Etwas außer Atem aber zutiefst zufrieden lag ich auf dem Rücken, Tills Kopf ruhte auf meinem Bauch und sein warmer Atem kitzelte meinen Nabel. Meine Linke strich ihm immer wieder über den Kopf, meine Rechte hielt seine Hand. An seiner Atmung konnte ich erkennen, dass er bereits eingeschlafen war. Ich musste lächeln – dieses Gefühl der Geborgenheit füllte mich aus und brachte mich fast zum Platzen vor Glückseligkeit. An Schlaf war jetzt nicht zu denken – so lauschte ich seinen ruhigen Atemzügen und den leisen Geräuschen, die von draußen an meine Ohren drangen: in der Ferne war ein Käuzchen zu vernehmen und nicht allzu weit entfernt schreckte ein Reh. Immer wieder ließ ich meinen Blick aus dem Fenster wandern, kleine Wolken verschleierten ab und an den Mond und tauchten den Raum in ein weiches Licht.
Ich dachte an den – mittlerweile – heutigen Tag und an die bevorstehende Abreise. Das war doch alles total surreal! Ich lag hier im Bett mit einem Mann, der mich um den Verstand fickte, einem Mann, den ich nicht einmal in meinen kühnsten Träumen erwartet hatte zu treffen, und morgen sollte ich schon wieder zur Arbeit gehen, als wäre nichts gewesen? Vor mich hin grinsend spielte ich an Tills Haaren herum – was für ein Abenteuer die letzten Tage doch gewesen waren.
An den Abschied mochte ich keinen Gedanken verschwenden, das würde sowieso viel zu schnell passieren.
Ein letzter Blick hinaus zu den Sternen, dann schloss ich mit einem zufriedenen Lächeln die Augen und ließ mich von Tills leisem Schnarchen in die Schlaf wiegen.„AU...scheiße!", fluchend wurde ich munter.
Ein Schlag auf die Nase hatte mich aus meinen Träumen gerissen und Tränen schossen mir in die Augen. Ich spürte etwas Warmes über meine Lippen laufen und schmeckte Blut.Großartig!
Halb liegend, halb sitzend betätigte ich den Schalter der kleinen Bettlampe und hielt mir die Hand vor Nase und Mund. Till lag noch immer halb auf mir, zuckte unkontrolliert, schlug immer wieder um sich und atmete schwer. Mit meiner freien Hand packte ich ihn am Arm und hielt ihn fest.
„Till! Himmelherrgott nochmal, wach doch auf...Till!"
Seine Bewegungen stoppten abrupt.
„Hmm...was?"
Verschlafen fuhr er sich mit einer Hand übers Gesicht und drehte sich zu mir. Seine Augen weiteten sich vor Schreck als er mich erblickte.
Er hatte mich heftig an der Nase erwischt und mittlerweile rann das Blut zwischen meinen Fingern hindurch und tropfte auf meine Brüste. Der Versuch, Aufzustehen und mich zu säubern, scheiterte jedoch kläglich, als mir jäh schwarz vor Augen wurde und ich wieder ins Bett zurücksank.„Was hast du denn angestellt?", waren die letzten Worte, die ich vernahm bevor alles begann, sich zu drehen und die Dunkelheit mich verschluckte.
Etwas Kaltes berührte mein Gesicht. Langsam, ganz langsam öffnete ich meine Augen. Ich befand mich noch immer im Bett, allerdings waren meine Beine hochgelagert worden und ein nasses, kaltes Tuch lag auf meiner Stirn. Irgendetwas verstopfte meine Nase, doch momentan kam ich einfach nicht drauf, was es war. Erst einige Momente später bemerkte ich, dass Till neben mir saß und meine Hand hielt.
„Gut, du bist wieder wach." Ein erleichtertes Aufatmen. „Wie fühlst du dich?"
Ich verdrehte die Augen.
„Als hätte mir ein Hr. Lindemann auf die Schnauze gegeben...", gab ich murmelnd zurück.„Was...?"
Ich schnaufte durch den Mund aus.
„Du hast offenbar schlecht geträumt und um dich geschlagen und mir dabei eine verpasst."In seinem Blick konnte ich das Entsetzen sehen. Er drückte meine Hand fester, doch ich unterbrach ihn leise.
„Und wenn du jetzt noch fester zudrückst, zerquetscht du mir auch noch meine Hand – und die brauche ich fast noch dringender als meine Nase."
Wie von der Tarantel gestochen ließ er sie los und starrte mich an.
„Machst du Witze?", unschlüssig saß er neben mir.
„Nein, keine Witze. Das da", ich deutete auf meine Nase, „ist dein Werk. Gratulation, Hr. Lindemann, Sie haben soeben eine Frau K.O. geschlagen!"
Ein kleines Grinsen konnte ich mir trotz dieser skurrilen Situation nicht verkneifen. Ich nahm seine Hand während ich an mir hinunter blickte und das verkrustete Blut auf meinem Oberkörper entdeckte.„Hilfst du mir bitte hinüber zum Waschbecken? Ich sehe ja aus wie du auf der Bühne bei Mein Teil!"
Ein tiefes, leises Lachen war die Antwort. Gut, die Stimmung war zumindest nicht mehr im Keller.
Während Till vom Bett aufstand, mich vorsichtig hochzog und mich sicherheitshalber stützte, befühlte ich meine Nase und verstand endlich, warum ich keine Luft durch selbige bekam: Er hatte mir ein Taschentuch in die Nase gestopft, um die Blutung zu stillen. Langsam entfernte ich es, doch der Anblick des verfärbten Tuches ließ mich ins Wanken geraten, so schloss ich schnell die Augen und lehnte mich an Till. Obwohl ich nichts sah, konnte ich das Grinsen in seiner Stimme hören.„Du erlegst Tiere und zerlegst sie, aber dein eigenes Blut kannst du nicht sehen?"
„Ja, ganz komisch, ich kippe auch fast jedes Mal beim Blutabnehmen um oder sobald ich größere Nadeln sehe, nur beim Tätowieren macht das nichts", gab ich murmelnd zur Antwort.
Er hatte mich in der Zwischenzeit vor das Waschbecken dirigiert und hielt mich weiter an der Taille fest. Ich betrachtete mich im Spiegel: Die Nase gerötet und blutverkrustet und unter dem rechten Auge zeichnete sich langsam ein blauer Fleck ab. Ich rollte mit den Augen und atmete tief ein und aus.
„Hier kommt der Fleischermeister", murmelte ich und sah Till durch den Spiegel hindurch an.
Einen Moment starrten wir uns an, dann schütteten wir uns beide aus vor Lachen – solange, bis ich keine Luft mehr bekam und japsend am Becken hing.
Till reichte mir ein Handtuch, welches ich dankend annahm und unter das warme Wasser hielt, um die restlichen Spuren zu beseitigen. Währenddessen hatte er seine Arme um mich gelegt, und küsste meine Schultern.„Es tut mir so leid!"
Sein Flüstern gegen meinen Hals ließ mich in meinem Tun stoppen und ich fuhr mit einer Hand über seine Wange.
„Schon gut, halb so schlimm. Aber jetzt brauche ich für später eine plausible Ausrede, ich kann ja schlecht sagen, dass du mich geschlagen hast – auch wenn es ein Unfall war", gab ich grinsend zur Antwort.
„Das ist nicht lustig", ernst fixierte Till mich mit seinem Blick und ich konnte das schlechtes Gewissen darin erkennen.
Ich legte das Handtuch beiseite und drehte mich in seinen Armen um.
„Doch, irgendwie schon. Aber vielleicht revanchiere ich mich nachher noch und verpasse dir auch ein paar blaue Flecken oder ein paar neue Kratzer auf dem Rücken, dass wir quitt sind!"
Ich streckte ihm die Zunge heraus.„Du bist unmöglich!", knurrte Till und drückte mich neben dem Waschbecken an die Wand, seine Lippen auf meinen, seine Zunge fordernd in meinem Mund.

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Dahoam
FanfictionIn Gedanken versunken beobachtete ich die Gegend, genoss die Sonne und hörte erst viel zu spät den Schotter knirschen, was darauf hindeutete, dass ich gleich Gesellschaft bekommen sollte. Ein genervtes „Geh bitte... echt jetzt?" kam über meine Lippe...