Janus

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„Bin ich froh, dass wir die Bilder für die Räume nur auswählen und nicht selbst aufhängen müssen", lachte ich und folgte Will durch die Gänge von Christie's.

Wir hatten die Aufgabe bekommen neue Bilder für die Ausstellungsräume auszuwählen und waren nun auf den Weg ins Lager, um die Liste abzugeben und die Bilder noch einmal zu überprüfen.

„Ich auch. Allein der Picasso ist doppelt so groß wie ich."

„Caroline tut mir ein bisschen leid, dass sie heute den Bericht von der letzten Auktion schreiben muss", überlegte ich laut. „Vielleicht sollten wir sie wenigstens zum Mittagessen entführen."

„Sie ist, glaube ich, zum Mittagessen mit Robert verabredet", erwiderte Will.

„Ihr Verlobter?", hakte ich nach und mein Kollege nickte bestätigend.

„Was war eigentlich am Wochenende bei dir in der Straße los?", fragte Will plötzlich und überrascht sah ich auf.

„Du hast davon gehört?"

„Es kam in den Nachrichten. Ein Haus ist explodiert?"

„Ja, das gegenüber von meiner Wohnung. Die Medien haben etwas von einem Gasleck gesagt", erklärte ich ausweichend und mied Wills Blick.

Ich wollte nicht über die wahren Hintergründe reden, denn wenn ich an den Bombenleger dachte, wurde mir immer noch mulmig.

„Muss ziemlich heftig gewesen sein, wenn man dich so ansieht."

„Was? Wovon redest du?", fragte ich ein wenig besorgt. Sah man mir mein Unwohlsein tatsächlich an?

„Äh, hast du die Beule nicht davon?", fragte Will irritiert.

„Oh", atmete ich auf. „Äh, ja es ist irgendwie in Folge der Explosion passiert."

„Alles in Ordnung? Ich habe das Gefühl, dass du ausweichst."

Ich sah auf und begegnete Wills forschendem Blick. Für einen Moment war ich von der aufrichtigen Sorge in seiner Stimme abgelenkt.

„Mir geht es gut. Es war ein nervenaufreibendes Wochenende, das ist alles."

„Willst du darüber reden?"

„Nicht jetzt", murmelte ich und öffnete die Tür zum Lager. „Wir haben Arbeit."

Ich spürte Wills Blick in meinem Rücken, doch ließ ich mich davon nicht irritieren, sondern machte mich auf die Suche nach dem ersten Gemälde.

~~~

Drei Stunden später verließen wir das Lager endlich wieder. Wurde auch Zeit, denn im ganzen Lager gab es keine Fenster, sondern nur kaltes Neonlicht und einige kleine Oberlichter.

„Ich bin froh, dass ich nicht dauerhaft in so einem Lager arbeiten muss", seufzte ich und wechselte im Flur auf Wills andere Seite, sodass ich auf der Fensterseite lief. „Da drin ging mir langsam die Luft aus."

„Geht mir auch immer so", meinte Will. „Deswegen sollten wir jetzt auch zum Mittagessen gehen. Was hältst du von chinesisch? Ich lade dich ein."

„Da sage ich sicher nicht nein", erwiderte ich lächelnd und warf einen Blick aus dem Fenster. „Wir sollten nur unsere Jacken holen. Sieht nach Regen aus."

„Und das in London", warf Will sarkastisch ein und wir lenkten unsere Schritte Richtung Eingangshalle, als mein Handy vibrierte.

Wer ist Janus? – SH

Irritiert blieb ich stehen und las die kurze Nachricht noch einmal.

„Gibt es ein Problem?", fragte Will und blieb ebenfalls stehen.

Ich will keine perfekte Liebe, ich will deine!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt