Es war ein später Nachmittag einige Tage später. Wir führten, wie so üblich, ein Gespräch über die verschiedensten Themen, lachten und hielten an nötigen Stellen dennoch genügend Abstand von Sprüchen oder dergleichen, welche nicht angebracht waren. Ich hatte das Gefühl er ergänzte mich in vielerlei Hinsicht einfach schon zu gut. ,,Hast du die letzten sechs Jahre alleine hier geschlafen?", brachte uns das Gespräch schließlich auf ein anderes Thema. ,,Nicht so ganz.", erwiderte Minho und wendete seine Augen zu mir, ,,zwischendurch habe ich manchmal Zimmernachbarn gehabt, aber nie lange. Am Ende hatte es sich so ergeben. Die letzten zwei Jahre habe ich alleine hier gehaust." Ich murrte leise um ihm zu verstehen zu geben, dass ich ihm zugehört hatte. ,,Du gibst dem ganzen mehr Farbe.", sagte er und zog seine Mundwinkel leicht in die Höhe, ,,ich hoffe das bleibt noch lange so."
,,Ich gehe nicht.", stellte ich fest und beruhte mit meinem Blick auf seinem, ,,das habe ich doch versprochen." ,,Du hast nur versprochen, dass du mir vorher Bescheid sagen würdest." ,,Dann könnte ich doch erst recht nicht gehen.", lachte ich leicht. ,,Warum?", fragte er nach, ,,könntest du es nur nicht ertragen mich wieder alleine zu lassen?" Ich erkannte nicht ob er es ernst meinte oder nur spaßte. ,,Nein.", bemerkte ich leicht verwirrt, ,,du bist die erste Person der ich vertraue. Ich bin sogar mit dir vom Dach gesprungen. Das müsste doch Beweis genug sein." Ich zog meine Augenbraue in die Höhe und brachte ihn dazu seinen Kopf zu senken und zu schmunzeln. ,,Ich habe wirklich keinen Grund zu gehen.", versicherte ich ihm, ,,nicht ohne dich oder euch alle." Sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er meinen Worten glauben schenkte. ,,Den hätte ich auch nicht.", murmelte er, ,,ich gehe dahin wo du bist." Ein mehr oder weniger breites Lächeln eroberte so auch mein Gesicht. In den vergangenen Wochen war so verdammt viel passiert, dass ich gar nicht mehr glaubte die selbe Person zu sein, welche ich zuvor war. Ich hatte mich verändert, doch ich liebte es. Es war nicht nur seine Welt, welche ich bunter machte, er machte es auch mit meiner.
Und dennoch wollte ich es vorerst genauso beibehalten. Deswegen konnte ich mit dem langen Blickkontakt zwischen uns nicht sonderlich viel anfangen. Das Lächeln verschwand von meinen Lippen, als mir der geringe Abstand zwischen unseren Gesichtern bewusst wurde, meine Augen lösten sich von seinen und musterten den restlichen Teil seines Gesichts. Mir wurde verdammt warm. Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass ich nicht hätte ahnen können was passieren würde. Hätte ich dem Gedanken glauben geschenkt, hätte ich verhindern können, dass das passierte, was unser Verhältnis welches wir gerade noch so glücklich beschrieben, beinahe in den Abgrund warf. Doch ich war wie gelähmt. Ich wusste nicht ob es daran lag, dass ich es wollte aber nicht konnte oder das ich nicht wollte, obwohl ich konnte. Als seine Lippen auf meine trafen drehte sich alles nur noch in Zeitlupe.
Es war sowohl das schönste, als auch das schlimmste Gefühl welches ich je erlebt hatte. Zum einen wusste ich zwar nicht hundertprozentig ob ich das gleiche fühlte, wollte es aber allemal. Zum anderen aber löste das Gefühl von seinen Lippen auf meinen beinahe eine Lähmung in mir aus. Ich dachte ich hätte mich von meiner Vergangenheit losgerissen, doch sie hielt mich noch immer gefangen. Das einzige an was ich denken konnte war das Gefühl, welches ich verspürte, als ich das letzte Mal einen Kuss über mich ergehen lassen musste. Es war ganz und gar nicht freiwillig gewesen. Und das ich das verspürte, hatte Minho nicht verdient. Tief in mir drin wusste ich ganz genau das es anders war. Das Minho niemals ungefragt so weit gehen würde, wie es mir angetan wurde, und dennoch konnte ich die Angst nicht einfach herunterschlucken. Dazu kam, dass er ein Mann war. Nicht das ich grundsätzlich dagegen war, doch das ich so sehr dafür sein konnte, hatte ich auch nicht erwartet. Und das Gefühl, welches von der Angst unterdrückt wurde, bewies mir wie sehr ich dafür war. Es war beinahe gruselig.
Der Wille jedoch reichte nicht um das Ganze zu erwidern. Nicht so und nicht ohne das er die Wahrheit wusste. Als ich langsam von ihm zurückwich, spürte ich anhand seines Blickes, einen Teil in ihm beinahe zerbrechen und ich wollte nichts mehr als es zusammenzuhalten. Das was ich offensichtlich gerade zerstört hatte. Zuerst war ich mir unsicher gewesen ob er es ernst meinte, doch seine Augen bewiesen mir das dem so war. Es war für mich fast unerträglich und das obwohl all das meine Schuld war. Ich hatte gewollt aber nicht gekonnt und ich wusste er würde erst verstehen, wenn ich ihm alles gesagt hatte. Wenn ich bloß nicht so ein Feigling gewesen wäre und ihm die Wahrheit erzählt hätte, als er danach gefragt hatte.
,,Minho, ich-", setzte ich an, brach aber ab als er aufstand. Hastig löste auch ich mich aus dem Schneidersitz, in welchem ich auf dem Bett saß und stolperte unbeholfen auf den Fußboden. ,,Warte.", bettelte ich und spannte mich an als er die Tür öffnete, ,,ich-" Unsanft schloss er die Tür hinter sich, woraufhin ich schnell den letzten Schritt machte und diese wieder öffnete. Mein Blick suchte ihn, doch er war verschwunden. ,,Ich kann es doch erklären.", seufzte ich leise und in mich gekehrt, obwohl keiner da war, welcher diesen Worten zuhören, geschweige denn Glauben schenken würde. Langsam schloss ich die Tür wieder und rutschte mit meinem Rücken an der dieser herunter, bis ich auf dem Boden saß. Ich schaffte es gerade noch meine Knie zu meinem Oberkörper heran zu ziehen, bevor die erste Träne meine Wange herunter kullerte. ,,Ich kann es d-doch erklären.", wiederholte ich meine Worte leise, bevor ich mein Gesicht zwischen meinen Knien vergrub und leise schniefte.
Es war für mich beinahe so schlimm wie das letzte Mal, als ich so zusammengekauert auf dem Boden gehockt hatte, doch dieses mal war es anders. Mir wurde kein Unrecht getan, wie all die Jahre zuvor immer und immer wieder. Ich war nicht derjenige, welcher keine Wahl hatte. Nun war nicht ich derjenige, welcher betroffen war, ich war der Schuldige. Und mir war zuvor nicht bewusst gewesen, dass dieses Gefühl noch viel unerträglicher war.
x
:((
Well, das ist das erste Mal das ich in einer meiner Storys den ersten Kuss nicht so schön und beidseitig darstelle :'(
Naja, wäre ja auch komisch wenn alles immer tip top laufen würde.
DU LIEST GERADE
next to time - Minsung
FanfictionNachdem sieben Jungen welche als Kinder in Forschungseinrichtungen Experimenten unterzogen wurden zusammenfanden, versteckten sie sich vor ihrem nahezu unausweichlichem Schicksal. Als ihnen bewusst wurde, dass sie all die Jahre jemanden übersehen ha...