Anna
„Dad wird schon nichts sagen. Jetzt komm schon."
Seit wir Hogwarts verlassen hatten, war Harry so aufgeregt. Meiner Meinung nach brauchte er sich keine Sorgen zu machen, was mein Vater sagen würde. Er mochte Draco nicht. Keine Frage. Aber er war auch der letzte, der ihm keine zweite Chance geben würde. Er wusste nur zu gut wie es war, wenn jemand Vorurteile hatte. Immerhin war er ein Werwolf mit einer großen Narbe mitten im Gesicht.
Mit schnellem Schritt gingen wir den Gang entlang. Von weitem sah ich die mir viel zu vertraute gelbe Tür. Gelb. Eine fröhliche Farbe. Ziemlich ironisch für den Ort an dem wir uns befanden. Aber vielleicht war auch genau das die Intention dahinter.
Ich wollte gerade an die Tür klopfen, als Harry mich aufhielt.
„Ich mache mir Sorgen...". So nervös hatte ich ihn lange nicht gesehen.
„Was soll denn schon passieren? Harry er liebt dich, als wärst du sein eigener Sohn. Was sollte er schon groß sagen? Ich würde mir lieber mehr Gedanken wegen Molly machen.", sagte ich Schulterzuckend. Er war geschockt. Dieser Gedanke war ihm wohl noch nicht gekommen.
„Verdammt, Anna. Musste das jetzt sein?"
„Ja", sagte ich ernst. „Geschwisterliebe und so".
Bevor er noch irgendwie reagieren konnte, öffnete ich die Tür mit der großen, schwarzen 77 vorne drauf. Mein Vater saß mit dem Rücken zu uns auf dem Bett. Erschrocken drehte er sich um. Ohne etwas zu sagen, sprang er auf und lief mit schnellem Schritt an mir vorbei.
„Harry?", fragte er abwartend und hielt die Zeitung hoch. Er sah nicht wütend aus, sondern eher verwirrt. Das konnte ihm aber keiner verübeln.
„Dad. Hallo. Deine Tochter steht hier.", sagte ich gespielt fassungslos. Harry sah ängstlich aus, weshalb ich ihm helfen wollte, die Situation zu lockern. Als Dad nicht reagierte, schob ich mich zwischen ihn und Harry. Ich legte meine Hände auf seine Brust und drückte ihn langsam nach hinten. Keiner sagte etwas, jedoch starrten sie sich gegenseitig an. Die Anspannung lag in der Luft.
Nach einer endlosen Minute übernahm ich das Reden.
„Dad. Harry steht auf Männer. Besser gesagt auf einen gewissen blonden Mann. Und was sonst noch da drin steht stimmt nicht.", sagte ich genervt.
„Du bist schwul?", fragte mein Vater ruhig und keineswegs abwertend. Harry nickte.
„Harry. Du weißt, du bist wie ein Sohn für mich. Wenn du so empfindest, ist das gut. Aber Malfoy?". Die Skepsis war deutlich zu hören.
„Ja. Verrückt oder?", fragte Harry achselzuckend.
„Ich möchte ihn kennenlernen.", gab Dad nach einiger Zeit bestimmt zurück.
„Was? Du kennst ihn doch schon. Vom Unterricht im dritten Jahr.", sagte Harry verwirrt.
„Nein. Ich möchte ihn als deinen Freund kennenlernen. So wie ich ihn in Erinnerung habe, wird er wohl kaum noch sein, wenn du mit ihm zusammen bist. Ich gebe ihm eine zweite Chance sich als neuen Menschen zu beweisen."
„Ja...", langsam dämmerte es ihm, was Dad sagte. Er fing an zu lächeln und fiel ihm um den Hals.
„Danke Remus. Du bist der Beste!"
„Ich kann dir nicht versprechen, dass ich ihn mögen werde. Aber ich gebe ihm eine Chance."
„Du wirst ihn mögen, Dad. Ich mag ihn auch. Er war sogar eine Zeit lang für mich da, als du noch im Koma lagst...", mischte ich mich ein.
„Es hat sich dieses Jahr einiges verändert....Ihr seid so erwachsen geworden.", kam schließlich zurück.
„Jetzt werde ja nicht rührselig. Das halte ich nicht aus.", lachte ich.Endlich war die Stimmung aufgelockert. Harry war unglaublich erleichtert und konnte sich wieder normal mit Dad unterhalten. Sie sprachen über alles mögliche. Aber am meisten über Harrys Zustand, der sich seit seiner Therapie unglaublich verbessert hatte. Noch immer ging er zwei Mal die Woche zu Dr. Maynard. Manchmal hatte er trotzdem noch schlechte Tage, aber sie sind lange nicht so schlimm wie sie mal waren.
Während Harry gerade vom Ball erzählte, schrieb ich zwei kurze Briefe. Natürlich ließ Harry das kleine, silberne Fläschchen bei seiner Erzählung aus. Dafür war ich ihm mehr als dankbar.
In Gedanken rollte ich das Pergament ein. Auf die eine Rolle schrieb ich Draco Malfoy, Hogwarts, die zweite blieb leer. Sorgfältig umwickelte ich es mit Dads blauem Band.
„Anna?"
„Hm?", fragte ich aufgeschreckt.
„Hast du mich nicht gehört? Ich hab gefragt, wie der Ball für dich war.", wollte Dad wissen.
„Toll. Wirklich. Ich durfte sogar auch mit Draco tanzen.", neckte ich Harry. „Eh, Dad ich gehe gerade mal hoch meinen Brief abschicken, Okay?"
„Klar. Aber was ist denn jetzt so wichtig zu verschicken? Du bist doch morgen wieder in Hogwarts.".
Er war schon immer neugierig. Aber es waren wohl eher die Sorgen um mich. Als einziges Kind war das wohl normal. In meinem ersten Jahr in Hogwarts hatte er mir jeden Tag geschrieben. Und wenn ich mal nicht antwortete, bekam ich zum Abendessen gleich noch einen Brief. Nach 3 Wochen schrieb ich ihm, dass er sich keine Sorgen machen sollte. Schließlich war ich Hogwarts. Danach wurde es langsam besser. Vor 2 Jahren, als ich ein paar Schulunterlagen suchte, fand ich einen Ordner. Er war nicht beschriftet, also schaute ich rein. Er hatte jeden einzelnen Brief aufgehoben, den ich ihm je schrieb. Eigentlich dachte ich, dass es extrem süß ist, bis mir die Trauer dahinter auffiel. Jedesmal, wenn ich nach Hogwarts ging, ließ ich ihn alleine... Zum Glück hatte er später Sirius und die Weasleys.Leise schloss ich die Tür hinter mir und ging nach oben zu den Krankenhaus-Eulen. Diese waren extra für die Patienten.
Langsam stieß ich die graue Tür nach draußen auf. Augenblicklich stieß mir die kühle Luft ins Gesicht und füllte meine Lungen.
Das Erste was ich sah, waren die vielen Stangen, auf denen die Eulen saßen. Auf einigen saßen wunderschöne Tiere, einige andere waren unbesetzt. Unter jeder Stange war ein goldenes Namensschild angebracht. Auf der rechten Seite neben der Tür, war eine große Öffnung, aus der die Eulen los fliegen konnten.
Ich trat einen Schritt raus, streckte meinen linken Arm aus und wartete. Es dauerte nicht lange, bis eine kleine, graue Eule auf mich zukam. Aufgeregt tänzelte auf meinem Arm hin und her. Sogar durch meine Jacke konnte ich die kleinen Krallen spüren.
Mit meiner rechten Hand holte ich die Eulenkekse aus meiner Jackentasche, die ich in der Lobby gekauft hatte. Dort war extra ein Stand, um welche zu besorgen, falls man nichts für die kleinen hatte. Glücklich pickte sie auf meiner Hand herum, bis auch der letzte Krümel in ihrem Schnabel verschwunden war.
„So kleine Eule. Kannst du das für mich weg bringen?". Sie flatterte mit ihren Flügelchen.
„Wie heißt du denn überhaupt?".
Ich ging in die Richtung, aus der sie geflogen kam.
„Eine kleine Ruby bist du also. Hübscher Name. Also Ruby..", sprach ich zu der Eule auf meinem Arm, während ich zur Öffnung des Turm lief. „Kannst du das hier für mich zu Draco bringen? Ich weiß, das steht nur auf einem Draco Malfoy, aber bring ihm bitte beide Briefe, Okay?".
Ruby zwitscherte mir aufgeregt zu und hüpfte auf das Geländer. Vorsichtig band ich ihr die beiden Rollen ans Bein und bedankte mich, bevor sie dann los flog.
Einen Augenblick lang sah ich ihr nach, bis ich mich wieder auf den Weg nach unten machte.
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After war of Wizards
FanfictionNach der Schlacht, kehren einige Hexen und Zauberer zurück, um das 7. Jahr in Hogwarts zu beenden. Doch die Folgen des Krieges sind nicht zu leugnen. Wie geht man als 18-jähriger mit den Folgen um? Und was passiert, wenn mal nicht viel passiert? Sin...