sixteen

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,,Das ist keine schöne Geschichte.", brummte Minho in sich gekehrt. Ehrlich gesagt hatte ich gar nichts anderes erwartet. Schließlich war seine Kraft dazu gut von einem Ort zu verschwinden oder dazu an einen anderen zu gelangen. Es müsste eine Situation gewesen sein, aus welcher er fliehen wollte. ,,Kann ich sie trotzdem hören?", fragte ich leise und vorsichtig. ,,Erzählst du mir denn deine?", erwiderte er und sorgte für eintretende Stille. Nach einer längeren Pause seufzte er. ,,Erzählst du mir deine, wenn du mir mehr Vertrauen schenkst, als du es jetzt tust?" Sein Kopf richtete sich zu mir und unsere Augen trafen sich. ,,Ja.", behauptete ich und war mir nicht sicher ob dieser Fall irgendwann eintreten würde. Dabei ging es eher darum, dass ich noch nie gelernt hatte zu vertrauen und ich mir nicht vorstellen könnte mit jemandem über das zu reden was mich beschäftigte. Ich wusste das Menschen dies taten, doch ich kam mit meinen Problemen immer alleine zurecht. Ich musste es ja auch.

,,Dann sieh es als ersten Schritt in die richtige Richtung, ja? Ich muss dir schließlich auch vertrauen, keiner der anderen kennt diese Geschichte.", weihte er mich ein und ließ mich schlucken. ,,Und du erzählst sie mir?", fragte ich ungläubig, woraufhin er nur mit den Schultern zuckte. ,,Wenn es dir hilft daran zu glauben, dass du hier sicher bist und ich dir nichts tun werde, ja." Ein schlechtes Gewissen machte sich in mir breit, bei der Vorstellung das er mir so viel gab, damit ich keine Angst oder Furcht hatte. Ich wusste nicht ob ich es verdient hatte. Doch bevor meine Gedanken weiter ausschweifen konnten, setzte er schon an zu reden. ,,Ich weiß nicht wie es bei dir war, aber das Heim im welchen ich aufgewachsen bin war kein schlechtes.", begann er, wendete seinen Blick zu seinen Händen und schlug erneut auf das Holz ein, welches sich folglich in zwei weitere Teile zersplitterte, ,,es war klein und es ging uns gut. Wir durften herkömmliche Schulen besuchen. Dort kamen wir aber nicht sonderlich gut an. Anfangs war es etwas gutes ein beinahe normales Leben führen zu können, später wurde es ein Fluch. Ich hatte einen einzigen Freund, er war mein Zimmernachbar. Doch er ging auf eine andere Schule und sorgte damit dafür, dass ich alleine war." Er blickte kurz zu mir hoch und machte mit seiner Arbeit und der Geschichte weiter. 

,,Ich war unten durch. Von Anfang an. Schließlich war ich ungewollt und hatte keine Eltern, welche mir die neusten Dinge kaufen konnten. Sie sorgten dafür das ich mich erstmalig unwohl in meiner eigenen Haut fühlte und das, obwohl es mir zuvor nichts ausgemacht hatte.", redete er weiter und schlug mit zunehmender Kraft auf das Holz ein. Ich nahm an er wurde wütend dabei das auszusprechen was damals geschehen war. ,,Ich war erst zwölf.", murmelte er und wendete seinen Kopf kurz zu mir, ,,die verschiedensten Dinge waren bereits passiert. Es gab schon einige Momente zuvor wo ich es hätte gebrauchen können zu verschwinden. Ich frage mich bis heute, warum es sich bis zu diesem einen Tag Zeit gelassen hat. Es hätte mir so viel Schmerz ersparen können." Ich nickte langsam und verstand das was er versuchte zu sagen. Das ich die Zeit anhalten konnte, hätte man mir auch bereits eher verraten können. Schließlich war vergleichbares wie an diesem einen Tag beinahe jede Woche meines Lebens zuvor passiert.

,,Es waren typische Streiche gewesen, wie das klauen der Anziehsachen nach dem Sportunterricht oder der Bloßstellung durch vorgetäuschte Freunde. An diesem einen Tag aber wurde es mehr.", murmelte er und hielt eine kurze Zeit von seiner Bewegung inne, ,,die Schule hatte ein begehbares Dach." Wie aus dem Nichts holte er wieder zu einem Schlag aus und insgeheim war ich glücklich darüber, dass er in diesem Moment das Holz hatte auf welches er einschlagen konnte. ,,Ich verbrachte meine Zeit öfter dort oben, so hatte ich immerhin in den Pausen meine Ruhe. Mein Freund hatte mir immer geraten mich fern zu halten und nicht in die Offensive zu gehen. Also habe ich ständig versucht unsichtbar zu werden. Eines Nachmittages aber sind sie mir gefolgt." Ein Kloß kroch mir in den Hals und ließ mich angespannt auf meiner Unterlippe herum kauen. Es schien ihm schwer zu fallen mir das zu erzählen was passiert war und ich fühlte mich schlecht dafür zu sorgen, dass er sich nach so vielen Jahren wieder daran erinnern musste.

,,Erst redeten sie mir nur ein ich solle springen.", fügte er hinzu und jagte mir mit seinen Worten einen Schauer über den Rücken, ,,aber dabei sollte es nicht bleiben." Das Holz flog bei einem erneuten harten Schlag beinahe auseinander. ,,Sie drängten mich dazu.", sagte er aufgebracht und fügte lauter hinzu, woraufhin er erneut ausholte, ,,wir waren doch erst zwölf!" Ich zuckte leicht zusammen und entspannte mich recht schnell wieder, als er durchatmete. ,,Und wenn ich diese Kraft nicht gehabt hätte, wäre ich Mausetot.", murmelte er und blickte zu Boden. Eine Weile blieb es still, dann machte er wütend seine Arbeit weiter. ,,Minho.", murmelte ich und kam dennoch nicht bei ihm an. Er schien aufgelöst von dem zu sein, was passiert war. ,,Ich frage mich bis heute, warum ich nicht einfach weiter gefallen bin. Warum musste ausgerechnet ich dieses Privileg besitzen zu leben?" Er sprach mehr zu sich selber als zu mir und ich nahm an, er erwartete keine Antwort. ,,Weil du es verdient hast.", stellte ich fest und bekam keinerlei Reaktion. Das einzige was er tat war es auf das mittlerweile ziemlich kleine Holz einzuschlagen.

Ich ging vorsichtig ein paar Schritte auf ihn zu, in der Hoffnung er würde damit aufhören. ,,Minho.", sagte ich erneut und trat so nah an ihn heran, dass er damit aufhören musste, alleine aus dem Grund mich nicht in zwei teilen zu wollen. Sein Kopf wanderte hinauf und ich sah wie die Wut verschwand und von Traurigkeit eingenommen wurde. Dieser Zustand hielt jedoch nur wenige Sekunden an, da schüttelte er seinen Kopf kurz und blinzelte ein paar Male. Ich nahm ihm ohne nach unten zu schauen die Axt aus der Hand und warf sie einige Zentimeter hinter mir zu Boden. Ich befürchtete es sei so ein Menschlicher Instinkt gewesen, welcher mich dazu brachte meinen Arm langsam um ihn zu legen und damit dafür zu sorgen, dass er und ebenso ich einige Sekunden verwirrt von dem zu sein schienen, was vor sich ging. Recht schnell nahm er dann aber die Möglichkeit an und legte auch seine Arme langsam um mich.

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Erste Umarmung, yay :)

War nach der Story aber auch nötig :(

Danke fürs lesen!


next to time - MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt