Chan schien nicht hundertprozentig hinter dem Plan zu stehen mich in die Stadt zu fahren, ohne dass Minho mitkam, geschweige denn damit einverstanden war. Zwar sagte ich ihm nicht was vorgefallen war, doch er merkte es. Zudem verbrachte ich die ganze Fahrt damit an meinen Fingernägeln zu kauen und dies nicht aus dem Grund, dass ich Angst vor dem folgenden Gespräch hatte, nein. Ich fühlte mich grottenschlecht. Etwas in mir sagte, ich hätte Minho ausreden lassen sollen. Ich kannte ihn und wusste innerlich, dass meine Unterstellung auf gar keinen Fall sein Beweggrund dafür war, mich von meinem Vorhaben abzubringen. Es war etwas anderes und ich wartete bereits sehnsüchtig auf den Moment mich bei ihm entschuldigen zu können und das, obwohl ich gerade auf dem Weg weg von ihm war und eigentlich noch total genervt hier sitzen und vollkommen von meiner Idee überzeugt sein sollte.
,,Viel Glück.", verabschiedete Chan mich, als wir ankamen. Ich schenkte ihm ein kleines letztes Lächeln und stieg aus, ließ die Tür hinter mir leise ins Schloss fallen und betete ich würde überhaupt reingelassen werden. An einer Art Rezeption erklärte ich wo ich hin wollte und das Han Jiyun ein Verwandter von mir war, welchen ich dringend besuchen wollte. Die Dame mit welcher ich sprach schien skeptisch, akzeptierte aber mein Vorhaben, als sie meinen (gefälschten) Pass sah und führte mich in einen Aufenthaltsraum. Dort angekommen zeigte sie mit der Hand auf eine von mir abgewandte Person, welche an einem Tisch mit zwei Stühlen, alleine saß. Ich bedanke mich und wanderte zu ihm. Ich würde lügen würde ich behaupten der Weg bis zu dem Stuhl wäre mir leicht gefallen. Es waren mit die schwersten Schritte in meinem Leben.
,,Jisung.", begrüßte mich Jiyun mit fröhlicher Tonlage, aber vollkommen emotionslosen Gesichtsausdruck, ,,ich habe mich schon gefragt wann du kommen würdest." Ohne zu antworten setzte ich mich auf den Stuhl, schaute mich flüchtig nach links und rechts um und schenkte dem Mann vor mir meine Aufmerksamkeit. ,,Ich habe mich gefragt ob du überhaupt kommen würdest.", fügte er hinzu und musterte mich kalt, ,,du weißt schon. Ich habe gehört einer meiner Männer hat auf dich geschossen." Ich antwortete nicht. ,,Ihr wart sehr schlau.", gab er unserer Arbeit ein Kompliment und stützte seine Ellenbogen auf dem Tisch zwischen uns ab, ,,ihr habt es echt geschafft uns hinters Licht zu führen. Du hast dir deine Antworten verdient. Auch wenn sie dir nicht gefallen werden." Stumpf wanderte mein Blick an ihm herunter, wobei ich versuchte größtenteils meine Gefühle außen vor zu lassen. Wir saßen in einer Ecke des mittelgroßen Raumes, welcher mit etwa zehn anderen Patienten, sowie Besuchern gefüllt war. ,,Warum?", wiederholte ich meine Frage vom ersten Mal, welche derweil unbeantwortet blieb, ,,warum, ich? Dein eigener Sohn." Er lächelte und es brachte mich beinahe um den Verstand.
,,Du hast dich ziemlich gut angeboten, weißt du.", sagte er und überlegte provozierend lange was er noch hinzufügen sollte, ,,wer wollte nicht ein Super-Kind?" Ich schnaubte entsetzt, bei der Sinnlosigkeit seiner Antwort. ,,Ich wollte nie Kinder.", stellte er fest und zuckte mit den Schultern, ,,also bin ich auch nie richtig Vater geworden. Es wird nicht ein so plausibler Grund sein, wie du ihn dir erhofft hast, aber du hast dich einfach so perfekt angeboten." ,,Was ist mit meiner Mutter?", fragte ich als nächstes, bekam aber eine Frage anstatt eine Antwort. ,,Du und Minho.", räusperte er sich, ,,läuft da wirklich was? Du solltest dich nicht verlieben." Ich runzelte die Stirn, versuchte zu verstehen was er versuchte aus mir heraus zu quetschten. ,,Liebe macht einen schwach.", sagte er kaltherzig und abwertend, ,,deine Mutter war eine wundervolle Frau." ,,War?", fragte ich nach. ,,Ist.", sprach er und schien in seinen Augen an sie zurück zu denken. Ich erkannte den Schimmer, welchen Leute trugen, wenn sie an etwas geliebtes zurück dachten. Er erschien mir nun etwas menschlicher. ,,Liebe ist etwas schönes, bis zu dem Zeitpunkt wo sie dich verlässt. Deine Mutter hat mich verlassen.", erklärte er zu meiner Verwunderung ziemlich glaubwürdig. Er hatte auch einfach keinen Grund mehr zu lügen, richtig? ,,Sie hat uns verlassen."
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next to time - Minsung
FanfictionNachdem sieben Jungen welche als Kinder in Forschungseinrichtungen Experimenten unterzogen wurden zusammenfanden, versteckten sie sich vor ihrem nahezu unausweichlichem Schicksal. Als ihnen bewusst wurde, dass sie all die Jahre jemanden übersehen ha...