Kapitel 54

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Samu's Sicht

Wie ich bereits befürchtet hatte, reagierte Laura auch auf meinen Brief nicht.
Offensichtlich hatte sie endgültig mit mir abgeschlossen.
Es war an der Zeit, das endlich einzusehen und es zu akzeptieren.
Auch wenn es mir unheimlich schwer fiel.

In den kommenden Monaten konzentrierte ich mich wieder mehr auf die Musik.
Gemeinsam mit den Jungs war ich zu dem Entschluss gekommen, dass das Ende von Sunrise Avenue näher rückte.
Es wurde immer schwieriger, alles unter einen Hut zu bekommen.
Die Prioritäten in unserem Leben hatten sich verändert.
Allerdings wollten wir noch ein letztes Mal auf Tour gehen, um uns von unseren Fans zu verabschieden.

Die Musik war mein Leben und das war bei Riku, Osmo, Sami und Raul ganz ähnlich.
Ich war mir ziemlich sicher, dass wir alle dieser Leidenschaft treu bleiben würden.
Nur eben nicht mehr gemeinsam als Sunrise Avenue.

Diese Entscheidung war vor allem mir nicht leicht gefallen, denn diese Band war mein Leben gewesen.
Wir hatten jahrelang dafür gekämpft, endlich erfolgreich zu werden und so richtig durchzustarten.
Doch auch die schönsten Dinge im Leben, fanden irgendwann ihr Ende.

Ich war voll motiviert ins neue Jahr gestartet.
Mittlerweile war viel Zeit vergangen.
Laura war noch immer ein Teil meines Lebens, aber der Schmerz hatte nachgelassen.
Ich hatte weitestgehend mit diesem Kapitel abgeschlossen und war bereit, wieder nach vorne zu schauen.

In den vergangenen Wochen und Monaten hatte ich sogar einige Frauen kennengelernt. Einigen war ich sehr nah gekommen, doch bei keiner von ihnen fühlte ich auch nur ansatzweise das, was ich damals bei Laura gefühlt hatte.
Es waren gute Möglichkeiten gewesen, um sich abzulenken und um Spaß zu haben, aber mehr war das für mich nicht.

Mittlerweile war es Ende September.
Der Sommer war vorbei, die Tage wurden wieder kürzer und das Wetter wurde herbstlicher.
In Helsinki regnete es seit Tagen fast ununterbrochen, sodass ich dazu gezwungen war, den Großteil der Zeit in meiner Wohnung zu verbringen.
Eigentlich mochte ich diese Ruhe, doch es gab auch Tage, an denen ich mich ziemlich einsam fühlte.

Dieser Mittwoch war mal wieder einer dieser Tage.
Ich lag auf der Couch, hatte den Fernseher eingeschaltet und scrollte gelangweilt durch meinen Instagram-Newsfeed.
Ich sah haufenweise belangloses Zeug von Freunden und Bekannten, bis ich schließlich bei einem Bild von Laura hängen blieb.
Allein der Anblick ihres Profilnamens ließ mich jedes Mal erstarren, sobald er irgendwo auf meinem Profil auftauchte.
Jedes Bild, dass sie in den vergangenen Monaten hochgeladen hatte, hatte ich mir mittlerweile wahrscheinlich mehrere hunderte Male angesehen.
Instagram war die einzige Art und Weise, auf die ich irgendwie noch an ihrem Leben teilnehmen konnte, denn meine Anrufe und all meine Nachrichten hatte sie einfach ignoriert.

Das Bild, dass sie erst vor ein paar Stunden hochgeladen hatte, kam mir seltsam bekannt vor.
Nachdenklich betrachtete ich es, bis mir plötzlich klar wurde, dass dieses Bild entstanden war, als sie im April letzten Jahres mit uns auf Tour gewesen war.
Wahrscheinlich hatte Osmo es gemacht.

Es zeigte Laura, die mit veträumtem Blick und einem Backstage-Pass um den Hals über einen großen Parkplatz lief.
Das Bild musste vor einem unserer Konzerte auf dem Gelände der Arena entstanden sein.
Angestrengt versuchte ich mich daran zu erinnern, wann und wo sie genau dieses Outfit getragen hatte, doch es gelang mir nicht.

Dann fiel mein Blick auf den Text unter dem Bild.

'Let me go
Was amazing but It's the last scene of the show
Don't be afraid, It's not that bad
I know that you don't want me back'

Mir stockte der Atem.
Meine Hände wurden eiskalt und mein Herz begann zu rasen.
Sie benutzte eine Zeile aus einem unserer Songs.
Worte, die ich tief in mir gefühlt hatte, als ich diesen Song geschrieben hatte.
Das konnte kein Zufall sein.

Mit diesem Bild und dem dazugehörigen Text hatte sie mich wirklich zum grübeln gebracht und ich fragte mich, ob ihr das vielleicht sogar bewusst war.
Immerhin wusste sie, dass ich ihre Bilder auf Instagram jederzeit sehen konnte.

Nachdem es mir in den vergangenen Wochen und Monaten so gut gelungen war, diese Frau aus meinem Kopf zu verbannen, war sie jetzt wieder präsenter als je zuvor.
Vielleicht war meine Reaktion übertrieben.
Vielleicht war es auch einfach nur Wunschdenken.
Aber irgendwas tief in mir drin sagte mir, dass das eine Botschaft war.

Am nächsten Tag war ich mit Osmo im Studio verabredet.
Als wir nach ein paar Stunden Arbeit eine kurze Pause machten, erzählte ich ihm davon.
Ich war mir sicher, dass er besser wusste als ich, was das zu bedeuten hatte.
Ob das überhaupt etwas zu bedeuten hatte...

"Also wenn du mich fragst, ist das nicht einfach nur ein Zufall.", sagte er konzentriert, während er noch immer aufs Display starrte.
Mein Gefühl hatte mich also doch nicht getäuscht.
"Man Samu, ich glaube sie hängt noch immer an dir.", seufzte er und schob mir mein Handy über den Tisch hinweg zu.

"Warum hat sie dann nie auf meine Anrufe reagiert?", fragte ich und hoffte, dass mir endlich jemand diese Fragen beantworten konnte, wenn Laura selbst es nicht tat.

Über ein Jahr war vergangen und auch wenn ich das geglaubt hatte, musste ich mir jetzt eingestehen, dass ich noch kein Stück über sie hinweg war.

"Wahrscheinlich wollte sie es einfach verdrängen. Frauen sind kompliziert. Sie entscheiden sowas nicht einfach aus dem Bauch heraus. Besonders Laura nicht. Ich hatte damals schon das Gefühl, dass sie sich viel zu viele Gedanken über alles macht.", sagte Osmo entschlossen.

Seine Worte ließen meine Hoffnung wieder aufkeimen.
Vielleicht hatte er recht.
Vielleicht hatte sie doch noch nicht endgültig mit mir abgeschlossen.
"Was soll ich jetzt tun?" - Ich blickte Osmo hilfesuchend an und wartete auf seine Antwort.

"Fahr zu ihr!", sagte er fest entschlossen.
War das sein Ernst?
"Ich kann nicht einfach zu ihr fahren. Sie wohnt in Berlin.", sagte ich irritiert.
"Natürlich. Aber du fliegst doch sowieso nächste Woche mit Mikko nach Berlin, oder?".
Der Termin bei Universal. Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.

Mikko und ich hatten dort einen Termin, denn im Hinblick auf unsere Abschiedstournee und das letzte Album, gab es noch einiges zu klären.

Während wir weiter arbeiteten, musste ich ständig über Osmos Vorschlag nachdenken.
"Ich weiß doch nicht mal wo sie wohnt.", stellte ich irgendwann resigniert fest.
"Du hast doch ihre Adresse. Du hast ihr doch diese Bilder geschickt.", sagte Osmo, der das ganze offensichtlich für eine ziemlich gute Idee hielt.
"Was wenn sie mittlerweile umgezogen ist?", fragte ich skeptisch.
"Komm schon, Samu. Du könntest es zumindest versuchen, wenn dir noch immer was daran liegt."

Osmo hatte recht.
Ich wollte, dass sie mir zumindest in die Augen sah, wenn sie mir sagte, dass sie nichts mehr für mich empfindet.

On tour with a rockstar / Samu & LauraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt