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Der Tag begann für uns erst weit nach Mittag. Wir hatten bis früh in die Morgenstunden wach gelegen und geredet, bevor wir eingeschlafen waren. Ich verschwand als erste im Bad, da Till noch tief schlief. Eine belebende, eiskalte Dusche später saß ich in kurzen Hosen und Tanktop mit dem Laptop im Wohnzimmer, und arbeitete mich durch die Fotos des gestrigen Shootings. Während das Photoshop-Skript seine Arbeit tat, und ich nicht minutenlang sinnlos auf den Bildschirm starren wollte, setzte ich Tee auf und riskierte einen kurzen Blick ins Schlafzimmer. Lächelnd lehnte ich im Türrahmen und sah Till eine Weile beim Schlafen zu. Verrückt, wie sich innerhalb weniger Stunden alles geändert hatte. Während ich so da stand, kam endlich Leben in ihn – er gähnte und blinzelte mich müde an.

„Guten Morgen, Schlafmütze."

„Beobachtest du immer alte Männer beim Schlafen? Das ist krank, weißt du schon, oder?", neckte er mich grummelnd und streckte die Hand nach mir aus.

Glucksend stieß ich mich vom Türrahmen ab und setzte mich zu ihm auf die Bettkante.
„Aber die geilen alten Herren zahlen gut. Du glaubst doch nicht, dass ich alleine vom Fotografieren leben kann?", gab ich schlagfertig retour.

Das erste kleine Lächeln seit gestern Nacht stahl sich auf sein Gesicht. Ich beugte mich über ihn und küsste ihn sanft. Till erwiderte die Zärtlichkeit mit zunehmender Leidenschaft. Schwer atmend löste ich mich einen Moment von ihm, um in diese schönen blauen Augen zu blicken. Er strich mir einige Strähnen aus meinem Gesicht, fuhr mit den Fingern über meine Wange und Lippen und zog mich schließlich wieder zu ihm hinunter.
So schnell, dass ich es gar nicht richtig realisierte, wurde ich von meinem Gewand befreit und fand mich plötzlich unter Till wieder. Dieser liebkoste meinen Hals, mein Schlüsselbein und arbeitete sich zu meinen Brüsten vor, um sich dann langsam in mich zu schieben. Er hatte einen ganz eigenen, ruhigen Rhythmus, der mich verrückt werden ließ. So komplett anders, als unsere letzten Male. Wieder widmete er sich meinen Brustwarzen und anschließend meinen Lippen, seine Zunge drang sanft in meinen Mund ein und ich erwiderte dieses Spiel. Nun wurde er schneller und härter und keuchend gab ich mich einem unfassbar intensiven Orgasmus hin. Meine Muskeln hielten ihn an Ort und Stelle und kurz danach kam auch er in mir.

Schwitzend und schwer atmend lag Till halb auf, halb neben mir und seufzte entspannt an meinen Hals. Meine Beine zitterten immer noch und ich spürte, wie er sanft an ihnen auf und ab fuhr.

„Hm, alles in Ordnung?", nuschelte er grinsend in mein Ohr.

Auch wenn ich es nicht sehen konnte, aber das Grinsen war nicht zu überhören.

„Mhm."
Mehr brachte ich nicht hervor, aber ich legte ein bebendes Bein über seine Hüfte.

Ich musste eingeschlafen sein, denn leise vernahm ich ein: „Wach auf, Süße!" neben meinem Ohr. Stöhnend wollte ich mich umdrehen, stellte aber fest, dass ich verschwitzt an Till klebte. Die Luft im Raum war, trotz der gekippten Fenster, heiß und stickig. Draußen mussten es wieder weit über 30 Grad sein, herinnen wahrscheinlich knapp darunter. Mühevoll öffnete ich die Augen und erblickte einen amüsiert dreinblickenden Till.

„Dein Handy hat vorhin geklingelt", sprach er leise.

„Hm...wie spät ist es denn?"

„15:30 Uhr vorbei."

Ich verdrehte die Augen und griff nach dem Handy. Ein Anruf in Abwesenheit von Tanja, und eine Nachricht von Raphael. Das schlechte Gewissen machte sich in mir breit. Wahrscheinlich hatte Raphael seine beste Freundin kontaktiert und die wollte nun wissen, was vorgefallen war. Auf diese Vorhaltungen hatte ich jetzt keine Lust. Till beobachtete mich und meine gerunzelte Stirn gab offenbar Anlass zur Sorge.

„Alles ok?"

„Weiß nicht. Tanja hat angerufen und ich habe eine Nachricht von Raphael", nach einem Blick in sein fragendes Gesicht fügte ich hinzu „der Beachboy von gestern."

„Und was will der?"

Geräuschvoll atmete ich aus.
„Na gut, schauen wir nach."
Ich öffnete die Nachricht, überflog sie kurz und las sie dann laut vor.

Ich bin noch immer so angepisst wegen gestern, das kannst du dir nicht vorstellen!
Was sollte das? Warum hast du mir nicht erzählt, dass du einen Freund hast??
Seit Wochen flirtest du mit mir nur um mich dann vor vollendete Tatsachen zu stellen?!
Ihr Weiber seid doch alle gleich! Ich will keine Ausreden oder sonst was von dir hören, klar?
Das gestern war unter aller Sau!

„Da hast du aber jemanden enttäuscht", grinste Till vor sich hin.

„Ha ha, ich lach später drüber", murmelte ich, denn der Text machte mich sauer.
„Was heißt da, seit Wochen flirte ich mit ihm?? Das stimmt doch nicht! Seit wann gilt normal unterhalten als flirten? Und dass er mich mit seiner Ex-Frau über einen Kamm schert, dafür würde ich ihm am liebsten gleich eine scheuern! Geht's noch??"
Ich redete mich in Rage und bekam anfangs gar nicht mit, dass Till über meinen Körper streichelte.
„Was glaubt der eigentlich...? Kannst du das mal lassen, verdammt? Ich bin gerade richtig sauer!!"

Für einen Moment stoppte er in seinem Tun, drehte meine Hand mit dem Handy in seine Richtung, las die Nachricht, ließ meine Hand wieder los und fuhr mit den Streicheleinheiten fort.
Verwirrt sah ich ihn an und wurde noch wütender, als ich seine zuckenden Mundwinkel sah, und er krampfhaft versuchte, nicht zu lachen.

„Und was, bitte, findest du daran so lustig? Immerhin bist du der Grund...", ich biss mir auf die Zunge und verstummte.

Das Grinsen war aus Tills Gesicht verschwunden und er sah mir in die Augen, seine Hand hatte in der Bewegung inne gehalten.
„Ja...? Der Grund für...was? Dass du diesen Surfertyp nicht rangelassen hast?", seine Stimme war überraschend ruhig und sanft, trotzdem hatte ich ein ungutes Gefühl, was als nächstes kommen könnte. „Weißt du, was ich daran so lustig finde? Du hast dich über jede einzelne Zeile dieser Nachricht beschwert. Nur nicht über die, in der ich dein Freund bin."

Sprachlos sah ich Till an, sah auf mein Handy und wieder zu ihm. Er hatte Recht. Ich hatte das nicht abgestritten, es einfach für gegeben hingenommen und gar keinen Gedanken an diese Behauptung verschwendet. Nur wusste ich nicht, ob er das lustig fand, weil er sich als das sah – als mein Freund – oder ob er sich darüber lustig machte, dass jemand anderer das denken mochte. Augenscheinlich musste ich so einen verwirrten Eindruck auf ihn machen, dass er über meine Wange strich und mich auf die Stirn küsste.

„So, und jetzt klären wir das, bevor dieser blonde Beachboy hier drauf noch Ansprüche stellt", raunte Till mir ins Ohr und gab mir einen Klaps auf den Oberschenkel."
„Wenn du dir vorstellen kannst, mit mir alten Sack eine Beziehung zu führen, wäre ich mehr als glücklich darüber."

Hatte ich gerade richtig gehört? Er wollte wirklich...mit mir...eine Beziehung?

„Oder nur ficken – auch kein Problem", brummte er gegen meinen Hals, an dem er sich gerade hinabküsste.

Jetzt musste ich lachen, nahm sein Gesicht in meine Hände und musterte diesen schelmischen Gesichtsausdruck, den er mir entgegen brachte.

„Nein, ich will dich – dich alten Sack, mit allem, was dazu gehört!", grinste ich von einem Ohr zum anderen und küsste ihn forsch.

„Schade, nie entscheidet sich eine nur für's Ficken...", feixte Till leise gegen meinen Mund.

Diesmal war er es, der einen Klaps auf den Allerwertesten bekam.

DahoamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt