Kapitel 28

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Laura's Sicht

Endlich war ich fertig.
In Windeseile hatte ich mich angezogen, meine Haare geföhnt und meine Sachen zusammen gepackt, die im ganzen Hotelzimmer verstreut waren.
Es war fast 9 Uhr. In wenigen Minuten würden wir auschecken und nach Leipzig weiterfahren.
Heute Abend stand dort das nächste Konzert der Tour an.

Es klopfte an der Tür. Zu meiner Überraschung stand nicht nur Samu, sondern auch Osmo davor.
"Are you ready?", fragte er lächelnd, während er sich meinen Koffer schnappte.
Ich schaltete das Licht aus, nahm meine Tasche und schloss dann die Tür hinter uns.

Der riesige schwarze Bus stand bereits vor der Eingangstür und wartete.
Wir stiegen ein, verstauten unser Gepäck und setzten uns hin. Nach ein paar Minuten kamen auch Riku, Raul und Sami dazu, die sichtlich gut gelaunt waren.
Kurz nach 9 Uhr fuhren wir schließlich los.

Es dauerte nicht lange bis Raul und Samu eingeschlafen waren. Riku hörte Musik. Sami schaute einen Film auf seinem Laptop. Nur Osmo blickte sich noch unentschlossen um, so als würde er nach einer geeigneten Beschäftigung suchen, um die bevorstehenden 5 Stunden auf der Autobahn zu überbrücken.
Dann trafen sich unsere Blicke und seine Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen.
Osmo stand auf und setzte sich auf den freien Platz gegenüber von mir.
Er stützte sich auf dem Tisch ab, schaute nochmal zu den anderen, so als wollte er sichergehen, dass uns niemand zuhörte, und sagte dann geheimnisvoll: "Los. Jetzt erzähl mir was passiert ist.".

Ich zögerte, denn es war mir irgendwie unangenehm.
Immerhin teilte man als Frau seine intimsten Geheimnisse und die Details über das eigene Sexleben nicht mit jedem. Schon gar nicht mit einem Mann, den man eigentlich kaum kannte.

"Du kannst dir doch sicher denken, was passiert ist.", sagte ich peinlich berührt und wandte meinen Blick von ihm ab.
"Stimmt.", entgegnete Osmo belustigt.
"Aber... Was ist denn das zwischen euch? Nur eine heiße Affäre oder...mehr?", flüsterte er.

Diese Frage war schon oft durch meinen Kopf geschwirrt, aber ich hatte jedes Mal versucht, sie beiseite zu schieben.
Ich wusste es nicht.
Ich wusste nicht, was das zwischen uns war. Ich wusste nur, was ich für ihn fühlte. Jedoch nicht, was er für mich fühlte und auch nicht, wie es weitergehen würde.

Immerhin war ich mit Mike zusammen.
Doch ich hatte ihn betrogen. Ich hatte mit Samu geschlafen. Ich hatte mich in Samu verliebt und zugegebenermaßen fühlte sich mit ihm alles so viel besser an.

"Laura...?", ertönte Osmos Stimme und holte mich wieder ins Hier und Jetzt zurück.
"Ich weiß nicht, was das zwischen uns ist.", flüsterte ich.
Meine Gefühle fuhren Achterbahn und ich war total durcheinander.

"Hast du Gefühle für ihn?", fragte Osmo sanft und griff nach meiner Hand.
Tränen stiegen in meine Augen.
Ich kannte die Antwort, aber es fiel mir schwer sie auszusprechen, denn ich hatte Angst, mich da in irgendwas zu verrennen und am Ende todunglücklich zu sein.

"Ich glaube schon.", sagte ich. Meine Stimme brach.
"Das ist doch nichts schlimmes. Samu ist nicht der Typ für Affären. Ich hab ihn noch nie so erlebt. Er vergöttert dich, Laura", sagte Osmo.
"Aber das geht nicht. Samu und ich. Das geht nicht.", schluchzte ich kopfschüttelnd.

Ich hob schützend meine Hände vors Gesicht, denn ich wollte nicht, dass jemand meine Tränen sah.

"Warum nicht?", fragte Osmo einfühlsam.
Ich zögerte lange, denn ich wollte nicht, dass er etwas schlechtes über mich dachte. Ich hatte meinen Freund betrogen und mich seit Tagen nicht bei ihm gemeldet.
Ich musste mir also eingestehen, dass ich eine ziemlich egoistische Idiotin war.

"Sag schon.", bohrte er weiter nach.
Ich konnte nicht anders. Ich musste es ihm erzählen, denn er wollte mir nur helfen.
"Mike. Mein Freund. Ich habe einen Freund.", stotterte ich und wieder rollten Tränen über meine Wangen.

Osmo lehnte sich in seinem Sitz zurück, raufte sich die Haare und schwieg für einen kurzen Moment.
Es passierte selten, dass dieser so schlagfertige und lebenslustige Mensch, der mir gegenüber saß, sprachlos war.
Er sagte nichts und schaute gedankenverloren aus dem Fenster.

"Aber sowas passiert doch nicht ohne Grund.", merkte er schließlich kopfschüttelnd an.
Ich zuckte nur mit den Schultern, denn ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
"Bist du glücklich? Mit deinem Freund, meine ich.", fragte Osmo und ergriff wieder meine Hand.
Für mich war die Antwort schon lange klar, aber es fühlte sich falsch an, es auszusprechen.
Ich fühlte mich wie eine Verräterin.

"Nein.", flüsterte ich.
"Dann beende es. Warum machst du das noch mit, wenn du unglücklich bist? Du bist ein wundervoller Mensch. Du hast es verdient dein Leben zu leben und glücklich zu sein.", sagte er mitfühlend.

Osmo stand auf und reichte mir seine Hand.
"Komm.", forderte er mich auf.
Ich ergriff seine Hand und folgte ihm durch den Bus. Vorbei an den Schlafkojen bis in Samus Schlafzimmer, in dem ich als letztes geschlafen hatte.
Er setzte sich aufs Bett und ich tat es ihm gleich. Dann legte er tröstend seinen Arm um mich und sagte: "Hör auf dein Bauchgefühl. Ich sehe doch, dass da viel mehr zwischen Samu und dir ist. Nehmt euch Zeit, lernt euch besser kennen und schaut, wohin der Weg führt.".

Osmo hatte recht.
Es war mein Leben. Es war nicht meine Aufgabe, jemand anderen glücklich zu machen oder irgendwelchen Normen zu entsprechen.
Ich musste einfach das tun, was sich für mich richtig anfühlte. Ich musste glücklich sein.

"Danke. Ich bin froh, dass ich dich habe.", murmelte ich an seine Brust.

On tour with a rockstar / Samu & LauraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt