Love me touchless

14~ Daddy

Er/Sie

Yamila saß in der Lounge, das Glas mit dem restlichen Scotch in der Hand, während ihre Gedanken immer wieder abschweiften. Die Musik dröhnte in ihren Ohren, der Bass vibrierte durch ihren Körper, doch nichts davon konnte die Bilder in ihrem Kopf übertönen. Ihr Blick glitt über die Tanzfläche, wo Yannie und Logan in ihrer eigenen Welt gefangen waren. Ihre Schwester wirkte glücklich – betrunken, ja, aber glücklich. Und das machte Yamila traurig. Wieso konnte Yannie nicht sehen, was für ein manipulativer Mistkerl Logan war? Warum war sie blind für das Offensichtliche?

Doch egal, wie sehr sie sich darauf konzentrieren wollte, ihre Gedanken drehten sich um jemand ganz anderen. Ryan.

Seine Worte hallten in ihrem Kopf nach. „Geh nicht in den Club. Komm mit mir.“ Sie hätte es tun sollen, oder? Hätte sie einfach mit ihm fahren sollen? Nein. Nein, sie konnte nicht zurück in diesen Abgrund. Ryan hatte sie damals schon zu oft zerstört. Und trotzdem, verdammt, spürte sie ihn immer noch in jeder Faser ihres Körpers.

Sie nahm einen tiefen Atemzug, als plötzlich eine vertraute Stimme sie aus ihrer Gedankenwelt riss.

„Du denkst an ihn.“

Sie zuckte zusammen und drehte den Kopf zu Tim, der sie mit seinem gewohnt durchdringenden Blick musterte.

„Was?“ Sie versuchte, überrascht zu klingen, doch sie wusste, dass es sinnlos war.

„Du denkst an Ryan. Dein Blick verrät dich. So hast du auch früher immer geguckt.“

Sie hielt seinem Blick für einen Moment stand, dann wandte sie sich ab, als könnte sie damit alles leugnen. „Ich will nicht streiten, Tim.“

Tim hatte es damals herausgefunden. Natürlich hatte er es herausgefunden.

Es war an einem dieser scheinbar gewöhnlichen Tage, an denen Yamila sich sicher wähnte, dass ihr kleines Geheimnis weiterhin verborgen bleiben würde. Sie und Ryan, in einem stillen Moment, in einem der vielen versteckten Räume des Hauses – ein Kuss, der wie ein Feuer in ihrem Inneren brannte, eine Berührung, die zu viel versprach. Und dann stand er da.

Tim.

Sein Blick war eine Mischung aus Enttäuschung, Wut und etwas, das sie nicht sofort benennen konnte. Schmerz? Verrat? Sie kann sich an seine Augen erinnern, die sie so verachtete ansahen und an seine Stimme die sich in ihre Seele Schnitt.

„Yamila?!“ Seine Stimme hallte durch den Raum, ein scharfes Echo, das ihre Haut brennen ließ. Sie zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen. Ryan hingegen blieb ruhig, seine Miene ausdruckslos – fast so, als hätte er mit dieser Reaktion gerechnet.

„Was zur Hölle machst du mit ihm?!“

Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wusste nicht einmal, was genau sie fühlte. Denn in diesem Moment erkannte sie, dass sie sich in ein Spiel eingelassen hatte, dessen Regeln sie nicht einmal kannte. Ryan hatte sie gewollt – das hatte sie gespürt. Und sie wollte ihn. Sie liebte ihn, genauso wie er sie. Jedenfalls sagte er es.

Doch Tim wartete nicht auf eine Antwort. Türen wurden geknallt, Stimmen erhoben. Er war nicht wütend auf Ryan. Nein, von ihm hatte er nichts anderes erwartet. Ryan war sein Bruder, aber er wusste genau, wie skrupellos er sein konnte. Tim war wütend auf Yamila. Weil sie es hätte besser wissen müssen.

Sie war seine beste Freundin gewesen. Sein einziger Halt. Und jetzt hatte sie sich genau mit der Person eingelassen, die er nicht nur verachtete, sondern von der er auch wusste, dass sie Yamila nur zerstören würde.

„Bitte, erzähl es Yannik nicht.“ Ihre Stimme war leise, fast flehend.

Tim lachte auf – hart, kalt. „Oh, glaub mir. Das brauche ich nicht. Das wird er auch so herausfinden.“