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Vor Freude und Nervosität wälzte ich mich im Bett herum und konnte nicht mehr einschlafen. Nach einer geschlagenen Stunde gab ich auf, knipste das Nachtlicht an und fischte meine Bettlektüre hervor. Vielleicht kam ich beim Lesen auf andere Gedanken. Nachdem ich die Seite nun zum gefühlt zehnten Mal gelesen hatte, und noch immer nicht wusste, um was es ging, verwarf ich auch diesen Gedanken wieder, stand auf, fütterte die beiden Stubentiger und schaltete den Fernseher ein. Es lief eine Folge Two And A Half Men und innerhalb weniger Minuten war ich auf der Couch eingenickt.

Etwas unsanft wurde ich wenige Stunden später von Paulchen geweckt, der immer wieder über die Couch tobte und auch vor meinem Rücken nicht Halt machte.

„Och Paulchen, muss das sein?!", grummelte ich vor mich hin.

Warum lag ich eigentlich auf der Couch? Ach ja, ich hatte nicht mehr schlafen können – wegen Till.
TILL! Hatte ich das nur geträumt, oder wollte er mich wirklich wieder sehen?
Hastig stand ich auf, um nach meinem Handy zu suchen. Etwas planlos lief ich durch die Wohnung bis ich es im Bett neben dem Kopfpolster entdeckte.
Erleichtert stellte ich fest, dass das Telefonat wirklich stattgefunden und ich in den letzten Stunden auf der Couch keine Nachricht (von ihm) verpasst hatte. Wahrscheinlich schlief er noch seinen Rausch aus.
Dafür beantwortete ich mal die Nachrichten, die ich gestern noch von meinem Bruder erhalten hatte. Er wollte natürlich auch ganz genau wissen, wen ich im Urlaub kennengelernt hatte und was es so Neues gab. Ich schickte ihm eine kurze Zusammenfassung – ohne Tills Namen zu erwähnen – und im Anschluss schrieb ich noch eine kurze Nachricht an Tanja:

Hi,
haben heute früh telefoniert. Werden uns bald wiedersehen.

Wenn sie Zeit hatte, würde sie sich schon melden.
Kurz überlegte ich, was ich mit den gestrigen Fotos noch anstellen könnte, bis mir einfiel, dass ich das doch am Abend schon erledigt hatte. Somit hatte ich ein komplett freies Wochenende, ohne Termine, ohne Verpflichtungen!
Zuerst drehte ich die Musik am Handy laut auf - heute durfte es wieder Rammstein sein – dann sprang ich unter die Dusche, genoss das heiße Wasser auf meiner Haut und sang laut mit, als Tills Stimme zu „Bück Dich" durch das Badezimmer hallte.

Gut gelaunt verabredete ich mich mit meinem Jagdleiter Ferdinand zum Brunch. Das letzte Mal lag auch schon einige Zeit zurück und nachdem die Jagdsaison bald wieder richtig startete, waren noch einige Sachen zu klären. Das ließ sich bei einem späten Frühstück am besten bereden.
Gerade als ich vor dem Café in Baden parkte, läutete mein Telefon: Till!
Über die Freisprechanlage im Auto nahm ich das Gespräch entgegen.

„Einen wunderschönen guten Morgen, Hr. Lindemann!"

„So förmlich heute?", lachte er mir leise entgegen.
„Tut mir leid, dass ich dich heute Früh aufgeweckt habe, das hätte auch noch einige Stunden warten können, aber..."

„Kein Ding, wirklich. Du hast mich zumindest vor einem richtig komischen Traum bewahrt."
Kurze Pause.
„Außerdem war es schön, deine Stimme zu hören", nuschelte ich.

Sein tiefes Lachen drang aus den Radioboxen und erfüllte mein Auto.

„Bist du gerade unterwegs oder hast du kurz Zeit?"

„Noch habe ich Zeit, ich bin nur zum Brunch verabredet."

„Gut! Wie sieht denn dein Dienstplan für die nächsten Tage aus?"

„Ähm, Dienstag bis Freitag im Shop arbeiten und Sonntag steht ein Fotoshooting an, warum?", gab ich etwas verwundert zur Antwort.

„Hm, keine Chance, zumindest das Wochenende frei zu bekommen?", aus seiner Stimme konnte ich die Enttäuschung hören.

DahoamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt