, ihr gegenüber. Sie sind beide an Stühle gefesselt und auf Sara ist eine selbstauslösende Armbrust gerichtet."

Sara. An sie hatte ich gar nicht mehr gedacht, stellte ich schuldbewusst fest.

„Wie ist der Plan?"

In der Dunkelheit sah ich es erneut in Sherlocks Augen aufblitzen.

„Ich lenke die Aufmerksamkeit auf mich und Sie schleichen auf der schmalen Seite des Verschlags zu John. Um Sara kümmere ich mich, sie ist näher an den Schmugglern. Wenn Sie hinter Johns Stuhl in die Hocke gehen, sollte Sie niemand entdecken."

„Meinen Sie nicht, dass die Waffen haben?"

„Darum kümmere ich mich."

Entschlossen nickte ich und folgte Sherlock diesmal bis zum Verschlag. Er war ungefähr einen halben Meter von der Wand entfernt aufgebaut und in diese Lücke schob ich mich leise. Das Blut rauschte mir in den Ohren, sodass ich kaum etwas hörte. Erst als ich die andere Seite fast erreicht hatte, bekam ich meinen Puls wieder unter Kontrolle. Sherlock war bisher noch nicht in Aktion getreten. Vermutlich ließ er sich Zeit, damit ich durch den schmalen Gang schleichen konnte. Schließlich kamen einige Personen in Sicht. Eine Frau in schwarzer Kleidung stand neben einem Stuhl, der mit dem Rücken zu mir stand. Darauf saß Sara und vor ihr konnte ich die Armbrust erkennen, die Sherlock erwähnt hatte. Wobei Armbrust wohl nicht ganz das richtige Wort dafür war, das Ding war riesig. Im Halbschatten dahinter konnte ich John ausmachen. Sonst sah ich niemanden, doch mein Blickfeld war durch den Verschlag eingeschränkt.

Ich will keine perfekte Liebe, ich will deine!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt