Sommer 1951 D.Z.
Arvedui zügelte seinen Rappen. Das Pferd schnaubte unruhig und warf den Kopf in die Luft. Beruhigend strich der König ihm über den Hals. Hinter ihm hielt die Kolonne aus Soldaten, die ihn begleite. Mit scharfem Blick betrachtete Arvedui die vor ihm liegende Landschaft. Sie befanden sich auf einer Hochebene, die vor ihnen steil abfiel. Zu ihren Füßen lag ein weites Tal, das sich in eine Ebene hinein erstreckte. Am Horizont erhoben sich riesige, bedrohlich aussehende Berge. Ihre Gipfel waren selbst jetzt im Sommer schneebedeckt. Er stieß stark die Luft aus. Angmar... Diese Berge lagen bereits in dem Land, das seit vielen Jahren nun schon seine Heimat bedrängte. Sie wussten kaum etwas über Angmar. Doch schon seit einigen Generationen ging ein dunkler Schatten von diesem Land aus. Arvedui runzelte die Stirn. In den letzten Monaten hatten sich die Berichte von Übergriffen auf die Grenzen Arthedains gehäuft. Und so hatte er beschlossen, sich selbst an der Grenze ein Bild von der aktuellen Lage zu machen.
Sein Blick fiel auf das Tal zu ihren Füßen. Ein großer See funkelte dort in der warmen Sommersonne. An seine Ufer kauerten sich einige armselige Fischerhütten. Die Menschen hier lebten seit Jahrzehnten ein armes und hartes Leben. Doch sie blieben hier, trotz der ständigen Bedrohung durch Angmar. Doch Arvedui war nicht wegen der Fischer am See hier. Inmitten des kleinen Weilers erhob sich ein wuchtiger Turm, aus solidem Stein erbaut. Dieser Turm war einer der vielen Grenzbefestigungen, die Arvedui in den letzten Tagen besucht hatte. Eine Gruppe Soldaten war immer hier stationiert und er beabsichtigte, mit ihnen zu reden.
Neben ihm bewegte sich etwas. Er drehte den Kopf. Toron, sein Hauptmann, hielt neben ihm sein Pferd. Toron sah ihn abwartend an. Arvedui nickte ihm zu. „Morgen reiten wir zurück nach Fornost, mein Freund. Es wird Zeit, dass ich etwas gegen Angmar unternehme. Sobald wir zurück sind, kann ich den bedrängten Wachen hier mehr helfen.", sagte er zu Toron. „Ja, mein Herr.", erwiderte dieser nur. Und ich kann meinen Sohn wieder sehen, dachte Arvedui bei sich. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. Der Junge bereitete ihm täglich Freude. Mittlerweile zählte Aranarth zehn Jahre. Er war ein intelligenter, aufgeweckter und stürmischer Junge, der Arveduis Herz im Sturm erobert hatte. Mühsam richtete Arvedui seine Gedanken wieder auf das Hier und Jetzt und trieb sein Pferd ins Tal hinab.
Sie ritten durch einen lichten Nadelwald und hatten bald das Seeufer erreicht. Ein lauer Wind wehte hier und die Sonne wärmte sie angenehm. Die Fischerhütten kamen näher und näher. Bald erkannten sie die Menschen, die im Dorf ihrer Arbeit nachgingen. Auf dem See trieben noch ein paar wenige Kutter. Die meisten von ihnen waren früh morgens ausgefahren. Schnell hatte man die Reiterkolonne im Dorf bemerkt und die Menschen rannten auf die Straße, die zwischen ihren Häusern hindurch führte. Arvedui drosselte das Tempo, als sie sich dem Dorf näherten.
Langsam ritten sie an den Häusern vorbei. Ernst blickte der König seine Untertanen an. Ihnen allen sprach ihr entbehrungsreiches Leben aus den Augen. Doch gleichzeitig strahlten sie eine Art Stolz aus. Sie waren in einfache, graublaue Kleidung gekleidet und schienen schwere Arbeit gewöhnt zu sein, selbst die Kinder. Schließlich erreichten sie den Turm, vor dem eine Gruppe von zehn Soldaten Aufstellung genommen hatte. Als der König vor ihnen hielt, nahmen sie hektisch Haltung an. Man konnte deutlich erkennen, dass dies eine Ausnahmesituation für sie war. Ihr Hauptmann, ein recht junger Mann, trat schüchtern vor und verneigte sich vor Arvedui.
Es waren nur wenige Stunden vergangen, als Arvedui zusammen mit dem jungen Hauptmann den Turm wieder verließ. Auch hier war es das gleiche wie bei allen anderen Grenzposten, was er hörte. Es wurden in der letzten Zeit vermehrt Orks gesichtet, die in der Gegend umher streiften. Da die Soldaten noch immer nur dünn auf die einzelnen Posten verteilt waren, hatte man sich aufwendig koordinieren müssen, um sie zurück zu drängen. Die Verstärkungen, die Arvedui bereits geschickt hatten, waren nur schwache Hilfe gewesen. Oft hatten die Orks auch schon Posten oder gar Dörfer angegriffen und es war jedes mal wenig mehr als Glück gewesen, dass sie nicht weit gekommen waren. Sollte es mal zu einem gezielten Schlag kommen, hätte man kaum die Macht, sie aufzuhalten. Schaudernd hatte der junge Mann von unheimlichen Geräuschen berichtet, die von den Bergen her zu ihnen herüber drangen.
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Die letzte Königin
FanfictionAls Prinzessin Gondors genießt Firiel ein privilegiertes, wohl behütetes Leben. Doch als sie an den König des nördlichen Königreiches Arthedain verheiratet wird, ändert sich dies schlagartig. An der Seite eines ihr fremden Mannes reist sie in ein fe...