Der Hexenkönig von Angmar

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Tief über den Hals seines Pferdes gebeugt, preschte Aranarth über die Ebene. Seine Augen waren fest auf eine Gruppe Reiter vor ihnen fixiert. Während der letzten Minuten waren sie ihnen näher und näher gekommen. Zu Beginn hatte nur Glorfindel die Reiter erkennen können, dank seiner scharfen elbischen Augen. Doch nun war es auch für Aranarth möglich, mehr als einen verschwommenen Punkt am Horizont zu erblicken.

"Earnil!", brüllte er über das Hufgetrappel der Pferde hinweg. Doch er wusste gleichzeitig, dass es keinerlei Sinn hatte, zu rufen. Sie waren noch zu weit weg. "Schneller...", spornte er murmelnd sein Pferd an. Tatsächlich wurde das Tier noch ein wenig schneller und die gesamte Gruppe zog das Tempo weiter an.

Besorgt blickte Aranarth zu den Bergen, denen sie sich rasch näherten. Er wusste, dass sie direkt ins Herz des Reiches Angmar ritten. Zwar war die Streitmacht, die der Hexenkönig gegen sie geführt hatte, besiegt, aber der Hexenkönig selbst befand sich gerade irgendwo vor ihnen auf der Flucht in seine Festung.

Earnil, der König Gondors, hatte sich ohne zu zögern mit seinen Reitern an die Verfolgung gemacht, doch sie waren zu wenige, um gegen diesen Gegner zu bestehen. Aranarth hoffte, dass sie die Gondorianer erreichen würden, bevor diese den Feind konfrontierten.

Er tauschte einen besorgten Blick mit Mithrandir und trieb sein Pferd weiter. Sie durften nicht zu spät kommen, wenn sie eine Chance haben wollten.


Die Berge Angmars ragten bereits über ihnen auf, als die gondorianische Reiterei endlich in Rufweite gekommen war. Es war dunkel geworden und die Männer hatten Fackeln entzündet, um noch etwas erkennen zu können.

"Earnil!", rief Aranarth erneut. Er trieb sein erschöpftes Pferd zu einem letzten Spurt an und schaffte es endlich, die Reiter Earnils einzuholen. "Earnil!" Er konnte den König Gondors erblicken, der den Kopf wandte und dann mit einem unwilligen Blick sein Pferd zum Halten brachte. Die gesamte Reiterei hielt an und nun konnten die Elben an Aranarths Seite zu ihnen aufschließen.

"Aranarth!", sagte Earnil scharf und etwas ungeduldig. Er deutete nach vorne, wo schemenhaft Umrisse fliehender Orks zu sehen waren. "Wir müssen weiter, sie entkommen. Die Orks führen uns direkt zu ihrem Herrn. Wir können diesem Krieg ein für allemal ein Ende bereiten." Mit drängendem Blick sah er zu Aranarth.

Der junge Mann lenkte sein schweißnasses Pferd neben das Earnils und griff vorsorglich in dessen Zügel. Er wollte für einen Moment in Ruhe reden. "Wir werden ihnen folgen, aber zusammen.", erwiderte er, "Alleine habt ihr nicht den Hauch einer Chance. Deswegen mussten wir euch einholen."

Earnil nickte. "Wir müssen überlegt vorgehen,", fuhr Aranarth fort, "sonst werden sie uns entdecken." "Es ist sowieso zu spät.", erwiderte Earnil mit einem Mal bitter. Er deutete nach vorne. "Sie sind weg."

Schweigen fiel über sie. Aranarth konnte die Enttäuschung Earnils fast körperlich spüren und fragte sich, ob sie tatsächlich eben die Chance vertan hatten, den Krieg zu beenden.

"Es ist nicht zu spät.", erklang Glorfindels helle Stimme hinter ihnen. "Ich kann sie immer noch erkennen, klar wie am Tag." Aranarth wandte sich überrascht zu ihm um. "Löscht eure Fackeln, dann werden wir nicht mehr gesehen. Meine Elben können euch führen, wenn ihr nichts mehr sehen könnt.", fuhr der Elb ruhig fort.

Mit einem Mal brach Aufregung aus.Die Jagd war doch nicht vorbei. Eilig wurden die Fackeln gelöscht. Schwärze umfing sie. Nur noch die aufgehenden Sterne funkelten weit über ihnen.

"Wir sollten die Hufe der Pferde mit Stoff umwickeln, damit wir nicht gehört werden.", warf Mithrandir ein.

Langsam und vorsichtig, um sich in der Dunkelheit nicht zu verletzen, glitten die Männer von ihren Pferden und bereiteten sich auf den letzten Abschnitt der Verfolgung vor.

Die letzte KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt