Schniefend saß Firiel in ihrem Sessel vor dem Kamin. Das Feuer brannte knisternd und die Wärme durchdrang den ganzen Raum. Draußen herrschte seit zwei Tagen bereits dichtes Schneetreiben und es schien ganz so, als wolle es nicht aufhören zu schneien. Der Schnee türmte sich außerhalb der Stadt bereits meterhoch und in Fornost waren die Menschen ständig damit beschäftigt, ihre Häuser und Straßen von den Schneemassen zu befreien.
„Hier, Herrin." Osa trat an Firiel heran und deckte sie noch mit einer zweiten Decke zu. Fünf Tage waren vergangen, seit dem Firiel durch die Burg gestreift war und von Arvedui dafür gerügt worden war. Sie hatte viel zu viel Zeit an diesem Tag draußen in der Kälte verbracht und nun hatte sie sich eine üble Erkältung eingefangen. Seit Tagen lief ihr die Nase, sie hustete, ihr Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren. Und mittlerweile schien sie auch noch Fieber zu entwickeln. Müde und ständig erschöpft wechselte sie nur noch zwischen Bett und Kaminsessel hin und her. Sie schlief viel und träumte von ihrer Heimat, während der Winter Fornost in weiße Decken hüllte.
Arvedui schlief, seit Firiel krank war, in einem anderen Zimmer und kam nur selten vorbei, um nach ihr zu sehen. Das störte sie nicht sonderlich. Im Gegenteil, wäre sie nicht krank, hätte sie das durchaus genossen. Immerhin war Osa fast die ganze Zeit bei ihr. Die Dienerin war nicht gesprächiger geworden. Aber sie umsorgte Firiel in ihrer wortkargen und unterwürfigen Art. Firiel fühlte sich fast an eine Mutter erinnert, wenn Osa die Decken um sie herum zurecht zupfte, oder ihr eine Schale Suppe brachte.
Ein Hustenanfall schüttelte die junge Königin. Sofort stand Osa an ihrer Seite und hielt ihren schmerzenden Kopf, bis der Husten sich beruhigte. „Danke...", murmelte sie leise. Auch wenn sie sich noch immer wünschte, dass Osa mit ihr sprach, so hatte sie die alte Frau ins Herz geschlossen. Sie machte die Einsamkeit erträglicher. Manchmal schien es Firiel fast so, als hätte Osa Mitleid mit ihr. Auch wenn diese das natürlich nie sagen würde.
Mit einem bestickten Tuch putzte Firiel sich die Nase. „Es ist Zeit für euer Essen.", sagte Osa da. „Ich werde euch etwas Eintopf holen." Sie nickte nur und wickelte sich fester in die Decken. Ihr war schon wieder so entsetzlich kalt. Die Dienerin schloss die Tür hinter sich und Firiel schloss seufzend die Augen. Ihr Kopf tat so weh... Und ihr wollte trotz dem Feuer nicht so wirklich warm werden. Langsam kroch Angst in ihr hoch... Was wenn sie an dem Fieber starb? Zwar war sie noch jung, aber auch ihre Mutter war in jungen Jahren gestorben... Zitternd, und diesmal nicht vor Kälte, schlang Firiel die Arme um sich. War sie wirklich so krank? Sie wollte nicht sterben! Angstvoll sah sie in die Flammen. Ich werde Osa zu Sahil schicken, dachte sie im Stillen bei sich.
Da öffnete sich auch schon wieder die Tür und Osa trat mit einem Tablett in den Händen ein. Vorsichtig balancierte die Frau das Tablett zu ihrer Herrin und stellte es auf einem Tisch ab. Firiel lugte zum Essen. Ein dampfender Becher Tee stand da, neben einer Schüssel heißem Eintopf und etwas Schinken. Osa nahm den Becher Tee und reichte ihn Firiel. Vorsichtig nahm sie einen Schluck und verzog das Gesicht. Der Tee war bitter. „Was ist das?", fragte sie. Osa neigte den Kopf zu Boden, bevor sie antwortete. „Ein Kräutertee. Ich habe Sahil getroffen, der mir diese Kräuter für euch gegeben hat. Sie sollen das Fieber senken. Er wird nachher auch kommen, falls ihr nichts dagegen habt, Herrin." Firiel lächelte. „Das ist gut.", erwiderte sie. Tapfer nahm sie noch ein paar Schlucke, dann gab sie den Becher zurück und deutete auf die Suppe. Osa setzte sich auf einen Schemel ihr zu Füßen und tauchte einen Löffel in den Eintopf. Vorsichtig begann sie ihre Herrin zu füttern.
Erschöpft lehnte Firiel sich zurück. „Ich kann nicht mehr, Osa.", meinte sie müde. Bis zur Hälfte hatte sie den Eintopf gegessen und sogar ein wenig auf dem zähen Schinken herum gekaut. „Hilf mir ins Bett...", sagte sie. Wenig später deckte Osa sie umsichtig zu und packte sie fest in Decken und Felle ein. Matt ließ Firiel sich zurück sinken und schloss erschöpft die Augen. Langsam wurde ihr warm. Sie könnte tagelang schlafen, einfach nur schlafen. „Bleibst du hier?", flüsterte sie. „Ja, Herrin.", erwiderte die Dienerin nur.
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Die letzte Königin
Fiksi PenggemarAls Prinzessin Gondors genießt Firiel ein privilegiertes, wohl behütetes Leben. Doch als sie an den König des nördlichen Königreiches Arthedain verheiratet wird, ändert sich dies schlagartig. An der Seite eines ihr fremden Mannes reist sie in ein fe...