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"Ich frage ein letztes Mal: Wie lautet dein Name?"

Ich saß mit verschränkten Armen hinter Gittern, schwieg weiterhin. Seit ich hier aufgewacht war hatte ich kein Wort gesagt, und hatte es nun auch nicht vor. Anscheinend wollten sie mich zuerst meinen Rausch ausschlafen lassen und mich dann befragen. Ich fand es lächerlich. Das Einzige, worüber ich nachdachte, waren Dario und Adriana.

Der Polizist saß auf einem Sessel, auf der anderen Seite meiner Zelle. Er schien schon ziemlich frustriert. Ich erwiderte seinen Blick herausfordernd. Er seufzte.

"Wir wollen deinen Namen, um zu wissen, wen wir kontaktieren sollen. Offensichtlich bist du noch nicht volljährig, weshalb du nicht in zu großen Schwierigkeiten bist. Wenn du kooperierst, werden die Konsequenzen deiner Taten möglicherweise gesenkt. Ich bin nicht der Böse hier."

Ich seufzte und kratzte mir den Hinterkopf. Was hatte ich hier wirklich? Adriana hatte recht, ich hatte mich schon längst entschieden. Das Einzige, das dagegen sprach, war meine Angst. War Angst nicht nur eine Illusion?

"Schau-"

"Darf ich einen Anruf machen?", fragte ich mit leiser Stimme, der Polizist blinzelte überrascht. Er lächelte leicht. "Natürlich. Ich gebe dir das Telefon, sobald du mir deinen Namen verrätst. Deal?"

Ich kratzte mir die Nase und murrte. Dann sagte ich leise 'Carla'.

"Carla? Und der Nachname?"

"Moreno."

Es war ein komplett zufällig gewählter Name. Nun hatte ich verkackt, denn sie würden diesen Namen prüfen. Bedeutet, jetzt musste ich raus.

Der Polizist lächelte sanft. "Siehst du, war doch nicht so schwer? Danke, du bist in kürzester Zeit wieder Zuhause."

Ich lächelte leicht, zwang mich dazu. Zuhause war jetzt keine Option mehr. Doch wann hatte ich jemals wirklich eines.

"Geben Sie mir bitte wieder mein Telefon? Ich möchte meine Mutter anrufen."

"Natürlich." Er stand auf und verschwand für ein paar Minuten. Schließlich kam er zurück, hielt mir Darios Handy hin. "Macht es etwas aus, wenn ich hier bleibe?"

"Nein", meinte ich leise, ergriff das Handy sofort. Der Sperrbildschirm war ohne Passwort, weshalb ich sofort hineinkam. In den Kontakten war nur eine einzige Nummer. Ich rief an.

"Das Gefängnis ist nicht so angenehm?" Dario klang amüsiert und ich zwang mich, nicht die Augen zu verdrehen. "Hey Mama."

"Wo bleibst du?" Er verstellte seine Stimme auf eine viel höhere. "Äh...ich bin im Gefängnis."

"Schon wieder? Ach, Cara."

Hörte er mich ab oder was? Ich konnte es mir gut vorstellen dass er durch das Handy alles abgehört hatte. Ich seufzte.

"Kannst du mich abholen kommen?"

"Also hast du dich für Ja entschieden?" Nun klang er wieder ernst. Ich blickte kurz zu dem Polizisten und wandte den Blick dann wieder ab. "Ja."

"Ganz sicher? Du weißt nur so halb, um was es geht. Wenn du denkst es wird schlimm, es wird zehnmal schlimmer." Kurz zögerte ich. Doch dann kam wieder auf: Was würde ich tun, wenn ich das nicht versuche? Das Schlimmste das passieren konnte war, dass die beiden mich wirklich nicht verarschten und ich starb. Aber sterben klang nicht wirklich schlimm.

"Ja."

"Ich schicke dir eine Frau, braune, lockige Haare mit einem übertrieben buntem Kleid. Sie ist deine Mutter. Sag dem Polizisten, sie ist in zwei Minuten da, da sie gerade hier in der Nähe spazieren ist."

Camila - WickedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt