Kapitel 59

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Laura's Sicht

Inzwischen hatte ich eingesehen, dass ich einen riesengroßen Fehler gemacht habe.
Eigentlich hatte ich das schon eingesehen, nachdem mein Leben anfing, wieder halbwegs normal zu verlaufen.
Nach meiner endgültigen Trennung von Mike, nach meinem Umzug in die neue Wohnung und, nachdem ich den Job bei Universal bekommen hatte.
Das war der Zeitpunkt gewesen, an dem ich begann, endlich wieder zu leben, doch ich hatte ziemlich schnell gemerkt, dass etwas fehlte.
Dass jemand fehlte.

Ich hatte es schlichtweg vermasselt.
Ich hatte dem Mann, der jetzt hier neben mir saß, das Herz gebrochen, weil ich selbst nicht wusste, was ich eigentlich wollte.
Ich war zu blind gewesen um einzusehen, dass ich Samu liebte.

Als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen, schaute er mich plötzlich wieder an.
Verzweifelt versuchte ich mich darauf zu konzentrieren, ihm in die Augen zu schauen und nicht ununterbrochen auf seine vollen Lippen zu starren.
Allein die Erinnerung daran, wie sie sich auf meinen angefühlt hatten, sorgte dafür, dass sich etwas in mir schmerzlich zusammenzog, weil ich dieses Gefühl so sehr vermisste.

"Weißt du, wie es sich anfühlt von der Frau vergessen zu werden, die man selbst einfach nicht vergessen kann?", fragte Samu leise und fixierte mich wieder mit seinem Blick.
Augenblicklich spürte ich, dass sich ein Kloß in meinem Hals bildete.
Seine Aussage, und der Schmerz und die Verzweiflung, die darin lagen, hatten mich mit voller Wucht getroffen.
Meine Augen füllten sich mit Tränen.
"Ich hab dich nicht vergessen, Samu. Niemals.", beharrte ich, doch meine Stimme war nur ein schwaches Flüstern.
Ich atmete ein paar Mal tief durch, um mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich diese indirekte Anschuldigung getroffen hatte.

Langsam und bedächtig streckte er seine Hand nach meiner aus und umschloss sie dann mit seinem sanften Griff, nachdem er gemerkt hatte, dass ich nicht vor ihm zurückwich.
"Warum hast du dich dann nie gemeldet? Warum hast du nie geschrieben? Warum hast du mich nie angerufen?" - Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus und sein Griff um meine Hand verfestigte sich.

Wenn er wüsste, wie oft ich kurz davor gewesen war...
"Ich dachte... Ich dachte es wäre zu spät.", brachte ich unsicher hervor und schaute betreten auf unsere Hände.
"Fuck!", fluchte Samu und schüttelte entschlossen den Kopf.

Ein zaghaftes aber aufrichtiges Lächeln lag jetzt auf seinen Lippen und mir ging sofort das Herz auf. Dieses Hin und Her machte mich wirklich fertig.
"Es war nie zu spät. Ich hab in jeder freien Minuten an dich gedacht. Jeden Tag. Bis heute.", sagte er und wir verschränkten unsere Finger miteinander.
Dann legte er seine andere Hand an meine Wange und streichelte mit seinem rauen Daumen sanft darüber.
Seine Berührung fühlte sich unglaublich gut an und ließ mein Herz noch schneller schlagen.

Samus Anwesenheit ließ mich alles andere vergessen.
Zum ersten Mal seit fast anderthalb Jahren, fühlte ich mich wieder vollständig und der Grund dafür, war dieser Mann, der noch immer die gleiche Wirkung auf mich hatte, wie damals.

Samu's Sicht

Dass wir uns in dieser riesigen Stadt, mit über 3 Millionen Einwohnern, einfach so über den Weg gelaufen sind, war mit Sicherheit nicht einfach nur ein Zufall.
Das hatte eine viel größere Bedeutung.
Vielleicht war das unsere zweite Chance.

An meinen Gefühlen hatte sich gar nichts geändert.
Ich war noch immer genauso verrückt nach Laura, wie damals.
Auch wenn zwischen uns viel kaputt gegangen war, hatte ich noch längst nicht mit ihr abgeschlossen.
Ganz im Gegenteil. Ich war hoffnungsvoller als je zuvor, als ich dann mit ihr auf dieser Bank saß und ihre Hand hielt.

"Samu...", begann Laura ihren Satz und schaute mich an.
Dann erhob sie sich und sprach weiter: "Ich muss los. Es wird bald dunkel."
Ich schluckte schwer.
Das konnte es nicht schon wieder gewesen sein.

"Dir ist klar, dass ich dich nicht einfach so gehen lassen kann, oder?", fragte ich vorsichtig und erhob mich ebenfalls von der Bank.
Lauras Lippen verzogen sich zu einem schüchternen Lächeln und sie wandte den Blick von mir ab.
"Ich kann dich noch ein Stück begleiten.", schlug ich vor und hoffte inständig, dass sie das zuließ.
"Okay.", sagte sie leise, also machten wir uns gemeinsam auf den Weg.

Wir schlenderten noch eine Weile durch den Park, bis wir wieder an einer belebten Straße landeten.
Nach ungefähr 20 Minuten hatten wir ein ruhiges Wohngebiet erreicht, dass fast ausschließlich aus modernen Mehrfamilienhäusern zu bestehen schien.

"Hier ist es.", verkündete Laura leise und wir blieben vor einem der Gebäude stehen.
Sie trat nervös von einem Fuß auf den anderen und blickte angespannt zu Boden.

Ich nahm all meinen Mut zusammen, machte einen kleinen Schritt auf sie zu und ergriff ihre kalten Hände.
Als wir uns dort in der Dunkelheit so gegenüberstanden und unsere Blicke sich wieder trafen, sah ich zum ersten Mal sowas wie Hoffnung in Lauras wunderschönen Augen aufblitzen.

"Sehen wir uns morgen wieder?", platzte es aus mir heraus.
Ich hatte mir fest vorgenommen, es langsam angehen zu lassen, um sie nicht zu überrumpeln, aber meine Angst, dass sie einfach so in diesem Haus verschwinden würde, war in diesem Moment viel zu groß.
Ich hatte sie gefunden und ich würde es definitiv nicht ertragen, sie ein weiteres Mal zu verlieren.

"Sehr gerne.", entgegnete sie schüchtern.
Mein Herz machte vor Freude einen großen Sprung.
"Ich hole dich ab. Um 18 Uhr?", schlug ich vor.
Laura nickte zustimmend und sah mich noch immer mit diesem liebevollen Blick an, der mich hoffen ließ, dass doch noch nicht alles vorbei war.

Bedächtig machte ich einen weiteren Schritt auf sie zu und wartete auf eine Reaktion. Doch sie wich nicht zurück. Sie blieb einfach stehen und sah mich an. Auch als uns nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten.
Dann zog ich sie an mich, löste meine Hände sanft aus ihrem Griff und legte meine Arme um sie.
Auch Laura schlang ihre Arme um meinen Oberkörper und legte zögerlich ihren Kopf an meine Brust.
Einen Moment lang, fühlte sich alles so an, wie damals.

Es fiel mir wirklich schwer, ihr hübsches Gesicht nicht mit meinen Händen zu umfassen und meine Lippen auf ihre zu pressen, doch ich wusste, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt war.
Zwischen uns lagen noch zu viele ungeklärte Fragen und zu viele unausgesprochene Dinge.

Irgendwann löste Laura sich quälend langsam von mir.
"Bis Morgen, Samu.", flüsterte sie und verschwand dann im dunklen Hauseingang.

On tour with a rockstar / Samu & LauraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt