𝐷𝑖𝑒 𝑢𝑛ℎ𝑒𝑖𝑚𝑙𝑖𝑐ℎ𝑒 𝑆𝑡𝑖𝑚𝑚𝑒

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LIA
In den nächsten Tagen waren Harry und ich häufig damit beschäftigt, rasch abzutauchen, wenn wir Gilderoy Lockhart herumstolzieren sahen.
Lucy war anfangs wegen der fürchterlichen Reise noch sauer auf mich gewesen, konnte jedoch nicht auf ihre täglichen Streicheleinheiten verzichten und hatte mir dann doch relativ schnell verziehen.
Am Samstag wurde ich früh von Stimmen geweckt.
„Warum denn schon so früh?", hörte ich Sophie murren.
„Wood will so früh wie möglich trainieren", hörte ich eine andere weibliche Stimme sagen.
„Ich bin in fünf Minuten unten", murmelte Sophie und ich musste grinsen, weil ich genau wusste, dass es mindestens zwanzig Minuten werden würden.
Als das Mädchen aus dem Schlafsaal verschwunden war, drehte ich mich auf den Rücken und sah hinüber zu Sophie's Bett in dem sie wieder friedlich schlummerte. Leise stieg ich aus meinem Bett nahm mir das Wasserglas, das auf meinem Nachtkästchen stand und schüttete es meiner Freundin direkt ins Gesicht.
Schon saß sie kerzengerade im Bett und ich konnte nicht anders und musste laut loslachen, woraufhin ich ein Kissen von Lavender Brown ins Gesicht geworfen bekam.
„Los steh schon auf, Sophie. Du willst Wood doch nicht warten lassen", flüsterte ich kichernd.
„Jetzt kann ich sowieso nicht mehr schlafen", flüsterte Sophie zurück und verschwand im Bad.
Ich legte mich wieder in mein Bett und schlief kurz darauf auch schon wieder ein.

Nach dem Frühstück beschlossen Hermine, Ron und ich zum Quidditch-Feld zu gehen, um Sophie und Harry beim Training zuzusehen. Wir wussten, dass Wood erstmal einige Zeit einen Vortrag halten wollte. Harry und Sophie hatten uns oft davon erzählt und wie öde sie doch waren.
Und wir sollten recht behalten. Als wir am Spielfeld ankamen und uns auf die Tribüne setzten, kam die Gryffindor Mannschaft gerade auf das Feld gelaufen.
„Habt ihr immer noch nicht angefangen?", rief Ron ungläubig.
„Nein, Wood hat uns neue Spielzüge erläutert", entgegnete Sophie und gähnte.
Sie bestieg ihren Besen und stieß sich von Boden ab.
Nach kurzer Zeit hörte ich ein Klicken. Ich sah zur Seite und erblickte Colin Creevey. So schnell ich konnte versteckte ich mich hinter Ron, der glücklicherweise genau richtig saß, damit Colin mich nicht sehen konnte.
Hermine und Ron sahen mich fragend an, doch als sie Colin „Schau hierher, Harry, hierher!", rufen hörten, wussten sie, wieso ich mich so verhielt wie ich mich eben verhielt und taten alles, dass Colin mich nicht erblickte. Bei Harry war es leider schon zu spät. Harry legte einen Spurt ein, um möglichst weit von Colin wegzukommen.
Nach ein paar Minuten schoss Wood zu Boden und der Rest folgte ihm.
„Flint", bellte Wood.
Hermine, Ron und ich sahen uns an und wussten, dass da etwas faul war. Wir kletterten von der Tribüne und liefen auf Wood und die anderen zu. Die Quidditch Mannschaft der Slytherins hatte sich der Gryffindor Mannschaft gegenübergestellt.
„Ich hab's gebucht", rief Wood gerade, als wir bei den Quidditch Mannschaften stehen blieben.
„Ah", sagte Flint. „Ich habe hier allerdings eine von Professor Snape unterzeichnete Erklärung. Ich Professor S. Snape, erteile dem Slytherin-Team die Erlaubnis, am heutigen Tage auf den Quidditch-Feld zu trainieren aufgrund der Notwendigkeit, ihren neuen Sucher auszubilden."
Wood riss Flint, dem Captain des Slytherin-Teams, das Pergament aus der Hand und las es selbst noch einmal und hob dann verwirrt eine Augenbraue.
„Ihr habt einen neuen Sucher? Wen?"
Und hinter den sechs stämmigen Gestalten kam ein siebter, kleinerer Junge zum Vorschein, über das ganz bleiche, spitze Gesicht feixend. Es war Draco Malfoy.
Erst jetzt erblickte ich die Besen, die die Slytherins in der Hand hielten.
„Das sind Nimbus Zweitausend Eins", sagte Ron staunend.
„Ein Geschenk von Dracos Vater", sagte Flint und grinste bei unserem Anblick.
„Gut, nicht wahr?", fragte Draco mit gleichgültiger Stimme. „Aber vielleicht schaffen es die Gryffindors ja, ein wenig Gold aufzutreiben und sich ebenfalls neue Besen zuzulegen. Ihr könntet eure Sauberwischs Fünf verscheuern, vielleicht hat ein Museum Interesse daran."
Die Slytherins brachen in johlendes Gelächter aus.
„Wenigstens musste sich in unser Team niemand einkaufen", sagte Hermine mit schneidernder Stimme. „Da zählt nämlich nur Talent."
„Keiner hat nach deiner Meinung gefragt, du dreckiges kleines Schlammblut", blaffte Malfoy sie an.
Wie konnte er nur?!
Ich hatte keine Ahnung was es bedeutete, hatte allerdings mitbekommen, dass das Wort sehr schlimm sei.
„Wehe du nennst sie noch einmal Schlammblut!", drohte ich ihm und war kurz davor meinen Zauberstab zu zücken.
„Seht mal, die kleine Blutsveräterin will ihre kleine Schlammblut Freundin verteidigen", höhnte Malfoy.
„Wieso Blutsveräterin?"
Ich war verwirrt. War ich nicht halbblütig oder sowas?
„Du hast die Linie der Reinblütigkeit deines Vaters beschmutzt", meinte er mit einem gehässigen Grinsen.
„Von wegen. Und überhaupt, haben dir deine Eltern nicht beigebracht, dass man andere nicht einfach so beleidigt?", fragte ich genervt.
„Ne, wieso auch?", antwortete Malfoy.
Fast hatte er es geschafft. Fast hatte er es geschafft, dass mir der Kragen platzte.
„Ich würde dir jetzt so gerne eine verpassen. Dir und deinem hässlichen Charakter", zischte ich.
„Ach wirklich, jetzt hab ich aber Angst", spottete Malfoy. Er ging ein paar Schritte auf mich zu, sodass er direkt vor mir stand. „Haben dir deine Eltern nicht beigebracht, dass man sich mit einem Malfoy nicht anlegt? Oh, ich vergaß, das konnten sie ja gar nicht. Weil sie tot sind."
Malfoy ging wieder ein paar Schritte zurück und lachte. Das Slytherin-Team stimmte mit ein. Ich sah ihn geschockt an und mir stiegen Tränen in die Augen. Keine Sekunde später, kullerte auch schon die erste über meine Wange. Malfoy hatte einen sehr sensiblen Punkt getroffen. Sophie drückte Fred ihren Besen in die Hand, kam direkt zu mir und nahm mich in den Arm. Sie und Hermine wussten, dass ich mit dem Tod meiner Eltern noch nicht ganz zurechtkam, auch wenn ich sie kaum kannte. Und Malfoy hatte auch noch Salz in die Wunde gestreut.
„Du bist so widerlich", zischte Sophie Malfoy an.
„Jetzt reicht es mir!", rief Ron, zückte seinen Zauberstab und rief:„Schluck Schnecken!"
Vermutlich sollte der Zauber auf Malfoy gehen. Allerdings war er an Malfoy zurück auf Ron geprallt, den es schließlich von den Beinen schlug und nun auf allen vieren im Graß lag. Wir Gryffindors stürzten sofort zu ihm während die Slytherins sich vermutlich gerade einpinkelten vor Lachen.
„Ron, hast du dir was getan!", kreischte Hermine besorgt.
Ron öffnete den Mund, um zu sprechen, doch er brachte kein Wort heraus. Stattdessen gab er einen dröhnenden Rülpser von sich und ein Dutzend Schnecken kullerten ihm aus dem Mund und klatschten auf den Boden.
„Wir schaffen ihn am besten zu Hagrid, das ist am nächsten", sagte Harry zu Hermine, Sophie und mir.
Wir nickten.
Ich hörte ein Klicken und sah Colin hinter mir, der ein Bild von Ron gemacht hatte.
„Kannst du ihn festhalten, Harry?", fragte Colin fasziniert.
„Aus dem Weg, Creevey", sagte Sophie unwirsch.
Harry und Hermine stützten Ron und brachten ihn zu Hagrids Hütte am Waldrand.
Bei Hagrids Hütte angekommen, klopften wir und kurz darauf öffnete Hagrid die Tür.
„Hab mich schon gefragt, wann ihr endlich kommt", begrüßte er uns und wir betraten sein kleines aber feines Häuschen.
Harry und Hermine halfen Ron über die Türschwelle und ließen ihn in einen Sessel sinken und Sophie und ich erklärten Hagrid rasch, was passiert war.
Hermine ging zum Fenster und sah nach draußen.
„Besser raus als rein", sagte er gut gelaunt und stellte eine große Kupferwanne vor Ron auf. „Nur immer raus damit, Ron. Ich glaube, wir können nichts tun außer warten, bis es aufhört", erklärte Hagrid währen Ron sich über die Wanne beugte.
„Wen sollte der Fluch eigentlich treffen?", wollte Hagrid wissen.
„Malfoy. Er sagte zu Hermine, nun ich weiß nicht, was es bedeutet", sagte Harry.
„Das Wort war Schlammblut", erwiderte Hermine und drehte sich zu uns. Sie hatte Tränen in den Augen.
Hagrid sog scharf die Luft ein. „Das hat er nicht", knurrte er.
„Was heißt Schlammblut?", fragte Harry neugierig.
Das wollte ich auch wissen.
„Schmutziges, unreines Blut. Schlammblut ist ein fieses Schimpfwort für Leute mit Muggelabstammung, mit nicht Zauberern als Eltern. Jemanden wie mich. Unter kultivierten Leuten verwendet man das Wort nicht", erklärte Hermine.
„Vollkommener Stuss, wenn ihr mich fragt. Unreines Blut", sagte er lachend. „Außerdem hat es noch keiner geschafft, einen Zauber zu erfinden den unsere Hermine nicht hinbekommt."
Hermine lächelte.
„Und...", fing Ron an und sah dann zu mir.
„Lia wollte Hermine verteidigen und Malfoy hat dann ihre Eltern erwähnt und ... was mit ihnen passiert ist. Tut mir leid."
Ron sah mich mitleidig an. Harry kam zu mir und umarmte mich und Hagrid sah mich geschockt an.
Harry, Ron, Hermine, Sophie und ich blieben noch ein bisschen bei ihm, bis es Zeit zum Mittagessen war. Da ich ziemlich hungrig war, zog es mich in die Schule. Wir verabschiedeten uns von Hagrid und gingen hoch zum Schloss. Ron gluckste zwar noch ein paar Mal, doch es kamen nur noch zwei winzige Schnecken zum Vorschein.
Kaum hatten wir die Eingangshalle betreten, als auch schon eine laute Stimme ertönte.
„Da sind sie ja, Potter - Weasley."
Professor McGonagall Schritt mit ernster Miene auf uns zu. „Sie drei werden heute Abend Ihre Strafarbeiten erledigen."
„Was müssen wir tun, Professor?", wollte Ron wissen und versuchte hektisch einen Rülpser zu unterdrücken.
„Sie polieren das Silber im Pokalzimmer zusammen mit Mr Filch", sagte Professor McGonagall. „Und keine Zauberei, Weasley - Armschmalz."
Ron schluckte. Alle Schüler des Schlosses hassten Filch, den Hausmeister.
„Und Sie beide, Potter, helfen Professor Lockhart dabei, seine Fanpost zu beantworten", sagte die Professorin.
Harry und ich sahen uns niedergeschlagen an.
„O Nein, bitte Professor, können wir nicht auch ins Pokalzimmer?", fragte ich verzweifelt.
„Auf keinen Fall", sagte Professor McGonagall und zog die Augenbrauen hoch. „Professor Lockhart hat ausdrücklich nach Ihnen verlangt. Pünktlich um acht, Sie drei."
Niedergeschlagen schlurften Harry, Ron und ich in die große Halle und Hermine hatte ihre „Schließlich habt ihr die Schulregeln gebrochen" - Miene aufgesetzt.
Der Samstagnachmittag schien rasch dahinzuschmelzen und kaum hatten wir uns versehen, war es auch schon fünf vor acht. Harry und ich schleppten uns den Gang im zweiten Stock entlang zu Lockharts Büro. Ich biss die Zähne zusammen und klopfte. Promt flog die Tür auf. Lockhart strahlte auf uns hinab.
„Ah, da sind ja die kleinen Taugenichts!", sagte er. „Kommen Sie rein, nur herein mit Ihnen."
Entlang der Wände spiegelten zahllose gerahmte Fotos von Lockhart das Licht der vielen Kerzen wider. Ein paar der Bilder hatte er sogar mit seinem Namenszug versehen. Und auf dem Schreibtisch stapelten sich noch mehr Fotos.
„Sie können die Umschläge adressieren!", wies Lockhart Harry und mich an, als ob dies eine besondere Gunst wäre. „Dieser erste geht an die gute Gladys Gudgeon - großer Fan von mir -"
Die Minuten schlichen dahin. Ich ließ Lockharts Worte an mir abtröpfeln und sagte gelegentlich „Mmm" und „Stimmt" und „Ja". Hin und wieder fing ich einen Satz auf wie:„Ruhm ist ein tückischer Begleiter, Harry, Lia", oder:„Berühmt sein heißt ruhmreich zu handeln, merken Sie sich das."
Die Kerzen brannten zu Neige und warfen ihr flackerndes Licht über die vielen Gesichter Lockharts, die Harry und mich ansahen. Mit schmerzender Hand schrieb ich auf den wohl tausendsten Umschlag die Adresse einer Veronica Smethley.
Muss bald Zeit sein zugehen. Bitte lass es bald Zeit sein.
Als ich weiter hoffte, dass Harry und ich bald entlassen werden würden, hörte ich eine Stimme, eine Stimme, die mir das Knochenmark gefrieren ließ, eine Stimme von eiskaltem Hass.
„Kommt ... kommt zu mir ... lasst mich euch zerreißen ... lasst mich euch zerfetzten ... lasst mich euch töten ..."
Ich sah zu Harry um zu sehen, ob er die Stimme auch gehört hatte. Dieser sah sich im Raum um und fiel fast vom Stuhl. Ich hatte versehentlich mein Tintenfässchen umgeworfen und ein großer lila Fleck breitete sich auf Veronica Smethleys Straße aus.
Harry und ich sahen uns geschockt an.
„Was?", sagte Harry laut.
„Ich weiß", sagte Lockhart, „sechs Monate an der Spitze der Bestsellerliste! Hab alle Rekorde gebrochen!"
„Nein", sagte Harry fiebrig, „diese Stimme!"
„Wie bitte?", fragte Lockhart verdutzt. „Welche Stimme?"
„Diese - diese Stimme, die gesagt hat - haben Sie es nicht gehört?", fragte ich verwirrt.
Lockhart sah Harry und mich höchst erstaunt an.
„Wovon reden Sie eigentlich? Großer Scott - was sagt denn die Uhr! Jetzt sind wir schon fast vier Stunden hier! Ist doch nicht zu fassen - wie die Zeit verflogen ist!"
Ich lauschte angestrengt, um die Stimme vielleicht noch einmal zu hören, doch niemand sprach, außer Lockhart, der uns erklärte, wir dürften nicht erwarten, bei jeder Strafarbeit so gut wegzukommen wie diesmal. Wie betäubt gingen Harry und ich zur Tür hinaus.
Es war so spät, dass der Gemeinschaftsraum der Gryffindors schon fast leer war. Ich verabschiedete mich mit einer Umarmung von meinem Bruder und ging dann gleich weiter in den Schlafsaal. Ich zog mich um und stieg ins Bett. Hermine und Sophie waren noch wach und hatten auf mich gewartet. Beide kamen zu mir und setzten sich auf mein Bett.
„Wie war's mit Lockhart?", fragte Hermine mit leiser Stimme, um Parvati Patil und Lavender nicht zu wecken.
Ich erzählte ihnen, was Harry und ich machen mussten und ganze vier Stunden Lockharts langweiliges Geschwafel ertragen mussten. Dann erzählte ich von der Stimme und wiederholte jedes Wort, das ich gehört hatte. Und das Harry die Stimme auch gehört hatte.
„Und Lockhart meinte, er hätte es nicht gehört?", wollte Hermine wissen.
Im Mondlicht sah ich sie die Stirn runzeln.
„Glaubst du, er hat gelogen? Aber ich versteh's nicht - selbst ein Unsichtbarer hätte ja die Tür öffnen müssen", meinte Sophie.
„Ich weiß", sagte ich.
Ich lehnte mich in meinem Himmelbett zurück und starrte auf den Baldachin über mir. „Ich versteh's auch nicht."

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