22~ Omama

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Yamila sitzt in einem Café. Sie hatte Frühdienst und hat beschlossen, erstmal einen Kaffee zu trinken während sie nach Wohnungen sucht.

Dies wollte sie wirklich nicht zu Hause tun, da ihr Vater da ist. Sie will ihn weder sehen noch hören. Ja, sie sollte vor ihren Problemen nicht weglaufen, aber hatte sie es nie anders gelernt.

Ihre Mutter haute ab sobald es ihr zu doof wurde, ihr Vater flüchtete in die Arbeit wenn es zu stressig wurde und Yamila wurde weggeschickt, als sie die Schuld ihrer Schwester auf sich nahm. Weglaufen war einfacher.

Yamila lächelt die ältere Dame in ihrem langen Blumenkleid an, die ihr ihre extra große Kaffeetasse vor die Nase stellte. Dazu hatte sie noch einen kleinen Keks auf die Untertasse gelegt.

Dann dreht sie sich um und unterhält sich mit einem Mann Mitte dreißig. Yamila lächelt. Die alte Frau erinnert sie ein bisschen an ihre Omama.

Auch sie hatte immer einen ordentlichen Dutt getragen, der ebenfalls so ein schönes grau hatte. Es war nicht eines dieser typischen alte Leute grau, nein. Es war sehr schön, stränig und schimmerte schön.

Yamila erinnerte sich an die leicht rosa Lippen die ihre Omama immer hatte und die dazu von Natur aus rosa Wangen. Die hatten die Zwillinge von ihr. Allgemein erinnerte das Gesicht ihrer Omama, was sie den Zwillingen vererbte, einer Porzellan Puppe.

Sie lächelt in sich hinein. Wie schön die Zeiten damals noch waren. Es sind einer ihrer schönsten Erinnerungen, aber auch sehr schmerzhaft. Denn Yamila weiß, dass sie nie wieder so unbeschwert und so glücklich sein kann wie damals.

Aber sie will sich nicht beklagen. Es hätte sie alles auch durchaus schlimmer treffen können. Um nicht weiter in Erinnerungen zu schwelgen, widmet sie sich wieder ihrem Tablet. Sie klickt auf eine Website.

Dann gibt sie alles nötige ein. Den höchsten Mietpreis den sie zahlen will, höchstens drei Zimmer, Balkon, in der Nähe ihrer Arbeit. Am liebsten wäre ihr auch der Blick in ein Park, aber das muss nicht sein.

Es gibt mehr Angebote als sie dachte, normalerweise ist nicht so viel Auswahl. Aber ist sie ganz froh darüber. Sie klickt gleich das erste Angebot an.

Alle Kriterien scheinen erfüllt, doch gefällt ihr die Wohnung nicht. Ihr ist dann ein gepflegt aussehendes Badezimmer doch wichtig.

Sie sitzt schon seit einer ganzen Stunde da, klickt ein Bild nach dem nächsten an. Ab und zu redet sie mit ein paar Gästen die sie fragen ob einer der drei Stühlen noch frei wäre und man ihn ausleihen könne.

Ab und zu fragt die nette alte Dame der das Café gehören könnte, ob sie noch einen Kaffee will, alles zu ihrer Zufriedenheit ist oder sie was essen möchte. Da sie dann nach einer neun Stunden Schicht und dem nervigen suchen doch Hunger bekommen hat, hat sie sich eine Suppe bestellt.

Eine schöne, warme Waldpilzcrem Suppe mit Petersilie. Vielleicht schmeckt sie ja auch genau so, wie ihre Omama sie immer tat? Sie hofft es wenigstens.

Während sie auf ihre Suppe wartet, macht sie eine kleine Pause. Sie schaut auf die Straße. Sie liebt den Sommer. Sie liebt die Wärme und die Vorstellung, dass sie bald drei Wochen Urlaub hat und unbedingt wegfahren möchte.

Nachdem ihre Omama das gesamte Erbe Yamila gegeben hatte, ganz gegen den Willen ihres Vaters, könne sie sich ein Urlaub durchaus leisten. Die Bedingung war, dass sie mit 21 Zugriff darauf hat.

70 Tausend Dollar sind eine Menge Geld für ein junges Mädchen wie sie, aber damit kommt sie klar. Sie hat genaue Vorstellungen, wie sie das Geld ausgeben wird.

Zum einen wird sie damit Möbel für ihre Wohnung finanzieren.
Zum anderen wird sie damit in ihren lang ersehnten Urlaub fahren.

Man muss sagen, dass Yamila und ihre Omama ein Herz und eine Seele waren. Niemand verstand Yamila besser als ihre Omama, und anders herum. Sie vermisst sie so sehr.

Sie wüsste jetzt sicherlich was Yamila mit ihren momentanen psychischen Problemen machen soll. Wie sie sich verhalten soll und wie das ganze mit Ryan auszugehen scheint. Omama wusste zu allem eine Antwort.

Ihr Handy vibriert was sie aus ihren Gedanken holt. Was machst du? Ich will dich sehen. Sie lächelt, lässt es dann aber sofort als sie dies bemerkt. Die Zeiten, dass sie bei seinen Nachrichten lächelt, sollten vorbei sein.

Sie antwortet. In einem Café. Ich suche nach einer Wohnung. Er ließt, tippt und schon kommt die Antwort. Ich komme zu dir. Bis gleich. Sie macht große Augen.

Nein, sie kann ihn nicht sehen. Nicht so, wie sie gerade aussieht. Ihr Dutt ist unordentlich, das Gesicht ohne auch nur ein Tropfen Concealer und außerdem trägt sie seinen Pulli.

Seinen damaligen lieblings Pulli in schwarz mit einen breiten roten Streifen auf der Brust, den sie schwor, nicht genommen zu haben. Sie fragte sich immer, ob er ihr glaubte. Wahrscheinlich eher nicht.

Sie sieht sein Auto vor dem Café, welches er geschickt in die enge Parklücke parkt. Jetzt ist es eh zu spät. Jetzt wird er sie wohl so sehen. Ist ja nicht so, als hätte er sie noch nie so gesehen. Er fand es auch immer total süß, wenn sie so natürlich war.

Aber das war sie auch noch ausgeschlafen und roch sicherlich nicht nach Tiger und Bodyspray. Möglicherweise bildete sie sich den Geruch auch nur ein.

Ihre rot lackierten Nägel halten aufgeregt ihre Kaffeetasse fest. ,,Entschuldigung, könnte ich noch einen zweiten Kaffee bekommen? Schwarz?" die alte Dame, die sich als Hilde vorstellte, nickt und geht hinter den Tresen.

Er drückt die Tür auf welche sofort klingelt. Ein paar Gäste sehen auf. Die Herren uninteressiert, die Mädchen Mustern ihn. Wie könnte man auch nicht? Dieser Mann ist eine Augenweide.

Er sucht das Café mit seinen grünen Augen ab. Dann sieht er sie. Sie sitzt in der letzten Ecke am Fenster. Da, wo sie alle im Blick hat und ansatzweise ihre Ruhe. Wenn da nicht dieser Kerl wäre, der immer wieder zu ihr rüber schaut und sie hin und wieder auch Mal anlächelte.

Er geht auf sie zu. Auch er scheint nervös, doch sieht man ihm das nicht an. Ihr dafür um so mehr. Ihr Fuß wippt auf und ab, ihre Wangen sind roter als sonst. Sie ist so süß.

Er zieht seine Jeansjacke aus und hängt sie über den Stuhl. Dann zieht er sein Handy aus der Hosentasche und legt es auf den Tisch, bevor er sich ihr gegenüber setzt.

,,Hallo." sagt sie mit einem freudigen Unterton. ,,Hallo Sunny." seine Mundwinkel zucken. Gott, wie sie das hasst! Der Kerl am Tisch neben ihr scheint leicht enttäuscht.

,,Schöner Pulli." seine rechte Augenbraue wandert nach oben. ,,Sieh mich nicht so an. Ich will gar nicht wissen woher du wusstest, in welchem Café ich war." er hebt abwehrend die Hände. ,,Ist ja gut."

Die alte Dame stellt ihm seinen schwarzen Kaffee vor. ,,Danke." seine tiefe, raue Stimme verpasst ihr eine Gänsehaut, was er durch den Pulli Gott sei Dank nicht sehen kann.

,,Also, du willst ausziehen?" sie nickt. ,,Ich bin zu Hause nicht mehr erwünscht. Außerdem wird es Zeit erwachsen zu werden." er nickt. Das sie ausziehen will findet er gut. So kann er sie ansehen ohne einen hasserfüllten Blick ihres Vaters zu bekommen.

,,Ich helfe dir." er nimmt das Tablet vom Tisch und sieht sich die Wohnungen an, die sie schon mit einem Herz markiert hatte. Bei ein paar schüttelt er den Kopf und löscht die direkt wieder.

,,Lässt du das bitte? Ich fand die schön." beschwert sie sich bei ihm, doch ignoriert er sie. ,,Ryan!" schimpft sie, als er ihren Favoriten löscht. ,,Ich lasse dich doch nicht in so eine gegen ziehen. Du hast keine Ahnung. "

Sie gibt sich nach einem strengen Blick von ihm dann geschlagen. Das hat ja dann doch kein Sinn mit ihm zu diskutieren.

Love me touchlessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt