Kapitel 11: Teufelsflirt

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„Dass du sehr intelligent bist und einen Hang zur Übereifrigkeit hast, du zauberst so präzise und vorbildlich wie nur wenige, hast Talente in nahezu allen Fächern, außer Wahrsagen und ich glaube die Flugstunden waren auch nicht die besten...", es sprudelte nur so aus ihm heraus, auch wenn er es ihr nie zeigen konnte, er war von ihrem Talent und ihrer Zielstrebigkeit beeindruckt, was er ihr als Professor Snape jedoch nie gestattet hätte zu wissen.

Sie schluckte nervös, bedeutete das, dass er sie schon seit Jahren beobachtete?
Flugstunden waren im ersten Schuljahr, Wahrsagen fing im dritten an, woher wusste er all das?
Allmählich kam ihr in den Sinn, dass die Idee, einen ihr fremden Mann, der die Todesserroben trug, in ihre Räume zu lassen, vielleicht nicht die beste war.

„Beobachtest du mich?", fragte sie gehaucht, die Angst war in ihrer Stimme greifbar.
„Ungewollt. Du bist nicht das Hauptziel.", sagte er wahrheitsgemäß, „Aber immer dabei..."
Er wusste was das Goldene Trio für einen Ruf und Stellenwert in der Dunkelwelt hatte, welche Furcht erwachsene Männer vor ihnen in sich trugen, was nicht zuletzt durch die Unterstützung von Dumbledore noch gefördert wurde, selbst Voldemort fürchtete Albus, obwohl es ein kleines Baby war, welches ihn beinahe das Leben gekostet hatte.

Hermine dachte an Voldemort, „Wie kann ein Mensch nur so viel Hass empfinden?", konnte sich nicht vorstellen, was in einem Menschen, wenn man ihn noch als einen Menschen bezeichnen konnte, vorging, um andere um jeden Preis zu vernichten.
„Es ist nicht nur Hass... sondern vor allem Angst. Eine selbsteingeredete Angst."
„Angst wovor?", fragte sie ratlos, Harry war nicht gerade zum Fürchten.
„Du warst doch im Ministerium... hat er dir nichts von der Prophezeiung erzählt?"
„Doch schon, aber...", sie musterte ihn, sollte sie wirklich so offen mit ihm über das alles rede?
Würde das vielleicht früher oder später zu Problemen führen?
„Frag ruhig", er nickte, wollte sie dazu ermuntern diese Situation auszunutzen.
„Ich meine... es ist nur eine Prophezeiung... und keine Garantie... kann man einer Vision wirklich so viel Gehör schenken? Es hätte genauso gut ein anderer Junge sein können, der Ende Juli geboren wurde und ich vermute jede Mutter hätte sich für ihr Kind geopfert... die Macht, die der Dunkle Lord nicht kennt ist Liebe und Freundschaft...", fast schon verzweifelt zuckte sie mit den Schultern.
„Das kennen vermutlich die wenigsten... was auch der Grund ist, warum sie sich ihm angeschlossen haben. Das Streben nach Macht...", sagte er dunkel, dachte dabei an seine eigene Entscheidungen.
„Haben Todesser keine Freunde? Ich glaube... niemand ist von Geburt an böse."
„Denkst du ich bin böse?", er legte den Kopf schief, warum wollte er wissen, was sie von ihm dachte?

„Denkst du ich bin gut?", dieses Mal war sie es, die eine Gegenfrage stellte, sie wollte nicht wissen ob er böse war. Er musste zumindest einmal so böse gewesen sein, dass er sich den Todessern angeschlossen hatte, er würde Leute gequält und gefoltert haben, ob aus eigenem Wunsch oder über einen Befehl.
„Zumindest besser als ich", gab er zurück, ließ seine Augen für einen Moment auf ihrem Gesicht ruhen, „obwohl ich muss schon sagen... durch deine ganzen Regelbrüche wirst du langsam zu einem wirklich unartigen Mädchen..."

Sie schluckte, natürlich bemerkte sie die unüberhörbare Erotik, die sich in diesen Satz schlich, „vielleicht werde ich ja bestraft.. von dem Richtigen.", hauchte sie aufgeregt, ihre Brust hob und senkte sich schnell.

Flirtet sie gerade?, fragte seine innere Stimme amüsiert, er konnte sich bei dieser Überlegung ein dunkles Lachen nicht verkneifen, ihr Versuch war einfach zu komisch.
Sie errötete, wandte verlegen den Blick ab und sah auf einen überaus interessanten Punkt an ihrer Decke.
Als Severus sich wieder so weit beruhigt hatte, dass er sich wieder einigermaßen ernsthaft mit ihr unterhalten konnte, legte er den Kopf schief, bemerkte die glühenden Wangen, „ich würde vorschlagen, dass wir die Bestrafungswünsche auf ein anderes Mal verschieben..."
„Hast du schon mal jemanden gefoltert?", fragte sie stattdessen ohne Umschweife, was er so überhaupt nicht von ihr erwartet hätte.
Langsam nickte er, „mehr als einmal."
„Hat es dir Spaß gemacht?"
„Nein", bei ihr fiel es ihm nicht einmal schwer ehrlich zu sein, „aber das eigene Wohlbefinden spielt eher eine sekundäre Rolle in dieser Verbindung.", er sah ihren skeptischen Blick.
Natürlich ergab es für Menschen wie Hermine keinen Sinn sich den Todessern anzuschließen, aber sie hatte vermutlich auch nie diese Leere, Einsamkeit, Hilflosigkeit und Trauer gefühlt, die die meisten in diesen dunklen Bereich gedrängt hatten, „Vielleicht sollte ich gehen."

„Nein!", sie sprang fast vom Bett, „Bitte, bleib noch ein wenig...", musterte ihn, als würde ihr eine Frage unter den Nägel brennen, „darf ich mich zu dir setzen?"
Bei dieser Frage versteifte er sich etwas, „das... ist dein Zimmer...", hoffte trotzdem, sie würde ihm nicht allzu nahe kommen.
Hermine rutschte vom Bett, legte das Kissen auf den Boden vor dem Bett und setzte sich im Schneidersitz auf das Kissen, lächelte ihn freundlich an.
„Du bist immer noch nass", stellte er fest, ließ seine Augen wieder über sie gleiten, sah ihr dabei zu, wie sie an sich herunter sah, dann genervt den Morgenmantel auszog und in Richtung Badezimmer warf, die Haare band sie zu seinem Zopf.
„Du hättest ihn auch einfach trocknen können", meinte er verhalten, versuchte seine Augen in ihrem Gesicht zu halten und nicht zu versuchen irgendetwas unter ihrem Pyjama zu erhaschen.
„Vielleicht wollte ich mich einfach ausziehen", gab sie keck zurück, musste sich nun ihrerseits ein Lachen verkneifen, als er wie versteinert vor ihr saß.
„Schade, dass es nicht öfter in die Gänge regnet", flüsterte er, belegte sie wieder mit einer Gänsehaut.
Auf ihren Lippen formte sich ein kleines Grinsen, „ich brauch keinen Grund, um mich auszuziehen", sah sich dann unschuldig in ihrem Raum um.

Das wird langsam zu heiß, Severus..., merkte die Kopfstimme an, geh in deine Räume, du hattest deinen Spaß...
Er räusperte sich, „ich werde mich langsam auf den Weg machen", klang dabei so förmlich, als wäre dieses Treffen das normalste der Welt gewesen.

Toll, jetzt hast du ihn verschreckt..., sie sah ihm hilflos dabei zu wie er in einer schnellen, geschmeidigen Bewegung aufstand, sprang dann selbst sehr viel weniger grazil auf, stand unschlüssig vor ihm, „kommst du vielleicht wieder?"
Das kann sie unmöglich ernst meinen..., „ich weiß nicht...", was nicht einmal gelogen war, er wusste es nicht, „ich...denke nicht.", wenn Dumbledore davon Wind bekäme, könnte Severus sich auf eine gehörige Portion Ärger einstellen, eine Sache, auf die er absolut keine Lust hatte.
„Ich... würde es keinem verraten...", flüsterte sie, sah ihn eindringlich an, als könnte sie ihn damit überzeugen.

Du bringst sie in Teufelsküche, Severus! Und dich auch!, motzte die Kopfstimme wieder, „das kann zu wirklich großem Ärger führen... das ist es nicht wert und viel zu gefährlich, glaub mir.", er schüttelte den Kopf, schob sie mit dem Arm sanft zu Seite, um zur Tür zu gelangen, dann schnell ihren Raum zu verlassen und mit der Dunkelheit des Ganges zu verschmelzen.

Hermine starrte auf die Tür, die wieder ins Schloss klickte, ihre Gedanken rauschten, die Gefühle fuhren Achterbahn, warum löste er so viel in ihr aus?
Warum wollte sie so unbedingt, dass er zu ihr kam?
Sie hätte ihm dankbar sein müssen, dass er ihr diese Idee ausredete, dass er nicht Feuer und Flamme war, so wie sie, stattdessen lag sie nun in erbärmlichster Form im Bett und dachte fieberhaft über alles nach, was er gesagt hatte.
Du hast mit ihm geflirtet! DU HAST MIT IHM GEFLIRTET! MIT EINEM TODESSER UND ER MIT DIR!, brüllte die Kopfstimme, schürte damit nicht nur das schlechte Gewissen, sondern auch den wahnsinnigen Wunsch diese Flirterei fortzusetzen, sag mal spinnst du? Das hat ein Ende, sofort!
„Halt die Klappe", motzte sie zurück, drehte sich auf den Bauch, versteckte ihren Kopf unter dem Kissen und brüllte in die Matratze.

Severus war den Gang entlang gerannt, suchte Schutz in einer dunklen Ecke, lehnte sich an die Wand, zog die Maske von sich und nahm einige tiefe Atemzüge, beruhigte sein aufgewühltes Gemüt.
Nicht genug, dass er wieder die schändliche Robe und Maske angelegt hatte, sich ihr wieder offenbart hatte, nein, zu allem Überfluss nahm sie ihn mit in ihre Räume und flirtete sogar mit ihm.
Mit ihm!
Einem ihr unbekannten Todesser, der durch das Schloss schlich auf der Suche nach, ja wonach eigentlich?
Warum hatte er sich wieder in diese Kleidung geworfen?
Warum hatte er die Maske aufgesetzt?
Warum hatte er aktiv nach ihr gesucht?
Warum nutzte er die Tatsache aus, dass er Aufsicht hatte, um selbst durch die Gänge zu streifen?
Und was wäre passiert, wenn er einen anderen Schüler erwischt hätte?

Er konnte seit Tagen nicht aufhören über sie nachzudenken, konnte diesen Blick und ihre Augen nicht vergessen, als sie ihn mit dieser Todesangst ansah, als sie das erste Mal aufeinander trafen.
Er konnte nicht aufhören daran zu denken, wie traurig sie wirkte, wie viel Trauer vermutlich auch durch ihn produziert wurde, wie schlecht er sich bei dieser Überlegung fühlte und wie sehr er das stille Arbeiten beim Nachsitzen mochte.
Auch wenn diese Maske für die meisten Menschen eine Abschreckung war, das Symbol des Bösen, sie vertraute auf die Menschlichkeit tief in ihm und vielleicht wollte er ihr und auch sich selbst beweisen und zeigen, dass er anders war als diese Maske, dass er mehr war, besser war.
Dass ihr Vertrauen nicht grundlos war und auch nicht erschüttert würde, aber wäre das wirklich echt und aufrichtig?
Konnte irgendwer darauf vertrauen, was er dort sagte?
Geschützt von der Maske und Konsequenzen?

Er glaubte im Grunde selbst nicht daran.

Schein und Sein Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt