Draco
Das war der längste Tag meines Lebens. Nachdem Harry Anna so angebrüllt hatte, konnte ich mich endgültig nicht mehr konzentrieren. Ich zählte jede Minute, bis der Unterricht endlich vorbei war. So schnell ich konnte lief ich in die Eingangshalle. Von weitem konnte ich Anna an die Wand lehnend erkennen. Sie starrte an die Decke. Als hätte sie mich gehört, drehte sie den Kopf zu mir und stieß sich von der Wand ab. Ein leichtes Lächeln lag auf ihrem Gesicht.
„Komm. Wir gehen ein Stück.", sagte sie und ging vor. Ihre Schulsachen hatte sie offensichtlich weggebracht. Sie trug nichtmal mehr ihre Schuluniform, sondern eine blaue Jeans und einen schlichten weißen Pullover. Ihre Jacke hatte sie über ihren Arm gelegt.
„Wie geht es Harry? Was ist mit ihm?"
„Ihm geht es gut. So gut es ihm eben gerade gehen kann.". Ihr Blick war starr nach vorn gerichtet.
„Was war los? Ich mache mir Sorgen..."
„Ich habe mit Harry gesprochen. Er hat mir erlaubt dir alles zu erzählen."
„Okay..."
Sie sah mich nicht an. Langsam gingen wir nebeneinander her. Schließlich schaute sie sich nochmal um, bevor sie zu erklären anfing.
„Es begann alles schon vor dem Krieg. Mit der Zeit wurde es immer schlimmer. Nach dem Krieg, nach allen, die wir im Krieg verloren, war es am schlimmsten..."
„Harry macht sich selbst für alles verantwortlich, oder?", schlussfolgerte ich. Anna nickte knapp.
„Im Sommer halfen wir den Weasleys ihr Haus wieder aufzubauen. In der Zeit wohnten sie bei uns. Als sie schließlich auszogen, war es plötzlich so leer. Dad lag im Koma. Harry und ich waren in diesem großen Haus alleine. Manchmal sah ich ihn tagelang nicht. Er aß nicht und kam nur aus seinem Zimmer, wenn er sicher sein konnte, dass er mir nicht begegnen würde. Es war schlimm ihn so zu sehen. Wie du vielleicht sehen konntest, ist er ziemlich dünn geworden.... An einem Abend kam er dann endlich mal aus seinem Zimmer und wollte etwas ändern. Das war eine Woche vor Schulbeginn. Seitdem wurde es besser. Er konzentrierte sich auf die Schule und es schien ihm besser zu gehen.... Es war wohl naiv zu denken, dass es vorbei war..."
Sie machte eine kurze Pause. Noch immer liefen wir nebeneinander her und ich hörte ihr gespannt zu, als sie weiter sprach.
„Vor drei Tagen, hast du ihn geküsst...", sagte sie ruhig. Ich wusste nicht was das mit allem zu tun hatte. Aber sie sprach weiter.
„Er war überwältigt. Übrigens schien er überglücklich, als er mir davon erzählte." Sie schaute mich zum ersten Mal kurz an und lächelte leicht.
„Und ich glaube das ist der Punkt."
„Ihm geht es schlecht, weil er glücklich ist?", fragte ich verwirrt.
„Ich habe da so eine Theorie. Er war überglücklich. Ron und Hermine wollten dir eine Chance geben. Mehr wollte er nicht. Dann ist er zu Bett gegangen. In der Nacht hatte er einen schlimmen Alptraum. Ihm sind verschiedene Menschen erschienen, die ihm die Schuld an allem gaben. Ich glaube, dass er unterbewusst ein schlechtes Gewissen hat, dass er glücklich sein kann und die Menschen, die wegen ihm starben, es nie wieder sein konnten. Ich nehme an, dass das eine Panikreaktion oder sowas in der Art auslöste und er sich deshalb so verhalten hat."
„Klingt irgendwie plausibel.", antwortete ich nachdenklich. Ich hätte niemals erwartet, dass er so litt. Er wurde von allen als Held gefeiert. Sogar im Tagesprophet war er regelmäßig zu sehen. Aber wie es wirklich in ihm aussah, hätte wohl niemand erwartet.
„Und was passiert jetzt? Wo ist er gerade?", fragte ich Anna.
„Er hat sich dazu bereit erklärt sich professionelle Hilfe zu suchen. Ich habe auch schon mit McGonagall gesprochen. Im St. Mungo's gibt es wohl einen Arzt, der ihm helfen könnte. Er ist spezialisiert auf psychische Probleme. Sie hat direkt einen Termin gemacht. Da es sich um den großen Helden Harry Potter handelt, hat er natürlich direkt für morgen einen bekommen. Ich darf ihn begleiten und in der Zeit dann meinen Dad besuchen.... Hör zu. McGonagall hat ausdrücklich gesagt, dass niemand davon erfahren soll. Es soll nicht an die Presse gelangen. Das würde es nur noch schwerer machen für Harry."
„Natürlich. Ich sage nichts zu niemandem.", versprach ich ihr. Ich hielt sie am Arm fest, sodass sie sich zu mir umdrehte.
„Ich möchte für ihn da sein. Ihm helfen wo es geht. Er ist mir wichtig!"
„Das ist schön zu hören Draco. Ich denke du tust ihm auch gut."
Sie lächelte mich aufmunternd an.Eine Woche später...
Liebes Tagebuch,
Ich habe Harry fast die ganze Woche nicht richtig gesehen. Wenn der Unterricht vorbei war, ging er mit Hermine, Ron und Anna immer sofort wieder los. Nachmittags war er dann immer mit Anna im St. Mungo's. Offiziell besuchten sie Lupin, aber inoffiziell eben auch nicht. Ich würde mich so gerne mit ihm unterhalten. Ihn in den Arm nehmen. Ihn berühren...
Ich war gerade am Mittagessen, als mich ein Brief erreichte. Er hatte die Form eines Papierfliegers und landete direkt vor mir.
20 Uhr in der Bibliothek.
-HMehr stand nicht drin.
Es war kurz vor acht. Auf dem Weg in die Bibliothek kamen mir kaum Schüler entgegen. Unter der Woche war um diese Uhrzeit kaum noch etwas los. Die meisten ruhten sich in ihren Gemeinschaftsräumen aus.
Mit rasenden Herzen betrat ich langsam den großen Raum. Ich hatte sofort wieder den vertrauten Geruch von alten Büchern in der Nase. An den Wänden, leuchteten die Fackeln, wie sonst auch und erhellten den Raum. Vorsichtig ging ich weiter durch den Mittelgang bis zum Ende durch. Ich konnte Harry nirgends entdecken.
„Du bist zu früh.". Ich bekam einen riesigen Schreck und drehte mich ruckartig um.
„Du hast mich erschreckt.", gab ich leise zurück.
„Ich weiß..", sagte er grinsend. Wie sehr ich es vermisst hatte ihn so zu sehen. Wie sehr ich ihn vermisst hatte. Er sah besser aus. Viel besser. Die Augenringe waren nicht komplett verschwunden, aber schon wesentlich schwächer. Er trug das weiße Hemd der Schuluniform und die passende rot-goldene Krawatte. Die Ärmel waren locker bis zu den Ellbogen hochgekrempelt und die Hände waren in den Hosentaschen versunken. Wenn er nur wüsste was für eine Wirkung er auf mich hatte.
„Draco... Es tut mir leid. Alles.", begann er.
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich....", er unterbrach mich und kam einen Schritt auf mich zu.
„Ich möchte es aber. Anna hat dir ja schon einiges erklärt, aber ich wollte mich trotzdem für mein Verhalten entschuldigen...", sein Blick senkte sich langsam. Ich wusste einfach nicht, was ich antworten sollte also überwand ich den restlichen Abstand und nahm ihn in den Arm. Zögerlich hob er seine Arme, bis er sich schließlich darauf einließ und mich fest drückte. Er legte seinen Kopf an den meinen Hals, sodass ich seinen warmen Atem spüren konnte. Es jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken.
„Harry, ich bin für dich da. Egal was ist.", flüsterte ich ihm in die Haare. Seine Antwort jagte mir erneut eine Gänsehaut über meinen Körper. „Danke."
„Wie geht es dir?",fragte ich vorsichtig.
„Besser. Viel besser." hauchte er. „Ich habe dich vermisst."
Ich konnte mir das Lächeln nicht verkneifen. „Ich habe dich auch vermisst. Und wie."
Ich drückte ihn nochmal fester. Langsam hob er seinen Kopf, bis er mit seinem Mund an meinem Ohr stehen blieb. „Die ganze Zeit", hauchte er mir ans Ohr. In Sekundenschnelle stieg Hitze in mir auf. Ich wusste nicht wie ich darauf reagieren sollte. Mein Herz raste und mein Bauch kribbelte wie verrückt. Harrys Hände fuhren an meinem Rücken entlang, bis sie auf meiner Taille liegen blieben. Er fing an meinen Hals zu küssen. Ganz leicht. Einmal von links nach rechts. Ich ließ es einfach geschehen.
Schließlich hielt ich es nicht mehr aus. Ich legte meine Hände auf seine Wangen, schaute ihm in die leuchtend grünen Augen und küsste ihn. Ganz langsam und vorsichtig. Ich musste nicht lange warten, bis er es erwiderte. Um ihn nicht zu verschrecken, ließ ich ihn das Tempo vorgeben. Die letzte Woche hinterließ Spuren.
Ich löste mich von seinen Lippen und küsste seinen Kiefer entlang, bis ich am Hals ankam. Sein Atem wurde immer schneller und lauter. Er drehte seinen Kopf ein wenig und begann erneut meinen Hals zu küssen. Meine Hände wanderten von seinen Schultern runter auf die Brust. Langsam strich ich weiter an seinem Oberkörper herunter, bis ich an seinen Rippen ankam. Ich konnte sie deutlich spüren. Zu deutlich. Leicht stieß ich Harry von mir.
„Harry.", hauchte ich, da ich noch immer außer Atem war.
„Was ist los?", fragte er genauso atemlos wie ich.
„Ich... ich denke wir sollten hier aufhören.".
„Was?"
„Nein. Alles gut! Ich denke nur, wenn wir jetzt weiter machen kann ich irgendwann nicht mehr aufhören.". Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Seine grünen Augen strahlten. Langsam ließ er seine Hände sinken.
„Okay."
Er ging einen Schritt zurück.
„Vielleicht sollten wir schlafen gehen. Die Sperrstunde fängt gleich an.", sagte er noch immer lächelnd. Ich versuchte mir dieses Lächeln so gut einzuprägen wie es ging. Vorsichtig ging er rückwärts, ließ mich aber nicht aus den Augen.
„Gute Nacht, Draco"
„Gute Nacht, Harry.", gab ich zurück. Er drehte sich um und ließ mich alleine in der leeren Bibliothek zurück.
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After war of Wizards
FanfictionNach der Schlacht, kehren einige Hexen und Zauberer zurück, um das 7. Jahr in Hogwarts zu beenden. Doch die Folgen des Krieges sind nicht zu leugnen. Wie geht man als 18-jähriger mit den Folgen um? Und was passiert, wenn mal nicht viel passiert? Sin...