Trost und Aufbruch

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„Meine Königin!" Eine Stimme, drängend und scharf, durchbrach die Dunkelheit um sie herum. Sie konnte spüren, wie sie jemand in eine sitzende Position zog. Schritte waren zu hören. Undeutlich meinte sie, noch eine zweite Person im Raum zu hören. Nur langsam kehrte ihr Bewusstsein zurück. Firiel wurde gegen etwas hartes gelehnt. „Wacht auf! Ihr müsst die Augen auf machen!", hörte sie erneut diese unerbittliche Stimme, die sie zurück in die Realität zog.

Doch sie wollte nicht. Ihr ganzer Körper schien zu schmerzen. Alles tat weh. Sie wollte wieder in diese gnädige Dunkelheit zurück sinken. Vater..., dachte sie voller Trauer, Faramir, Artamir... Tränen sammelten sich in ihren Augen. Es konnte nicht sein, es durfte nicht sein!

Eine Hand klatschte ihr unsanft ins Gesicht. Es war kein Schlag, aber genug, dass Firiel erschrocken die Augen aufriss. Vor ihr kniete Arvedui und hinter ihm stand Orla, die dem König ein Tuch hin hielt. Der nahm es entgegen und drückte es auf Firiels Stirn. Es war nass und kalt. Sie spürte, wie Wasser ihr Gesicht hinab rann. Die Tränen, die still begannen, zu fließen, vermischten sich damit.

Wortlos sah sie ihren Mann an. In ihren grauen Augen lag stilles Entsetzen. Langsam begann die Erkenntnis an ihr zu nagen. Sie würde ihre Familie nie mehr wieder sehen. Aranarth und Arvedui waren das einzige, was ihr noch geblieben war.

„Es... Es tut mir leid, meine Königin.", sagte Arvedui leise. Seine blauen Augen musterten sie ruhig. Sie erwiderte seinen Blick. Die Miene des Königs war unerwartet sanft. Firiel aber sagte nichts. Ungehindert floßen ihr Tränen über das Gesicht. Sie verstand es immer noch nicht.

„Habt ihr euch verletzt?", fragte Arvedui nun. Für einen Moment war ihr nicht klar, was er meinte. Dann verstand sie, er sprach von ihrem Sturz. Langsam schüttelte sie den Kopf. Der König nickte. „Ihr müsst aufstehen. Kommt!", sagte er. Ihr eine Hand hin haltend, stand er auf. Für einen Moment blieb Firiel sitzen. Warum musste sie aufstehen? Konnte sie hier nicht bleiben? Orla eilte an ihre Seite und legte die Arme um sie. „Meine Herrin.", murmelte sie leise. Dann zog sie Firiel vorsichtig nach oben.

Arvedui ergriff Firiels Hand und zusammen halfen er und die Dienerin ihr auf. Schwankend und wackelig stand Firiel auf ihren Beinen. Eigentlich wollte sie nur wieder ohnmächtig werden. Schwer stützte sie sich auf Arvedui, der sie zum Sessel am kamin führte. Zittrig setzte sie sich und wurde von ihrem Mann mit einer Decke zugedeckt. Orla eilte los, einen Kelch Wein zu holen und gab ihn Firiel. Mit starren Fingern umklammerte die Königin den Becher und nahm einen Schluck.

„Vielleicht ist es euch ein Trost, dass es dem Vetter eures Vaters gelungen ist, die Wagenfahrer zu verjagen. Gondor wird nun frei von dieser Plage sein. Euer Vater und eure Brüder sind nicht sinnlos gefallen. Sie starben für ihr Land.", sagte Arvedui leise. Firiel hob den Blick und sah in die Augen ihres Mannes. „Es wäre besser gewesen, hätten sie länger für ihr Land leben können.", flüsterte sie schwach. Arvedui seufzte. „Der Tod Ondohers und seiner Söhne ist ein harter Schlag.", erwiderte er, „Ich habe sie nur kurz gekannt, doch ich habe euren Vater sehr bewundert. Er war ein großer König." Firiel nickte stumm.

„Nun ist Gondor ohne König.", fuhr Arvedui fort. Er stand am Fenster und sah nach draußen. „Ihr seid das letzte noch lebende Kind Ondohers. Damit würde die Thronfolge an euch fallen, wärt ihr sein Sohn." Firiel drehte den Kopf ihm zu. Worauf wollte er hinaus? Konnte er nicht still sein und sie in Frieden lassen? Sie nahm am Rande wahr, dass er versucht hatte, sie zu trösten. Doch wünschte sie sich nur, dass er ging und sie allein ließ.

„Da ihr eine Frau seid, läßt das Gondor ohne direkten Erben. Es werden viele versuchen, Anspruch auf den Thron zu erheben. Ich kann nicht ausschließen, dass sich auch Männer um den Thron streiten, die nur die Macht sich wünschen und denen die Allianz unserer Länder gleich ist.", sprach Arvedui weiter. „Und was werdet ihr dagegen unternehmen, mein König?", fragte Firiel mechanisch. Arvedui wandte sich ihr und Orla zu. „Ich werde nach Gondor reiten und selbst den Thron Gondors einfordern. Als euer Ehemann habe ich ein Recht auf diese Krone.", verkündete er.

Die letzte KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt