Am Strand der Bucht von Forochel lag der riesige Wal, den die Männer des Dorfes am Vortag erlegt hatten. Der tranige Geruch des Tieres vermischt mit dem beißenden Rauch der vielen Feuer, die daneben entzündet worden waren, lag über der Gegend, drang in jedes Haus ein und nahm einem den Atem.
Es war nur ein kleiner Wal, hatte Ersho erklärt, aber Arvedui kam dennoch nicht aus dem Staunen heraus, als er sich am Morgen der Stelle näherte, wo das Tier lag. Am Mittag des vorigen Tages war der Wal in die Bucht gekommen und obwohl das Wetter noch unberechenbar und stürmisch war, hatte Ersho die Jagd befohlen. Die Vorräte wurden knapp und das Fett des Wales war zu kostbar, um diese Gelegenheit verstreichen zu lassen. Da das Tier nah an den Strand heran gekommen war, war die Gefahr, in einen Sturm zu geraten, nicht allzu groß.
Voller Staunen hatten Arvedui und seine Männer zusammen mit den übrigen Menschen des Dorfes die Jagd verfolgt. Sein Respekt vor den Lossoth war an diesem Tag weiter gestiegen, als er gesehen hatte, wie sie in ihren kleinen Booten, mit nichts als Harpunen bewaffnet, das Tier zur Strecke brachten.
Sie hatten den Wal an den Strand geschleppt, wo die Frauen bereits eifrig Feuer entzündet hatten. Arvedui und seine Männer hatten bereitwillig mit angepackt, um ihren Gastgebern einen Teil ihrer Großzügigkeit zu vergelten. Auf Ershos Anweisung hin hatten sie geholfen, den Wal zu zerteilen und die Stücke an Land zu schleppen. Bald schon hatte der Geruch des Walfettes die Luft erfüllt, als große Stücke davon über den Feuern erhitzt wurden. Das Fleisch darunter hatten die Frauen zum Räuchern aufgehängt und am Abend waren die ersten Stücke frisches Walfleisch verteilt worden.
Die Räucherfeuer hatten auch über Nacht noch weiter gebrannt, bewacht von einigen wenigen Bewohnern des Dorfes. Diese zogen sich nun in ihre Hütten zurück, während die anderen die Arbeit des Vortages wieder aufnahmen.
Arvedui erkannte Ersho, der an der Flanke des Wals stand, und gesellte sich zu ihm. Der Anführer der Lossoth nickte ihm nur kurz zu und reichte ihm einen der Schaber, die sie benutzten, um die obere Fettschicht von Fleisch und Haut zu kratzen. Am Vortag hatte Ersho ihnen noch ihre Aufgaben erklären müssen, mittlerweile wusste Arvedui was zu tun war. Er packte den Schaber und begann die merkwürdig feste, weiße Fettschicht von dem darunter liegenden roten Fleisch zu schälen. Blut und Wasser rannen ihm über die Finger, die bald kalt und nass waren. Doch er achtete nicht darauf, sondern arbeitete stumm weiter. Auch den Gestank des Tieres nahm er bald nicht mehr wahr.
Die abgetrennten Fettstücke warfen sie in einen Korb und als dieser voll war, nahm Arvedui ihn hoch und trug ihn zu den Feuerstellen, an denen die Frauen das Fett auskochten und aussiebten. Er erblickte Yara, die Frau Ershos, die die anderen anleitete. Sie lächelte kurz scheu, als er den Korb abstellte, einen leeren nahm und zum Wal zurück kehrte.
Kühler Wind kam auf und fuhr ihm durch die Haare. Zum wiederholten Mal war er froh über den Mantel aus grau-braunem Robbenfell, den Yara ihm genäht hatte. Das Fell hielt Wind und Wasser zuverlässig ab.
Sein Blick glitt über die arbeitenden Menschen. Zwischen ihnen verteilt erblickte er die Überlebenden seiner Soldaten, allesamt wie er in die Fellkleidung der Lossoth gehüllt. Mit ihm waren es neunzehn Männer, die der Schlacht um Fornost entkommen waren und es hier her geschafft hatten. Einträchtig arbeiteten sie mit den Bewohnern des Dorfes zusammen. In den Wochen, die sie nun schon hier waren, hatten einige von ihnen ein paar Brocken des eigentümlichen Sprache der Lossoth gelernt. Sie alle waren dankbar, hier eine Zuflucht für einige Zeit gefunden zu haben.
Arvedui ging zurück an Ershos Seite und nahm seine Arbeit wieder auf. Während der Lossoth weiter das Fett vom Fleisch abtrennte, ging Arvedui dazu über, das darunter liegende Fleisch vom Knochen zu schälen. Damit es nicht schlecht wurde, musste es möglichst rasch geräuchert werden.
DU LIEST GERADE
Die letzte Königin
Fiksi PenggemarAls Prinzessin Gondors genießt Firiel ein privilegiertes, wohl behütetes Leben. Doch als sie an den König des nördlichen Königreiches Arthedain verheiratet wird, ändert sich dies schlagartig. An der Seite eines ihr fremden Mannes reist sie in ein fe...