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Logan

09. September

36 Tage.
36 Tage, die Alison bereits im Koma liegt und 36 Tage, die ich in diesem Krankenhaus verbracht habe, während das Leben außerhalb ganz normal weiter geht.
Nur dank Jasons, Henrys und Claras Arbeit hat Black Industries durch Alisons und meiner Anwesenheit keinen Verlust erlitten. Nur durch sie weiss die Öffentlichkeit nichts von Alisons kritischem Zustand, da das Unternehmen so läuft wie immer.

Ich seufze, als ich zu ihr sehe. Keine Regung. Noch immer liegt sie in diesem Bett und schläft seelenruhig. Ihre blonden Haare liegen ordentlich neben ihrem Kopf auf dem weißen Kissen und ihre rechte Hand auf ihrem mittlerweile recht gewölbten Bauch. Man sieht ihr die Schwangerschaft an und ich frage mich immer wieder, wie sie reagieren wird, wenn sie aufwacht und erfährt, dass sie schwanger ist.
Vorsichtig löse ich meine Finger von ihren und stehe auf. Es ist bereits Mittagszeit und mein Magen beginnt zu knurren, weshalb ich kurzerhand das Krankenzimmer verlasse, um mir beim nahegelegenen Italiener etwas zu holen.
"Mr. Black", die Stimme der Krankenschwester lässt mich innehalten, weshalb ich mich zu ihr drehe, statt wie geplant ins Treppenhaus zu gehen. "Gehen Sie wieder etwas essen?", fragt sie, woraufhin ich nicke.
"Gut. Dann weiß ich bescheid und rufe sie an, wenn sich am Zustand ihrer Frau etwas verändern sollte. Guten Hunger." Sie lächelt freundlich. "Danke", erwidere ich und öffne daraufhin die Türe. Wie immer gehe ich rasch die Treppen hinunter, bis ich das Krankenhaus verlassen kann und schliesslich gerade aus die Straße ein Stück runter gehe, bis zum Italiener.

Nach 36 Tagen weiß der Kellner bereits, um wie viel Uhr ich immer komme und dementsprechend werde ich direkt an meinen Stammplatz in einer abgelegenen Ecke im Lokal geführt. Es ist wirklich eine Schande, wenn ich daran denke, dass ich in diesem Lokal ein Stammgast geworden bin, der täglich allein herkommt. Da ich die Gerichte bereits alle kenne bestelle ich sofort ein Sprudelwasser und die Tortellini in Carbonara Sauce. Mit einem lächeln quittiert der Kellner meine Bestellung und lässt mich dankenswerterweise wieder allein.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Mitarbeiter in diesem Lokal bewusst sind, wer ich bin, mich jedoch nicht darauf ansprechen, oder gar Fragen stellen. Schließlich weiß die ganze Welt, dass ich Vater geworden und verheiratet bin. Dementsprechend würde auch ich mich wundern, eine solche Person ständig allein anzutreffen.
Um mir die Wartezeit auf mein Essen zu verkürzen hole ich mein Handy heraus und wähle Henrys Nummer. Nachdem er in New York erfolgreich war, ist er auch noch nach Miami geflogen um dort eine weitere Kontrolle durchzuführen. Da er so fleißig und schnell gearbeitet hat, habe ich seinen Aufenthalt in Miami kurzer Hand um zwei Tage verlängert und für eine zweite Person mit gebucht, sodass er und Eden ein kurzes Wochenende woanders genießen können.
Henry geht nach zweimaligem klingeln ran und begrüßt mich so, dass ich sein Grinsen förmlich vor mir sehen kann. "Na, wie gefällt euch Miami?", frage ich. "Es ist ziemlich sonnig und heiss. Noch schlimmer als San Francisco!" Henry seufzt. "Aber abgesehen davon lieben wir es!"
Ich kann nicht anders als zu lachen. "Das freut mich. Wie gefällt Eden unser Hotel?"
"Sie war ziemlich sprachlos. Wie auch schon in deiner Wohnung, als sie sie das erste Mal gesehen hat und als sie erfahren hat, dass wir mit einem Privatjet fliegen."
"Aber ich schätze es gefällt ihr?", frage ich.

Im Augenwinkel sehe ich, wie der Kellner mit meinem Essen auf mich zu kommt und es schließlich vor mir abstellt. Mit einem Lächeln danke ich ihm und greife daraufhin nach der Gabel, um eine Nudel zu essen.
"Und wie!", teilt Henry mir mit. "Wir gehen später zur Promenade, um den Sonnenuntergang zu sehen und dann gehen wir essen." Er stoppt kurz und ich kaue zu Ende, woraufhin er "du isst anscheinend auch gerade. Ich kann es hören!"
Ich verdrehe die Augen. "Du kannst alles hören, Bruderherz. Ich höre Eden auch." Ich grinse böse. Mir ist das Wasser, welches im Hintergrund zu hören ist, nicht entgangen und dadurch, dass seine Stimme ein wenig schallt, schätze ich, dass er im Badezimmer ist und Eden badet. "Perversling", murmelt er und bestätigt meine Vermutung. Ich lache leise und esse weiter. "Wie gehts Alison?", fragt Henry schließlich und wechselt somit das Thema.
Ich brumme unzufrieden, da sich nichts an der Situation verändert hat, was ihm anscheinend Antwort genug ist. "Mach dir keine Sorgen Logan. Ich habe bereits herausgefunden, wie wir sicherstellen können, dass sie bei ihrer Verwandlung ihre Magie behält, also wird schon alles gut werden."
"Und das Baby?", brumme ich leise, sodass es niemand Fremdes mitbekommt. "Logan, sie hat heraus gefunden, wie sie Sophia und Jason die Chance auf ein Baby geben kann, also wird sie es bei sich selbst auch können."
"Das würde es nicht besser machen. Der Verlust eines Kindes tut immer weh, egal ob es schon da ist, oder es in der Schwangerschaft geschieht. Das weißt du Henry." Er seufzt. "Ja. Ich versuche lediglich dich ein wenig aufzumuntern Logan. Mach dir nicht so viele Gedanken. Es wird alles gut."
Ich nicke. "Ja... ich hoffe es."
"Das wird es und jetzt ess zu Ende und geh zurück zu ihr. Wenn was ist, weisst du ja, wie du mich erreichen kannst."
"Danke Henry." Ich schließe kurz die Augen. "Pass auf euch auf. Bis dann", sage ich und lege auf, um aufzuessen.

Sobald ich aufgegessen und bezahlt habe verlasse ich das Lokal so schnell wie möglich und gehe zurück zum Krankenhaus. Da mich in der Zeit kein Anruf der Krankenschwester erreicht hat, wundert es mich nicht, dass noch immer alles beim alten ist, als ich Alisons Zimmer betrete.
Lediglich der Stuhl, welchen ich mir immer an ihr Bett ziehe wurde zur Seite geschoben, damit die Mitarbeiter besseren Zugang zu ihr und den Monitoren haben, weshalb ich ihn wieder neben das Bett stelle, ehe ich mich setze.
Vorsichtig greife ich nach ihrer Hand und beginne ihren Handrücken ein wenig zu massieren. Dabei beobachte ich meine Frau, die still da liegt und wie in einer anderen Welt scheint. Mein Blick wandert von ihrem Gesicht, über ihre sich gleichmäßig hebende und wieder senkende Brust, bis hin zu dem gewölbten Bauch. Auf diesen lege ich daraufhin meine freie Hand und schliesse meine Augen, um dem Herzschlag des Babys zu lauschen, welchen man ziemlich deutlich neben Alisons eigenem hört.
Dieses Geräusch wird wahrscheinlich für immer das schönste sein, was ich je gehört habe

Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen, während ich einfach nur lausche und den Moment genieße.
Irgendwann wird Alisons Herzschlag genau wie mein eigener verschwunden sein. Umso wichtiger ist es mir ihn so oft wie möglich zu hören und dabei zu wissen, dass dieses Herz für mich, Benni und sein kleines Geschwisterchen schlägt.
Als ich die Augen wieder öffne merke ich, dass sie feucht geworden sind. Trauer. Ein Gefühl, welches mich in letzter Zeit leider viel zu häufig übermannt und besonders dann, wenn ich mit Benni abends im Bett liege.
Um die aufkommenden Tränen wegzuwischen löse ich mich von Alison und stehe auf, da neben der Tür ein Stapel Papiertücher liegt, von welchem ich eins nehme. Während ich mir damit über die Augen wische und die Nase putze wandert mein Blick aus dem Fenster hinaus auf den Flur des Krankenhauses, auf welchem reges treiben herscht. Die Krankenschwestern huschen mit Klemmbrettern und anderen Gegenständen im Arm hin und her, während es hier drinnen mucksmäuschenstill ist. Die einzigen Geräusche stammen von Alison und den Maschinen im Raum, was unweigerlich dazu führt, dass ich meine Bewegungen umso lauter wahr nehme.

Angespannt greife ich mir in den Nacken und lasse meinen Kopf ein wenig nach hinten fallen. Mit geschlossenen Augen beginne ich mich ein wenig auf meine Atmung zu konzentrieren, um nicht vollkommen durchzudrehen. Ich hasse diese Stille und ich hasse dieses Zimmer, denn es zeigt mir jedes Mal aufs neue, was ich möglicherweise verlieren kann.
Die Liebe meines Lebens und unser zweites Wunder.

"Logan", durchbricht irgendwann mein Name die Stille und augenblicklich spannt sich jeder einzelne Muskel in meinem Körper an.

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