Love me touchless

19~ Scrunchi

Sie sieht ihn an als er sich von ihr abwendet und wütend an die andere Seite des Tisches geht. Er ist unfassbar wütend.

,,Ich verstehe das nicht. Du hast alles aufgegeben. Wieso?!" sie zuckt mit den Schultern. ,,Yannie hätte durch das was sie tat ihren Uni Platz verloren. Ich wollte nicht aufs College und Dad mochte mich nie sonderlich. Ich hätte ja nie erwartet, dass ich damit so vielen Menschen weh tun werde. Oder man mir."

Er geht wieder auf sie zu. ,,An dem Abend vor deiner Abreise wolltest du es mir sagen, stimmt's?" sie nickt. ,,Und ich habe dir nicht zugehört, ich habe dir so viele Sachen gesagt... Wieso hast du das zugelassen?"

Sie streift sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. ,,Ich weiß nicht. Vielleicht war das für mich eine Art Bestätigung, dass ich mir alles was damals zwischen uns war nur eingebildet habe." er will ihr Gewohnheitsgemäß eine Strähne aus dem Gesicht streichen. Doch als sie automatisch den Kopf leicht zur Seite dreht, nimmt er seine Hand wieder runter.

,,Du hast dir das alles nicht eingebildet Sunny." sie legt den Kopf schief. ,,Ryan, du hast Dinge zu mir gesagt, die nicht gelogen sein können. Du hattest eine solche Überzeugung. Und Zoe..."

,,...Zoe war nie da. Sie hatte einen Job nach dem anderen. Wir hatten absolut keine Gemeinsamkeiten. Du warst einfach da. So unfassbar freundlich und fröhlich und verrückt und wunderschön. Ich konnte nicht anders. Ich musste in deiner Nähe sein."

,,Du hättest mir damals von Zoe erzählen sollen." er lacht kurz. ,,Und dann? Dann hättest du mich gemieden. Und ich hätte nie erfahren, wie sehr ich dich brauche." ,,Und ich hätte nicht so gelitten."

Er geht sich durch das lockige Haar. Durch die dichten, perfekten, wunderschönen Locken die so unfassbar nach Männlichkeit riechen. Naja, also nach dem Shampoo was sie ihm einmal schenkte und er noch immer zu benutzen scheint.

,,Wollen wir vielleicht das Thema wechseln?" er schüttelt den Kopf. ,,Du kannst nicht immer weglaufen, wenn du über deine Gefühle redest. Das geht nicht." sie zieht einen Stuhl zurück und setzt sich hinein.

,,Du siehst doch, dass es geht." er setzt sich ihr gegenüber. ,,Wieso bist du nur so stur?!" motzt er sie an. Sie hat ihn heute innerhalb der letzten halben Stunde mit seinen Gefühlen durch eine Achterbahn geschickt.

Sie hat ihn nervös, kribbelig, wütend, frustriert, mitleidig und noch vieles mehr gemacht. Aber am meisten, hat sie ihn traurig gemacht. Traurig, weil er gemerkt hat wie unfassbar verletzt er sie hat. Traurig, weil sie ihm gezeigt hat wie schlecht es ihr eigentlich geht. Und traurig, weil er ihr damals nicht zugehört hatte. Weil er sie weggestoßen hatte als sie ihn brauchte und noch immer ein unfassbar großes Geheimnis vor ihr verbirgt.

Wenn sie erfährt, was er verheimlicht, dann wird sie das wieder unfassbar wütend auf ihn machen. Und auf alle anderen die davon wissen auch. Sie wird sich so dumm vorkommen.

,,Wenn ich über meine Gefühle reden, dann werden sie real. Und ich bin nicht stark genug um mich mit ihnen auseinander zu setzten. Dafür ist zu viel passiert. Yannik, du, Yamila, Dad, Mom, das Internat. Außerdem bist du in all dem nicht besser. Du redest ebenfalls nicht über deine Gefühle, also lass mich damit in Ruhe."

Er lächelt sie wieder an. Wieso muss er denn immer nur so lächeln? ,,Was ist?" sie wird nervös. Das wurde sie immer bei diesem lächeln. ,,Du bist süß wenn du dich aufregst." ihr Gesichtsausdruck verändert sich.

Ihre Augenbrauen sind leicht zusammengezogen und ihre Unterlippe liegt zwischen den Zähnen. Das tat sie immer wenn sie nachdachte. Vielleicht überlegt sie gerade wie sie ihm darauf antworten soll. Oder, sie versucht zu begreifen was sie in diesem Moment fühlt.

Er jedenfalls versucht es. Ist es die Leidenschaft die er immer zwischen ihnen spürte? Oder doch Liebe? Er weiß es nicht genau. Er wird es auch nur wissen, wenn er sie nicht berühren darf. Wenn er bei der Berührung ihrer Hand nicht das Kribbeln empfindet oder sein schnellen Herzschlag, wenn er sie küsst.

Bis jetzt hat er Herzrasen, wenn sie ihm tief in die Augen schaut und er die sprenkler drinnen erkennen kann. Oder wenn er dicht an ihr steht und ihr Parfum riecht oder die Lotion auf ihrer braunen Haut.

,,Ich muss jetzt zum Rundgang. Du kannst mitkommen oder hier warten." sie steckt ihr Handy in ihre Jackentasche und geht auf die schwere Tür zu.

Yamila gibt den Kollegen vom Frühdienst eine Übergabe und verabschiedet sich dann. Sie will einfach nur ins Bett und einen Film anschmeißen. Sie muss langsam auch Mal Wohnungen besichtigen. So wie es momentan abläuft kann sie nicht mehr zu Hause wohnen. Außerdem verdient sie ihr eigenes Geld und kann sich durchaus eine Wohnung leisten.

An ihrem Auto angekommen, sieht sie auf der Frontscheibe ein Energie liegen. Darauf ein Post-It mit der Nachricht: Fahr vorsichtig, Sunny. Sie lächelt. Dieser Kerl sorgt noch für ihren Untergang.

Sie haben die ganze Nacht zusammen verbracht. Ab und zu haben sie geredet, doch nach ihrem Rundgang haben beide eigentlich nur gelesen. Sie bemerkte natürlich immer wieder seine Blicke auf ihrer Haut und er ihre Lippe zwischen den Zähnen und die leicht erröte Wangen als sie wahrscheinlich eine Sexszene las.

Ryan liegt inzwischen schon in seinem Bett und denkt über die Nacht nach. Er schämt sich. Er hatte Yamila Dinge vor den Kopf geworfen, sie beleidigt und ihr den Rücken zugewandt, ohne, dass sie was dafür kann.

Wieso muss sie auch nur so dumm sein und immer wieder alles regeln? Sie muss sich auch Mal um sich kümmern.

Müde betritt er seine Wohnung, legt den Schlüssel wie gewohnt in die schwarze Schale die auf der massiven Holzkommode steht. Dort drinnen befindet sich ebenfalls ein Schlüssel für den Keller, einer von der Wohnung seines Vaters und ein Satin- Scrunchie in gelb mit kleinen Blumen drauf. Er lächelt als er es raus nimmt und daran riecht.

Es riecht nach Rosen und auch etwas nach Vanille. Aber nur ganz leicht. Es war ihr Lieblingshaargummi. Sie liebte die auffälligen Scrunchies die alle für übertrieben hielten. Ganz besonders das. Das trug sie immer. Er erinnert sich noch daran, wie er es ihr klaute. Damals waren sie noch kein Paar.