Kapitel 32

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Harry

Eigentlich war es geplant erst nach dem Mittagessen zurück zu reisen, aber da Anna noch einiges für den Unterricht machen musste, gingen wir schon früher los. Somit konnte ich Draco überraschen. Er rechnete noch nicht so früh mit uns.
Als wir schließlich im Schloss ankamen, war das Frühstück schon beendet, also brachte ich erstmal meine Tasche nach oben. Ron und Hermine saßen gerade im Gemeinschaftsraum am Kamin, als ich eintrat.
„Hey Harry. Ich dachte du kommst erst später", begrüßte mich Ron.
„Ja. Anna muss noch etwas machen, also sind wir schon früher zurück."
Ich ging auf Hermine zu und nahm sie in den Arm, während sie auf der Couch sitzen blieb. Anschließend klopfte ich Ron auf die Schulter.
„Gibts etwas neues hier? Ich meine ich war einen ganzen Tag unterwegs."
Wir mussten alle lachen.
„Nein, nicht dass ich wüsste", gab Hermine zurück. „Ach Ja doch. Eine Sache gibt es. Unten am schwarzen Brett hängt eine Ankündigung, dass wir heute alle pünktlich zum Abendessen erscheinen müssen. McGonagall möchte eine Ankündigung machen."
„Eine Ankündigung für eine Ankündigung...", schmunzelte ich. „Wisst ihr worum es geht?"
„Nein. Sie hat noch nichts gesagt. Und auf dem Aushang steht auch nichts..."
„Dann warten wir wohl bis heute Abend.", sagte ich leicht bedauernd. Geduld war nicht meine Stärke. Ich ging um das Sofa herum und musste schon grinsen, bevor ich sprach.
„Sag mal, habt ihr Dray irgendwo gesehen? Ich will ihn überraschen."
„Oh, Dray.... Keine 24 Stunden getrennt und ihr vermisst euch so sehr...", zog Ron mich auf. Hermine warf ihm einen gespielt wütenden Blick zu. „Nein haben wir nicht.", antwortete sie schließlich. „Aber ich glaube er wollte raus gehen.", fügte sie noch achselzuckend hinzu.
„Hm. Ich glaube ich beschleunige die Suche und verwende die gute alte Karte des Rumtreibers."
„Alles klar, Harry!", rief Ron mir hinterher, als ich die Stufen zum Schlafsaal hinauf ging.
Ich öffnete die unterste Schublade meines Nachtschrankes und holte ein altes Stück Pergament heraus.
„Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut."
Die Wirkung dieses Satzes zeigte sich sofort. Langsam ging ich die Karte durch. Die meisten hielten sich in den jeweiligen Gemeinschaftsräumen auf. Andere in der Bibliothek und wenige schlichen durch die Gänge.
Da war er. Ich Waschraum neben der großen Halle.
„Missetat begangen".
Die Karte fand wieder ihren Platz in der Schublade. Sofort ging ich los.
„Hast du ihn gefunden? Wo ist er?" fragte Hermine neugierig.
„Ja. Im Waschraum. Bei der großen Halle.", antwortete ich knapp und durchquerte dabei den Gemeinschaftsraum.
Wenige Minuten später, war ich die Treppen heruntergegangen und stand vor der braunen Holztür, die zum Waschraum führte. Langsam öffnete ich sie und trat ein. Ich konnte leise schmerzverzerrte Geräusche hören. Und dann zog jemand scharf die Luft ein, worauf hin Wasser plätscherte.
„Dray?", fragte ich vorsichtig. Als ich an den Toilettenkabinen vorbei, um die Ecke bog, sah ich ihn. Er sah furchtbar aus. Mein Blick musterte seinen nackten Oberkörper, bis er an dem Blut in seinem Gesicht hängen blieb. Schnell drehte er sich wieder um.
„Dray, was ich mit dir passiert?", fragte ich aufgebracht und gleichzeitig besorgt. Als ich auf ihn zu ging, bemerkte ich sein Hemd auf dem Boden, welches große rote Flecken hatte.
Ich legte meine Hand auf seinen Rücken, woraufhin er zusammen zuckte.
„Dray...."
Er sagte nichts. Sein Blick lag auf dem Wasserhahn der noch immer lief. Langsam griff ich danach und drehte ihn zu. Dann packte ich Draco an den Schultern und schob ihn vor mich, sodass ich ihn ansehen konnte.

Ihn so zu sehen, fühlte sich an wie tausend kleine Messerstiche im Magen. Er konnte mir nicht in die Augen schauen. Es sah eher so aus, als starrte er mir auf die Brust. Die Arme hatte er vor seiner eigenen verschränkt.
Vorsichtig hob ich die rechte Hand an seine Wange und hob den Kopf an. Dabei begutachtete ich die gebrochene Nase, welche auch gleich blaue Flecken unter den Augen hinterließ. An seinem Kinn klebte noch immer eine Spur aus Blut, die sich den Hals hinunter schlängelte. Langsam fuhr ich mit den Händen seine Arme entlang, bis ich bei seinen Händen ankam und mit leichtem Druck deutete, dass er sie runter nehmen sollte. Zum Vorschein kamen einige Blutergüsse in verschiedenen Formen und Farben. Sogar auf seinem linken Hüftknochen war ein riesiger Bluterguss zu sehen.
„Warum?", fragte ich ungläubig mit dem Blick auf die bunte Haut gerichtet. Er antwortete nicht, also sah ich ihm direkt in die Augen. Sie sahen schmerzerfüllt aus.
Ich ging zwei Schritte rückwärts ohne von ihm wegzusehen und nahm ein kleines Handtuch von der Ablage. Warmes Wasser floss über meine Hände und feuchteten den grauen Stoff an. Dracos Augen beobachteten jede Bewegung die ich machte.
Schließlich fuhr ich vorsichtig über sein Blutverschmiertes Gesicht. Als ich seine Nase berührte, verzog er das Gesicht und schloss für wenige Sekunden die Augen. Langsam für ich übers Kinn, welches ich anhob, um auch den Hals richtig zu säubern. Der blutige Lappen landete im weißen Waschbecken und hinterließ eine rosa Spur.
Zum Schluss pellte ich mich aus meinem roten Pullover und zog ihn über Dracos Kopf. Jetzt standen seine grauen Augen noch mehr im Kontrast.
Da ich ausnahmsweise nichts unter meinem Pullover trug, was meinen nicht vorhanden Pack-Künsten geschuldet war, musste ich wohl so nach oben.
Ich hob Dracos schmutzige Wäsche auf, nahm ihn bei der Hand und zog ihn vorsichtig hinter mir her.
„Dray, ich bringe dich zu Madame Pomfrey, damit sie sich deine Nase ansehen kann."
„Nein.", erstaunt, dass er mir überhaupt antwortete blieb ich stehen.
„Warum nicht?"
„Sie wird wissen wollen was passiert ist."
„Was ist daran so schlimm?". Er hatte mir auch noch nicht erzählt was passiert worden war.
„Ich möchte es einfach nicht.", er klang so traurig und verletzt.
„Okay.... ich bringe dich in mein Zimmer, Okay?", fragte ich vorsichtig. Er nickte.

Da Draco nur langsam lief, dauerte es einen Moment, bis wir endlich durch das Portraits der fetten Dame gingen. Bei jeden Schritt, verzog er das Gesicht. Das hatte bestimmt mit dem blauen Fleck auf seiner Hüfte zu tun.
Im Gemeinschaftsraum angekommen, ging ich so unauffällig an allen vorbei wie es nur ging. Obwohl ich vor ging, bemerkte ich, dass Draco nervös umher sah.
Da ich halb nackt war und mein Freund einfach schrecklich aussah, wurden wir trotzdem bemerkt.
„Ron. Hermine."
Beide sahen gleichzeitig auf. Man konnte ihnen den Schock ansehen. Als ich ihren Blick auf mir ruhen hatte, nickte ich in Richtung meines Zimmers. Augenblicklich folgten sie uns.
„Was ist passiert?", fragte Hermine aufgewühlt, als ich Draco auf mein Bett setzte. Wie fast die gesamte Zeit auch, hatte er seinen Blick gesenkt und sah zu Boden.
„Dray.. sprich mit mir.", versuchte ich es erneut, jedoch reagierte er nicht. Also wendete ich mich meinen Freunden zu.
„Ich habe ihn doch auf der Karte im Waschraum stehen sehen.", beide nickten. „Als ich unten ankam stand er Blutverschmiert im Bad und versuchte sich zu waschen."
Besorgt sahen sie zu ihm runter.
„Harry, mir geht es gut", sagte Draco mit brüchiger Stimme.
„Ja genau so siehst du auch aus.... Was ist passiert?"
Wieder nichts.
„Draco. Dein ganzer Oberkörper ist voller blauer Flecke. Du bist nicht einfach irgendwo drüber gestolpert, also erzähl mir jetzt was passiert ist."
„Was?", fragte Hermine entsetzt. „Blaue Flecke?". Ich nickte ihr zu....
„Ich... wurde verprügelt", sagte er schließlich so leise, dass es kaum zu hören war. Es machte mich wütend.
„Von wem?"
„Kann ich nicht sagen..."
„Warum nicht?"
„Weil du ihn dann verprügeln würdest!". Dracos Stimme wurde lauter.
„Wer sagt das?", fragte ich noch wütender.
„Harry. Er hat doch recht. Würdest du das denn einfach ungestraft lassen?", fragte Ron vorsichtig.
„Nein!", schrie ich. „Sowas darf nicht ungestraft bleiben. Seht ihn euch an!"
„Harry beruhig dich.". Hermine kam langsam auf mich zu. „Das bringt doch nichts..."
„Aber nichts zu tun bringt auch nichts, Hermine!"
„Harry. Nein. Lass es einfach gut sein...", sagte mein Freund traurig. Ich verstand ihn einfach nicht. Er konnte sich keinen Zentimeter bewegen, ohne sein Gesicht vor Schmerz zu verziehen.
„Warum Dray? Warum soll ich es lassen?, fragte ich ihn so ruhig es ging.
„Er nannte mich einen Todesser. Okay? Er hat mich für meine früheren Taten verprügelt... Für das was ich mal war und nie wieder sein werde!", seine Stimme brach und seine Augen glitzerten verdächtig. Bei dem Versuch seine Worte zu verarbeiten, nahm ich ihn in den Arm.
„Das darf nicht nochmal vorkommen! Er muss bestraft werden..."
„Es war nicht das erste Mal..."
„Was?". Ich löste mich von ihm und sah ihn entsetzt an.
„In den ersten beiden Wochen, als wir noch nichts miteinander zu tun hatten, wurde ich mehrmals verprügelt. Zum Glück hat es irgendwann nachgelassen. Da waren es nur noch Beschimpfungen. Und heute morgen kam dieser Typ auf mich zu und sagte, dass ich mich ja nur an dich ran machen würde, damit mir nichts passiert....".
Seine Stimme klang schmerzerfüllt.
„Oh Dray... warum hast du nie etwas gesagt?"
„Ich wollte dich einfach nicht belasten. Du hattest mir einen Depressionen zu kämpfen. Und es wurde ja auch wieder besser...."
„Wieso habe ich es nie mitbekommen?", fragte ich nachdenklich...
„Sie fassen ihn nicht an, wenn du dabei bist. Harry, du bist hier der Held der alle gerettet hat. Natürlich würden sie ihm nichts tun, wenn du dabei bist.", mischte Hermine sich ein und Draco nickte zustimmend.
„Und wir haben vorher nicht viel in der Öffentlichkeit zusammen unternommen....", bemerkte ich eher zu mir selbst.
„Okay. Was machen wir?", fragte ich entschlossen.
Alle drei schauten mich fragend an.
„Wir müssen etwas tun. Ich muss etwas tun. Es kann nicht sein, dass er beschimpft wird, für Dinge die schon lange zurück liegen."
Ich drehte mich um und schaute in das Gesicht meines Freundes.
„Ich ertrage es nicht, wenn dir so etwas passiert....", sagte ich mitfühlend.
„Was willst du tun?", fragte Ron.
„Lasst mich nur machen..."
„Harry...", sagte Draco leise.
„Nein. Lass es mich regeln. Das kann nicht so weiter gehen.
Keiner widersprach mir.

Hermine richtete Dracos Nase. Ich gab ihm Kleidung, damit er sich umziehen konnte, denn auch auf seiner Hose waren rote Flecken. Als Draco meinen Pullover, den ich ihm im Waschraum gegeben hatte, auszog, konnte ich Rons schmerzverzogenes Gesicht sehen. Er hatte wohl die vielen Flecken entdeckt, die über der blassen Haut lagen.
Zum Mittagessen holte ich ihm etwas ins Zimmer und zum Abendessen mussten wir schließlich alle anwesend sein.

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