Kapitel 36

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Draco

In wenigen Minuten würden wir in Kings Cross auf Gleis 9 3/4 einfahren. Harry bestand darauf mit dem Zug zu fahren und nicht zu apparieren. Es würde zum Gefühl dazu gehören. Anfangs verstand ich es nicht, aber es war auch das erste Mal, dass ich mit meinen neuen Freunden im Hogwarts-Express reiste. Und überrascht konnte ich feststellend, dass er recht hatte.
Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich. Wir konnten uns in Ruhe über alle möglichen Themen unterhalten und uns auf die bevorstehenden Weihnachtstage freuen.
Ich fühlte mich sogar so wohl vor ihnen, dass ich ganz offen zugeben konnte, dass ich mir Sorgen machte wegen der Begegnung mit Remus. Diese stand schließlich unmittelbar bevor.
„Ach Draco. Mach dir keine Sorgen.", sagte Anna und setzte sich neben mich. Seitlich schlang sie die Arme um meine Schultern und legte ihren Kopf auf mir ab. „Du machst dir viel zu viele Gedanken. Allein Harry zuliebe wird er dich mögen. Und mir zuliebe mag er dich gleich zweimal.", lachte sie.
„Aber ich habe ihn damals nicht wirklich gut behandelt...", gab ich zu. Es tat mir so unfassbar leid.
„Zeig ihm dein neues Ich. Er hat mir versprochen, dass er dir eine Chance gibt. So als hätte er dich noch nie zuvor gesehen...", beruhigte Harry mich.
„Okay..."
Harry redete schon seit Tagen auf mich ein, dass alles gut werden würde und ich mich einfach nicht verstellen sollte. Und er sagte mir sogar was ich anziehen sollte. Für gewöhnlich trug ich meine schwarzen Anzüge, jedoch meinte Harry, dass das viel zu aufgesetzt wäre. Also stand er gestern Abend vor meinem Kleiderschrank und suchte mir passende Sachen heraus. Für heute hatte er mir eine schwarze Jeans und einen hellgrauen Pullover gegeben. Weitere Pullover, eine blaue Jeans und auch eine Jogginghose wanderten in meine Tasche mit den Worten „den Rest kannst du selbst packen.". Also wartete ich bis er weg war und packte wenigstens ein weißes Hemd ein. Zur Not konnte ich das noch mit der schwarzen Jeans anziehen. Schließlich kamen noch ein paar Shirts, Unterwäsche und Socken dazu.

Von weitem konnte ich bereits den Bahnhof sehen, als Anna uns alle aufscheuchte schonmal die Koffer zu holen. Sie konnte es kaum abwarten ihren Dad zu sehen. Den ganzen Tag verteilte sie schon gute Laune. Es blieb mir nichts anderes übrig, als auch gut gelaunt zu sein. Auch wenn es keinen Grund gab es nicht zu sein.
Mit einem lauten quietschen kam der Zug zum stehen. Obwohl wir nur zweimal im Jahr hier waren, war mir der Ort so vertraut. Rasch zog ich mir meinen schwarzen Mantel über, bevor wir schließlich ausstiegen.
Auf dem Bahnsteig herrschte großes Gedrängel. Eltern die ihre Kinder abholten. Familien die wieder vereint waren. Die Weihnachtliche Stimmung war deutlich zu spüren.
„Kommt ihr?", rief Anna ungeduldig. Harry hielt die gesamte Zeit meine Hand und zog mich mit sich. Ich konnte die Blicke der Menschen sehen. Sie erkannten mich und Harry erst recht. Wenn sich unsere Blicke kreuzten, schauten sie immer schnell weg, als hätte ich sie bei etwas verbotenen erwischt. Harry ließ sich davon aber nicht stören.
Nacheinander liefen wir durch die Absperrung und verließen schließlich den Bahnhof ganz.

Der Himmel war grau. Es schneite nicht, aber so wie es aussah, konnte es jeden Moment soweit sein. Die Luft war eisig und verfärbte unsere Nasen und Wangen sofort in ein zartes Rosa.
Wir verabschiedeten uns von Ron und Hermine, die zu den Weasleys apparieren wollten. Aber auch hier wollte Harry, dass wir ganz normal reisten.

Eine Taxi-Fahrt später standen wir schließlich vor einem Reihenhaus. Harry hatte mir davon erzählt. Und auch, dass es Sirius Haus war, bis er starb. Ich wusste nicht was genau ich erwartet hatte, aber irgendwie auch nicht das.
Anna war uns, wie die ganze Zeit schon, einige Schritte voraus und klopfte bereits an die schwarze Holztür.
Und da war er. Der Moment vor dem ich mich sorgte.
Remus öffnete die Tür und augenblicklich fiel Anna ihn um den Hals. Er taumelte etwas.
„Oh Vorsicht, Kleines.", hörte ich ihn lachen. Er trug eine gewöhnliche Jeans und einen braunen Wollpullover. Der Kragen eines weißen Hemdes ragte hervor. In seinem Gesicht hatte er eine große Narbe, die mich daran erinnerte, dass er ein Werwolf war.
„Ich hab dich vermisst, Dad!",
„Ich dich auch.", sagte er seufzend.
Für einen kurzen Moment vergrub Remus seinen Kopf in den Haaren seiner Tochter. Dann löste er sich wieder. Anna ging an ihm vorbei ins Haus und sein Blick wanderte zu Harry, der vor mir stand. Auch ihn nahm er liebevoll in den Arm.
„Na Harry."
„Hey Remus.". Harry klang glücklich und auch irgendwie erleichtert. Es war schön zu sehen, wie viel Remus ihm bedeutete. Als sie sich voneinander lösten, wurde mein Herz schwer. Er sah mir prüfend, aber dennoch lächelnd in die Augen.
„Hallo Draco. Schön dich wieder zu sehen.", sagte er ruhig und streckte mir die Hand entgegen. Zögernd nahm ich sie und bemerkte, dass er einen festen Händedruck hatte.
„Hallo Professor.", gab ich ebenfalls leicht lächelnd zurück.
„Ach, Ich bin schon lang kein Professor mehr.", lachte er überraschend herzlich und ließ meine Hand wieder los. „Nenn mich Remus."
„Okay...". Mein Herz klopfte wie verrückt, aber ich versuchte so ruhig zu bleiben wie es ging.
„So. Ehm. Kommt doch rein. Euch muss ziemlich kalt sein."
Er trat auf die Seite und mit einer ausladenden Handbewegung deutete er auf den langen dunklen Gang. An der Wand hingen einige Porträts, jedoch erkannte ich niemanden.
Harry, der noch immer strahlte, nahm meine Hand und zog mich mit sich.
„Remus, wir bringen unsere Taschen schonmal hoch.", rief Harry, als wir an der Treppe ankamen.
„Klar. Kommt ihr dann gleich zum Tee?", fragte er noch.
„Na klar."
Harry lief in den ersten Stock. Zu sehen war ein dunkler Flur mit einigen schwarzen Zimmertüren. Er zog mich mit nach rechts, vorbei an einer offenen Tür.
„Das ist Anna's Zimmer. Nach Sirius Tod sind sie und Remus ja hier eingezogen.", erklärte er mir im vorbeigehen. Auf den ersten Blick sah es recht hell und einladend aus.
„Und das hier ist das Bad. Das werden wir uns mit ihr teilen. Remus hat oben ein eigenes."
Er ging noch eine Tür weiter, bis ans Ende des Flurs.
„Und das hier ist mein Zimmer.", sagte er grinsend und öffnete langsam die Tür. Mit zwei großen Schritten trat ich ein.
Es war wie der Rest des Hauses ziemlich dunkel eingerichtet. Wenn man rein kam, sah man direkt das Bett an der gegenüberliegenden Wand. Links stand ein großer, schwarzer Kleiderschrank und rechts war ein großes Fenster. Jedoch wurde das Licht von dem grauen Vorhang getrübt. Vor dem Fenster stand ein Schreibtisch, ebenfalls aus schwarzen Holz. Darauf waren noch ein paar Bücher und Pergament verteilt. Ein paar Sachen lagen auf dem Boden verstreut. Es sah aus, als wäre Harry nie weg gewesen. Dennoch hätte ich nicht gedacht, dass sein Zimmer so aussehen würde. Ich hatte es heller erwartet.
„Ganz schön düster, Ich weiß.", bemerkte er, als hätte er meine Gedanken gelesen.
„Nach dem Krieg war es erstmal wichtiger ein Haus für die Weasleys aufzubauen. Und danach ging's mir ja nicht so gut. Da war mir alles egal hier."
Langsam ging ich weiter und stellte meine Tasche auf dem Schreibtisch ab.
„Naja, wenn du willst können wir ja die Tage neu tapezieren oder so.", schlug ich vor. Er zog grinsend die Augenbrauen hoch.
„Du, Draco Malfoy, tapezierst mit mir mein Zimmer?"
„Ja warum nicht?"
„Ich kann es mir nur so schwer vorstellen.", lachte er. „Und außerdem habe ich bessere Ideen die Zeit mit dir hier zu verbringen...", sagte er mit einem bestimmten Unterton. Er kam auf mich zu und küsste mich langsam. Es war tatsächlich der erste Kuss, seit wir Hogwarts am Morgen verlassen hatten. Also erwiderte ich ihn für einen Moment.
„Aber Harry.. Jetzt müssen wir erstmal runter zum Tee", bemerkte ich grinsend. Mit einem leichten seufzen drehte er sich um, schmiss seine Jacke übers Bett und ging zu Tür.
„Kommst du?", fragte er abwartend. Er fand es wohl nicht so toll, dass ich es unterbrochen hatte. Grinsend, weil er schmollte, legte ich ebenfalls meine Jacke aufs Bett und ging voraus den Flur entlang. Neugierig blieb ich an Annas Tür stehen und klopfte.
„Hallo?"
„Ja komm rein.", rief sie.
Ihr Zimmer war das komplette Gegenteil von Harrys. Es war weiß tapeziert und eine Wand schien voll von Bildern. Das Fenster war hier auf der linken Seite und ihr großes Bett stand davor. Auf der rechten Seite des Zimmers stand ein Kleiderschrank, der offensichtlich selbst mit weißer Farbe gestrichen wurde. Geradeaus, vor der Wand mit den ganzen Bildern, stand ein großer dunkler Schreibtisch mit einem Stuhl. Als ich weiter rein ging, sah ich, dass rechts neben der Tür ein prall gefülltes Bücherregal stand. Wie der Schreibtisch hatte er noch seine Originale, dunkle Holzmaserung.
„Du scheinst ja echt gerne zu lesen", bemerkte ich staunend.
„Ja sehr gerne. Als Kind war ich viel alleine und da konnte ich immer in ganz andere Welten eintauchen.", erklärte sie. Sie war gerade damit beschäftigt ein paar Sachen aus ihrer Tasche auf dem Bett zu verteilen.
„Kommst du mit uns runter?", fragte Harry schließlich.
„Eh Ja klar. Eine Sekunde."
„Es ist so viel heller als deins.", sagte ich grinsend zu Harry.
„Ja ich weiß. Ich sag ja. Mir war alles egal.", bemerkte er fast schon traurig.
„Wir hübschen dein Zimmer auch endlich auf. Ich Sommer konnte ich dich ja nicht dazu bringen...", gab Anna von sich.
„Da seit ihr dann schon zu zweit.", lachte Harry.
„Siehst du. Das bestätigt es nur noch! Wir hübschen dein Zimmer auf.", sagte Anna euphorisch und hakte sich bei mir ein. Schließlich ging sie so mit mir die Treppe herunter in die Küche.

After war of WizardsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt