Untergrund-Netzwerk

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Am nächsten Morgen wurde ich von den Sonnenstrahlen wach gekitzelt. Müde blinzelte ich und rieb mir den Schlaf aus den Augen. Als ich mich schließlich aufrappelte, brauchte ich einen Moment, bis ich wusste, wo ich war. Ich lag in Sherlocks Zimmer in der Baker Street. Zuerst war ich verwirrt, doch dann fielen mir die Ereignisse vom Vortag wieder ein und sofort bekam ich eine Gänsehaut.

Irgendjemand hatte mich in einen Scheiterhaufen gesteckt und ich hatte es allein Sherlock und John zu verdanken, dass ich nicht bei lebendigem Leib verbrannt worden war.

Sofort schweiften meine Gedanken weiter und mit einem Lächeln dachte ich daran, wie Sherlock am vergangenen Abend für mich da gewesen war und mir auf der Violine etwas vorgespielt hatte. Nein, berichtigte ich mich selbst. Nicht etwas, sondern mein Lied. Sofort hatte ich die sanfte Melodie erneut im Ohr.

Irgendwann war ich wohl auf der Couch eingeschlafen und Sherlock hatte mich dann offensichtlich ins Bett getragen, ich konnte mich nämlich nicht mehr daran erinnern das Wohnzimmer verlassen zu haben.

Schließlich wandte ich mich der Bettseite neben mir zu, musste jedoch enttäuscht feststellen, dass diese leer war. Kurz durchzuckte ein schmerzhafter Gedanke mich, doch dann bemerkte ich, dass die Decke neben mir zerwühlt und das Kissen plattgedrückt war. Sherlock hatte also hier geschlafen. Er war am Leben. Es war nicht nur ein langer schöner Traum gewesen. Als ich mich erneut umdrehte, um aufzustehen, bemerkte ich auch einen kleinen Zettel, der auf dem Nachttisch lag.

Ich bin im Wohnzimmer.

Mehr stand dort nicht und doch konnte ich einfach nur glücklich lächeln. Sherlock hatte offensichtlich daran gedacht, dass ich Angst gehabt hatte hier zu schlafen und dass er mir versprochen hatte da zu sein, wenn ich aufwachte.

Grinsend stand ich auf. Hätte ich Sherlock nicht bereits am Vorabend die zwei Jahre Abwesenheit verziehen, hätte es diese Nachricht sicher wett gemacht.

In Sherlocks Jogginghose und T-Shirt lief ich zur Tür und öffnete diese. Bevor ich jedoch ins Wohnzimmer ging, machte ich im Bad halt und betrachtete mich im Spiegel. Meine kupferroten Haare waren ziemlich wirr und hingen mir zum Teil ins Gesicht, doch dadurch verdeckten sie auch das Pflaster an meiner Stirn. Auch wenn John und Sherlock gemeint hatten, dass die Wunde nicht schlimm ausgesehen hatte, war ich schockiert, dass das Pflaster doch ziemlich groß war. Andererseits würde ich Sherlock auch zutrauen, dass er es nur gut gemeint hatte. Ich widerstand dem Drang das Pflaster abzuziehen und ließ meinen Blick stattdessen weiterwandern. Ich hatte noch immer Schatten unter den Augen, aber das wunderte mich wenig. Ich hatte zwar in der letzten Nacht tief und fest geschlafen, das machte meinen Schlafdefizit der vergangenen Tage jedoch noch nicht wett. Immerhin war ich nicht mehr käseweiß im Gesicht.

Sherlocks Kleider waren mir viel zu groß, doch immer noch besser als meine angesengten Klamotten, die vermutlich noch immer nach Rauch und Benzin stanken. Suchend sah ich mich im Bad um, doch Sherlock schien sie bereits weggeräumt zu haben.

Schnell spritzte ich mir noch ein bisschen Wasser ins Gesicht und strich mir durch die Haare, bevor ich das Bad wieder verließ.

In der Küche wollte ich mir gerade Teewasser aufsetzen, als ich die Stimmen im Wohnzimmer hörte. Offenbar hatte Sherlock ein paar Klienten da, denn eine Frauenstimme erklärte gerade, dass sie etwas verloren hatte. Da die Verbindungstür zur Küche nicht ganz geschlossen war, konnte ich einen Blick auf Sherlock erhaschen, der im Anzug in seinem schwarzen Sessel saß und ziemlich gelangweilt dreinblickte. Ein wenig wunderte es mich, dass er die Klienten noch nicht hinausgeworfen hatte, wo ihn der Fall doch nicht zu interessieren schien.

So leise wie möglich, um das Gespräch im Wohnzimmer nicht zu stören, füllte ich Wasser in den Kocher und stellte diesen an. Während ich meine Tasse vorbereitete, drang Sherlocks Stimme durch die offene Tür. „,Und ist er schließlich wieder aufgetaucht, der Lotterieschein?'"

Ich will keine perfekte Liebe, ich will deine!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt