Aranarth

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Sommer 1941 D.Z.

Unauffällig rutschte Firiel ein wenig auf dem harten Holzthron, auf dem sie saß, herum. Gemeinsam mit Arvedui saß sie im offiziellen Audienzsaal. Für sie beide stand ein jeweils sehr unbequemer hölzerner Thron bereit. Zwar waren die Stühle wunderbar verziert, aber das Sitzen auf ihnen war sehr schmerzhaft, vor allem für die hochschwangere Firiel.

Es war später Sommer und Erntezeit. Im Raum drängten sich die Bauern. Von überall her um die Stadt herum waren sie gekommen und legten ihrem Königspaar einen symbolischen Teil ihrer Ernte vor die Füße. Das war, wie Firiel von Arvedui erfahren hatte, ein uraltes Ritual, das jedes Jahr vollzogen wurde. Und es war eine der wenigen offiziellen Gelegenheiten bei denen die Königin an der Seite des Königs erwartet wurde.

Nur mühsam unterdrückte Firiel ein Seufzen. Alles tat ihr weh. Seit Wochen schon schmerzte ihr Kreuz von der Last, die sie mittlerweile tragen musste. Ihre Knöchel waren geschwollen und jede Bewegung war strapaziös. Auch wenn sie momentan lieber saß als stand, wollte sie jetzt nur noch aufstehen dürfen. Laut den Heilern würde ihr Kind bald auf die Welt kommen. Sie sehnte diesen Tag herbei, wenn sie endlich von diesen Belastungen befreit war und ihr Kind im Arm halten konnte.

Ihr Blick glitt zur Seite zu Arvedui. Der König musterte wohlwollend jeden einzelnen Bauern, der vor sie trat und mit einer tiefen Verneigung ihnen seine Feldfrüchte vor die Füße legte. Als eine kurze Pause entstand, drehte er den Kopf, als hätte er Firiels Blick gespürt. Streng ruhte sein Blick auf ihr. Doch dann neigte er kurz den Kopf und sah wieder nach vorne. Firiel atmete auf und richtete ihre Konzentration wieder auf die Menschen vor sich. Sie und ihr Mann kamen in den letzten Monaten bemerkenswert gut miteinander aus. Er ließ ihr die Ruhe und den Raum, den sie brauchte und erlaubte ihr einen gemäßigten Umgang mit Saela, die zu einer guten Freundin geworden war. Im Gegenzug mühte Firiel sich, seinen Vorstellungen von einer guten Königin zu entsprechen. Sie trieb sich nicht herum, blieb distanziert dem Volk gegenüber und stand bei offiziellen Anlässen an seiner Seite. Arvedui schien zufrieden mit ihr. Zwar war er nicht herzlich, aber er hielt sich deutlich mit Kritik zurück.

Firiel besah sich die versammelten Bauern. Am Rand der Halle standen einige Adelige. Sie waren nur des Schauspiels wegen hier. Sie entdeckte Ildion, der ihr ein warmes Lächeln zuwarf. Elegant neigte sie den Kopf ohne die Miene zu verziehen. Aber sie konnte nicht verhindern, dass ihr Herz einen freudigen Hüpfer machte. In der Mitte des Raumes standen die Bauern. Firiel konnte kaum verhindern, dass sie die Nase rümpfte, bei deren Anblick. Sie mochte das einfache Volk nicht sonderlich.

Seit die Bauern hier waren, lag ein unangenehmer Geruch in der Luft. Die meisten von ihnen waren kaum anständig gekleidet, sondern trugen abgewetzte und alte Kleidung, die teils sogar in Fetzen hing. Wo sie standen lag Schmutz auf dem Boden. Mühsam behielt Firiel ihre ausdruckslose Miene bei, als einer nach dem anderen vortrat und sich verneigte.


Endlich war die Audienz vorbei. Die Bauern drängten sich aus dem Raum und auch die Adeligen zogen sich zurück. Arvedui stand auf und auch Firiel erhob sich erleichtert. Sie waren allein und so erlaubte sie sich ein Strecken und Dehnen ihrer verspannten Muskeln. Ihr Mann besah sie von der Seite. „Ihr seid erschöpft.", stellte er ruhig fest. Firiel nickte und sah ihn an. Ihre Furcht vor ihm hatte ein wenig nachgelassen. Sie lernte mit ihrer Situation zu leben. Arvedui setzte sich in Bewegung und sie folgte ihm. Schweigend liefen sie in Richtung ihres Gemaches. Es fiel Firiel schwer, bei dem schnellen Tempo ihres Mannes mitzuhalten. Als sie das Zimmer fast erreicht hatten, bemerkte Arvedui: „Ich habe freudig bemerkt, dass ihr euch heute vorbildlich verhalten habt." Erstaunt sah sie ihn an. Fast freute sie sich über das seltene Lob. Dankend neigte sie den Kopf. „Entschuldigt mich nun.", sagte Arvedui, „Ich habe noch zu tun."

Die letzte KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt