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•Atlantis - Seafret•

Montag

Maddisons P.O.V.

Früher habe ich mir ausgemalt, wie es wäre, wenn in der nächsten Sekunde das Herz aufhört, zu schlagen. Man verlässt die Welt und alles was bleibt sind die geliebten Menschen, die um einen trauen. Ich wusste, dass eines Tages mein Dad oder meine Brüder nicht mehr da sein werden, aber ich hätte nie geahnt, dass dieser Tag dermassen früh eintritt.

Es geht nämlich keine Sekunde vorbei, in der mein Herz nicht schmerzt. Am liebsten möchte ich es aus meiner Brust reissen.

Kann ich nicht eine Person sein, die gefühlskalt ist?

Ich möchte keine Emotionen spüren. Nicht Freude, kein Herzschmerz, nichts. Dann könnte mich wenigstens niemand verletzen.

Felix ist mir urplötzlich aus dem Leben gerissen worden und jede Sekunde frage ich mich, warum er?

Warum gerade mein Bruder?

Ich verstehe es nicht und mir ist bewusst, dass ich keine Antwort auf diese Frage bekommen werde. Manchmal hoffe ich einfach, dass es ein Traum ist, aber egal wie oft ich mich selber zwicke, er steht nicht vor mir und nimmt mich in die Arme. Er wird mich nie wieder 'Schmusebacke' nennen oder mich ärgern. Mir wäre alles lieber, als diese Tatsache.

Ich fühle eine Leere im Herzen, die durch ihn entstanden ist, und nur er kann diese Lücke schliessen. Jedoch ist er nicht da und diese Leere wird mich für immer auffressen.

Gleichzeitig spüre ich eine enorme Wut und Trauer und ich weiss nicht, wie ich damit klar kommen soll. Die Wut in mir möchte jemand zerschlagen und die Trauer dagegen möchte sich zurückziehen und alleine sein. Weder jemanden sehen noch mit jemanden reden.

Das Klopfen an meiner Tür holt mich aus meinem Gedanken. Daraufhin ertönt eine Stimme: »Mäuschen?«

Ist das nicht Dad?

Seit wann ist er zurück?

»Bitte, mach die Tür auf!«, bittet er, aber ich kann nicht. Ich fühle mich kraftlos und müde. Regungslos liege ich also im Bett und lausche seiner Stimme.

»Es ist okay, zu weinen. Ich bin für dich da, genauso wie dein Onkel, Joshua und deine Grosseltern. Wir sind alle für dich da und bitte verschliess dich nicht! Rede mit uns«, ergänzt er. Meine Kehle schnürt sich zu und ich kralle mich in meine Bettdecke. Es bleibt einen Moment still, bis dann Schritte ertönen, die sich entfernen.

Ich fühle mich grauenvoll, dass ich Dad vor den Kopf stosse. Er hat seine Frau und meinen Bruder an einem Tag verloren. Ihm geht es sicherlich schlimmer, aber ich bin erschöpft von allem. Ich habe keine Kraft ihm Hoffnung zu schenken, wenn ich meine schon längst verloren habe.

Mit Tränen in den Augen schliessen sich meine Augen und ich wünschte, ich könnte bei Felix sein.

*

Als ich aufwache, scheint der Mond mir ins Gesicht. Ich streiche mir über meine verklebten Augen und setze mich lustlos auf. Ich sollte duschen gehen, ich fühle mich dreckig. Also mache ich mich auf den Weg ins Bad und entkleide mich dort. Danach schalte ich leise Musik an.

Unter der Dusche drehe ich kaltes Wasser an und mir entweicht ein Keuchen wegen der Kälte, aber mein Körper gewöhnt sich schnell daran. Die Wassertropfen treffen auf meinen Körper, wie spitze Pfeile, aber meine Gedanken sind selbst jetzt nicht leer.

Felix nimmt meine Gedanken ein. Schlaff lehne ich mich an der Duschwand ab, während mir heisse Tränen über das Gesicht laufen. Ich mache mir nicht die Mühe diese wegzuwischen, denn es folgen noch mehr. Ich lege meine Hand vor mein Mund, als mir ein Schluchzen erweicht.

Time for PaybackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt