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"Konzentration, Vera!"

Ich stieß frustriert die Luft aus, ließ meine Fäuste sinken. "Ich bin etwas abgelenkt, Michael."

"Ich weiß. Doch Darios Zustand sollte dich nicht behindern, so toll der Junge auch ist. Du weißt, was wir immer sagen." Ich atmete tief durch, senkte meinen Kopf. "Gefühle sollten niemals unser Urteil fällen und Emotionen sollten uns nie unsere Pflicht vernachlässigen lassen."

"Ganz genau." Michael trat etwas auf mich zu, legte seine Hand auf meine Schulter. Ich hob meinen Kopf. Sein Blick wurde etwas weicher. "Ich mache mir auch Sorgen um ihn, Vera. Aber er wird es schaffen."

"Wie, wenn wir Leo nicht finden können? Sicher, Owen ist talentiert, doch Dario braucht Leo", erwiderte ich einfach und Michael seufzte. "Keine Ahnung, warum er einfach verschwinden würde. Doch Owen hält Dario stabil."

"Kann man mit ihm reden?" Ich durfte nicht zu Dario, wenige durften wirklich. Owen verbrachte die meiste Zeit seines Tages bei ihm, schien das sehr ernstzunehmen.

"Er ist noch zu schwach." Ich biss mir auf die Lippe. Drei Tage waren seit seinem Auftrag vergangen. Owen berichtete, dass er sich besserte, doch noch nicht ansprechbar war. Ich hatte nicht viel mitbekommen, doch anscheinend hatte Dario Freddy etwas erzählt über eine Gruppe von Männern, die ihn angegriffen hatte.

"Komm schon, lass uns weitertrainieren. Dario ist sicher bald wieder fit." Ich nickte, begab mich wieder in Kampfposition. Ein Messer in meiner rechten Hand.  Ich wartete auf Michaels Anordnung. Er trat zurück.

"Und los."

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"Ich komme auf nichts, Rose. Niemand zeigt irgendwelche Anzeichen darauf, der Maulwurf zu sein." Ich ließ mich auf das Bett fallen, stieß frustriert die Luft aus. "Ich rede mit so vielen Auszubildenden. Langsam bezweifle ich, dass es einer von denen ist."

"Mach einfach weiter wie bisher. Du bist nicht allein, und wir überwachen auch die ausgebildeten Assassinen. Es ist einfach wahrscheinlicher, dass es jemand ist, der noch nicht so lange bei uns dabei bist, weißt du?" Ich nickte. "Ich weiß. Trotzdem, es fühlt sich so an, als würde ich etwas Wichtiges übersehen."

"Vera." Rose stand von ihrem Stuhl auf, legte sich stattdessen neben mich und stützte sich mit ihrem Arm ab. Sie nahm eine Strähne meiner Haare, zwirbelte sie um ihren Finger. "Du redest so, als wärst du allein hier drin. Und es ist verdammt gut, wenn du das so ernst nimmst. Aber du bist nur eine Auszubildende. Eine Schülerin. Lass uns die großen Sachen machen, und du konzentrierst dich auf deine Ausbildung."

Ich atmete tief durch, schloss meine Augen. Rose spielte weiter mit meinen Haaren, blieb still. Wieder wanderten meine Gedanken zu dem Thema, das mich beschäftigte, seit ich das Angebot bekommen hatte. Fest biss ich mir auf die Lippe.

"Ich sollte meine Ausbildung beenden, Rose."

"Könntest du schon zur Prüfung antreten?", fragte sie neugierig, ich schlug meine Augen auf. "Ja. Für die morgen ist es schon zu spät. Aber ich hätte da antreten dürfen."

"Wow." Rose lächelte leicht. "Und du bist noch nicht einmal sehr lange hier."

"Es fühlt sich ewig an."

"Verstehe ich."

Ich blickte ihr in die Augen. Sie legte ihren Kopf leicht schief, ihr Lächeln verschwand. Ihre Hand wanderte von meinem Haaren zu meinem Gesicht, ihre Finger umgriffen mein Kinn sanft. Sie sah mich ungewöhnlich ernst an. Ich lachte leicht. "Habe ich etwas im Gesicht?"

Camila - WickedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt