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Ein schrilles Klingeln riss uns aus dem Land der Träume. Ich vernahm ein Murren seinerseits während er den Wecker abstellte, dann entriss er mir die Bettdecke, unter der ich mich gerade versteckt hatte.

„Hey, du bist gemein!", meckerte ich, obwohl ich wusste, dass es sowieso keinen Sinn machte, schließlich musste ich meine Oma abholen.

„Los, raus aus den Federn mit dir, du kleiner Giftzwerg!", grinste er mir entgegen.

„Giftzwerg? Na warte..."
Ich pfefferte ihm meinen Polster ins Gesicht, aber er lachte nur, schubste mich aus dem Bett und klatschte mir dabei auf den Po. Mit einem Quietschen landete ich auf dem Boden.
„Das bekommst du zurück!", war alles, was mir dazu einfiel.

Sein blitzenden Augen und das schmutzige Grinsen waren eigentlich schon Antwort genug.
„Ich freue mich schon darauf!", raunte er mir zu, „und nun los, sonst kommst du spät. Und zieh' dir für Nachher etwas Warmes an."

Stutzend verharrte ich einen Moment lang.
„Was Warmes? Was machen wir denn?"

Doch Till zuckte nur mit den Schultern und murmelte etwas von einer kleinen Überraschung.
Hektisch schlüpfte ich in meine Sachen, warf mir meine Jacke über, küsste ihn zum Abschied und eilte zu meinem Auto. Es war bereits dreißig Minuten vor 13:00 Uhr und ich wollte auch noch duschen bevor ich mich mit Oma wieder auf dem Weg ins Hotel machte.
In Feldkirchen angekommen wurde ich schon erwartet.

„Mei Kind, wo bleibst denn solange? Wir müssen gleich los!"
Omas Begrüßung fiel sehr ungeduldig aus.

„Bin ja schon da, ich hüpfe nur schnell unter die Dusche und ziehe mir etwas Frisches an, dann können wir los."

„Aber das geht sich doch nicht mehr aus!", hörte ich sie mir nachrufen, doch ich lief bereits die Treppe hinauf und verschwand im Badezimmer.

„Ich beeile mich", war meine knappe Antwort und keine fünfzehn Minuten später stand ich fix fertig in Jeans, T-Shirt, Sweater, Boots und meiner Winterjacke im Vorzimmer und half meiner Oma in ihre Jacke.
„Siehst du, geht sich alles aus", beruhigte ich sie.

„Das nächste Mal fährst halt ein bisschen früher weg."

Diskussionen waren das letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, so schwieg ich die paar Minuten, die wir zum Aschbacher Hof brauchten. Oben angekommen, begleitete ich sie noch ins Innere, wo uns Till schon mit einer Tasche entgegen kam. Er zwinkerte mir zu und verschwand Richtung Parkplatz. Wir fanden Gitta bereits im Restaurant vor und setzten uns zu ihr. Gerade wollte ich mir etwas zu trinken bestellen, da tauchte Till auf und sagte, zu mir gewandt: „Können wir los?"
So verabschiedete ich mich schnell und wir verließen die Räumlichkeiten. Er führte mich zu seinem Auto, öffnete mir – ganz Gentleman – die Türe und nahm dann hinter dem Steuer Platz.

„Jetzt sag, wo geht's hin?"
Neugierig war ich ja überhaupt nicht.

„Ist nicht weit von hier. Lass dich überraschen."

Mehr war ihm nicht zu entlocken, doch konnte er seine Schadenfreude nicht ganz verbergen, mich leicht schmollend neben ihm sitzend zu sehen.
Keiner von uns sagte etwas – der Radio lief leise im Hintergrund und Till hatte seine Hand auf meinem Oberschenkel (ein Lob den Automatikautos).
Nach zwanzig Minuten bog er von der Landstraße auf einen Schotterweg ab, der zwischen einem Erdwall und Feldern entlang auf einen Wald zuführte. Am Ende dieser Rumpelpiste fiel der Wall etwas ab und gab ein eisernes Tor preis.
Er parkte das Auto vor selbigem und schielte mit einem spitzbübischen Grinsen in meine Richtung. Etwas verwundert sah ich ihn.

„So fangen schlechte Horrorfilme an, das ist dir schon klar, oder?", schmunzelte ich.

Ein kehliges Lachen entwich ihm, er stieg aus und hielt mir wieder die Türe auf, damit ich aussteigen konnte.
Ich blickte mich – einmal um die eigene Achse drehend – um. Diese Gegend kannte ich nicht, soviel stand fest. Am Ende vorhin erwähnten Weges begann ein lichter Wald, neben mir das undurchlässige Tor, der Wall und die Felder auf der gegenüberliegenden Seite.
Till hatte inzwischen eine längliche Tasche aus dem Kofferraum befördert und hantierte mit einem Schlüssel am Tor herum. Mit lautem Quietschen gab dieses schließlich nach und er bedeutete mir, ihm zu folgen. Hinter mir quietschte es ein weiteres Mal und signalisierte mir, dass das Tor wieder in Schloss gefallen war – und ich stand im Paradies!

DahoamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt