Kapitel 48: Magischer Schlaf

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„Sie muss unter Beobachtung stehen... solch ein Schlaf birgt immer auch Risiken. Das sollten Sie wissen, Severus.", mischte Horace sich wieder ein.
„Natürlich weiß ich das", zischte er, „aber sie kann genauso gut in ihren Räumen unter Beobachtung stehen."
Einen kurzen Moment sah McGonagall zwischen Hermine und Severus hin und her, nickte dann, „gut, dann bleibt sie in ihren eigenen Räumen. Miss Granger, Sie sind vom Unterricht befreit."
„Nein... es... geht mir gut.", beharrte sie darauf.
„Severus..."
Er verdrehte die Augen, „Granger", knurrte er, „aufstehen.", knackte dabei gefährlich laut mit der Faust.
Sie schüttelte nur den Kopf, sie hasste ihn in diesem Moment noch mehr, natürlich hatte sie gehört was er über sie gesagt hatte, sie kam sich furchtbar dumm dabei vor, vor allem, weil er es auch noch vor dem ganzen Tisch tat.
„Jetzt stellen Sie sich nicht so an und stehen auf!", zischte er, packte sie dann an ihrer Uniform, zog sie von der Bank, Hermine konnte sich nur mit Müh und Not auf den Beinen halten, was sich erübrigte, als er seine Arme an ihren Rücken und Kniekehlen legte und sie hochhob.

Spätestens jetzt lagen alle Augen der Halle auf Hermine, die von der fiesen Kerkerfledermaus auf den Armen durch die Halle in Richtung Gryffindorturm getragen wurde.
McGonagall hatte Harry und Ron die strikte Anweisung gegeben den Unterricht aufzusuchen als sie aufgesprungen waren, um Snape am liebsten zu verhexen, ein wenig perplex lief sie den beiden hinterher, holte sie nach einiger Anstrengung dann auf dem letzten Gang ein.
Hermine vermied es ihn anzusehen, sie richtete ihren Blick stur in die andere Richtung, auch wenn allein diese Berührung ein echter Schlafmagnet war, sie musste sich eingestehen, dass seine Griffe, bis auf den ersten am Tisch, sehr sanft waren; die Wärme, der Geruch, die Tatsache, dass er sich um sie sorgte, hätten sie fast lächeln lassen, was aber von ihrem Gesicht gewischt wurde, als McGonagall wieder bei ihnen war.
Sie stürmte an ihnen vorbei, öffnete die Tür zu Hermines Räumen und ließ den Mann mit ihrer Schülerin auf dem Arm eintreten, „sein Sie vorsichtig!", als wäre er das nicht die ganze Zeit über gewesen.
Er legte sie sanft auf ihr Bett, schenkte ihr ein kleines warmes Lächeln, wurde dann von der Hauslehrerin aus seinen Gedanken gezogen, „würden Sie den Zauber über sie legen?"
„Ich?!"
„Ich habe diese Art Zauber schon viele Jahre nicht ausgeführt... ich vertraue Ihnen, Severus.", sie nickte, das war vermutlich das erste Mal, seit Jahren, dass sie ihn lobte.

Er nahm einen tiefen Atemzug, zog seinen Zauberstab, konzentrierte sich auf die Magie, die er auf sie legen wollte und fing an zu zaubern.
Ein bläulicher Schimmer legte sich auf sie, Hermine schloss die Augen, ein warmes Gefühl legte sich um sie, als würde sie von innen wieder aufgeladen werden.
„Wie lange dauert dieser Zustand?", ein wenig besorgt musterte Minerva ihren Kollegen.
„Sie wird aufwachen, wenn ihr Körper wieder genug Kraft hat."
McGonagall nickte langsam, „da Sie alles über den Schlaf wissen werden Sie auch für die Beobachtung zuständig sein."
„Was?! Das können Sie nicht bestimmen, Minerva. Ich kann nicht Stunden lang am Bett einer Schülerin sitzen und nicht einmal meiner eigenen!", polterte er.
„Ich bin mir sicher Albus wird ebenso meiner Meinung sein, wenn ich Ihren Stundenplan richtig in Erinnerung habe, hätten Sie sowieso nur zwei Stunden am Morgen und zwei am Nachmittag. Wir können Sie natürlich nicht ersetzen, aber Sie werden vertreten.", damit ließ sie ihn in ihren Räumen stehen.

Wie vor den Kopf gestoßen stand er vor dem Bett der schlafenden Hermine, er hätte einfach gehen sollen.
Er hätte sich so ein Verhalten nicht gefallen lassen dürfen, auch wenn es die stellvertretende Schulleitung war.
Das war inakzeptabel.
Sie konnte nicht wirklich ernsthaft wollen, dass er die ganze Zeit bei ihr blieb! Was würden die Leute sagen?
Zu gehen, wäre das einzig Richtige, was er machen könnte.

Stattdessen schloss er seufzend ihre Tür. Er konnte sie nicht alleine lassen und so zauberte er sich einen Stuhl und setzte sich in die andere Ecke des Raumes, beobachtete jede Regung und dachte Stunde um Stunde darüber nach, was er alles falsch gemacht hatte, mit ihr, mit dieser Situation, mit seinem Leben.
Er dachte darüber nach, was gut in seinem Leben war, nach Lily war viele Jahre nichts mehr gut gewesen, dass er überhaupt noch auf dieser Welt war, lag ebenfalls nur an Lily und einem Versprechen, dass er sich selbst und ihr gegeben hatte.
Und als er über all das nachdachte wurde ihm klar, dass die Zeit, die er mit Hermine verbracht hatte, die letzten Tage und Wochen, die Beste seit vielen Jahren war, vermutlich seit der Schulzeit, seit dem Punkt, an dem Lily aufgehört hatte mit ihm zu reden.
Sie war sogar zu ihm gekommen, obwohl es vermutlich das letzte war, was sie in dieser Situation machen sollte, er wusste, wie schwer es ihr fiel zu akzeptieren, dass Er der Mann mit der Maske war.
All das war vollkommen surreal, die ganze Situation abwegig, sie hatte sich vor Schreck und Ekel übergeben, als sie festgestellt hatte, mit wem sie just in dem Moment Sex hatte.
Wenn er ehrlich war hatte er nichts anderes erwartet, er hätte vielleicht noch schlimmer reagiert und doch hatten offenbar die Sehnsucht und die Zuneigung zu ihm diesen Ekel und den Schock überwunden.

Hielt sie tatsächlich daran fest, dass sie sich wieder so nahe waren?
Wollte sie wirklich ihn bei sich haben?
Oder war das vielleicht nur eine Nebenwirkung des ganzen Stresses und des Schlafentzugs, der ihr eine solche Schnapsidee in den Kopf gesetzt hatte?
Du kannst unmöglich ernsthaft darüber nachdenken, Severus..., mahnte die Kopfstimme, du bringst dich und sie in Teufelsküche!
„Wenn Dumbledores Plan schief läuft landen wir da sowieso alle früher als uns lieb ist", grummelte er leise, richtete dann seinen Blick und seine Gedanken auf die schlafende junge Frau, deren Wangen schon langsam wieder etwas Farbe annahmen. Beruhigter lächelnd lehnte er sich an die Wand und wachte für die nächsten Stunden über sie.

*

Hermine wachte langsam auf, ihr Mund war trocken, ihr Magen knurrte, wenn sie ehrlich war, tat alles weh, trotzdem fühlte sie sich recht ausgeschlafen.
Ein wenig verwirrt sah sie sich um, versuchte sich aufzusetzen, wozu ihr allerdings die Kraft fehlte.
Eine dunkle Stimme schreckte sie auf, „du solltest liegen bleiben."
Er ist immer noch hier... das war kein Traum, stellte sie fest, war ganz froh, dass sie im Bett lag und nicht stand.
Severus stand schnell auf, gab ihr einen Stärkungstrank, den sie sofort entkorkte und zu sich nahm, „hast du Schmerzen?"
Sie rappelte sich langsam auf, setzte sich auf die Bettkante, versuchte jeden Muskel in ihrem Körper zu spüren und stellte fest, dass immer noch alles weh tat, sie nickte nur, „wie lange hab ich... geschlafen?", strich sich ein wenig schmerzerfüllt über ihren Nacken.
„Um die 18 Stunden.", erklärte Severus, zog noch einen Schmerztrank aus seiner Tasche.
„Was?!", sie sprang vom Bett, „Ich muss zu Harry und Ron und McGonagall..."
„Es wissen alle Bescheid... deine Freunde haben sogar einige Male nach dir geguckt... vermutlich weil sie wussten, dass ich hier bin.", ein trauriges Lächeln erschien auf seinen Lippen.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass es völlig abwegig war, dass er sich in ihren Räumen aufhielt, obwohl es für sie schon normal war, weil er so oft bei ihr übernachtet hatte.
„Du warst die ganze Zeit hier?", er war 18 Stunden am Stück bei ihr geblieben und hatte auf sie aufgepasst?
„Es war McGonagalls Idee...", gestand er leise.
„Was?!", die nächste Überraschung.
„Sie meinte, dass ich mich neben Poppy am besten damit auskennen würde und sollte auf dich aufpassen. Tut mir leid, dass ich... so lange hier war."
Auch wenn sie ziemlich überrascht war, sie war froh, dass er es war, der sie im Auge behielt, er kannte sie wie kein zweiter.
Langsam schüttelte sie den Kopf, „ist schon in Ordnung."
Das Gespräch wurde durch ein Ploppen unterbrochen, zwei Hauselfen hatten einige gefüllte Teller und Getränke dabei, stellten sie auf einen Tisch und verschwanden wieder.

„Du solltest essen und trinken...", sagte er sanft, entfernte sich dann langsam von ihr und wollte den Raum verlassen, er hatte seine Pflicht erfüllt, sie war wach und gesund, es bestand also kein Grund mehr bei ihr zu sein, auch wenn es sich falsch anfühlte jetzt zu gehen.
„Würdest... du mir beim Essen Gesellschaft leisten?", fragte sie vorsichtig, sie wollte ihn nicht wieder so überrumpeln, dass er noch schneller das Weite suchte.
Er zögerte, genau das wollte er eigentlich vermeiden, aber es freute ihn, dass sie ihn bei sich haben wollte.
„Bitte... quasi als.. Dankeschön.", hoffte ihn damit überreden zu können.
„Du lädst mich zum Essen ein, was dir gerade gebracht wurde?", er lachte leicht.
„Nicht sehr charmant, mh?", ein zerknautschter Ausdruck erschien auf ihm Gesicht.
„Nicht sehr...", bestätigte er, schob den herbeigezauberten Stuhl weiter zu ihrem Bett, ließ den Tisch ebenfalls dazu schweben, damit beide etwas essen könnten.
Froh und dankbar nahm Hermine sich einen der Teller, füllte ihren mehr als leeren Magen mit Essen.

Für eine gute halbe Stunde war es ruhig, das warme Essen tat ihr gut, sie fühlte sich endlich wieder wie ein Mensch und nicht nur wie eine Hülle, die nur umher wanderte.
Aber nun, da ein erneuter Abschied vor der Tür stand, wurde sie wieder traurig, sie hatte Angst, dass sie sich in wenigen Tagen wieder so fühlen würde, sie vermutete, dass es nicht unbedingt sehr gesund war in regelmäßigen Abständen einen Magischen Schlaf über sich ergehen zu lassen.
Noch bevor er den Abschied einleiten konnte unterbrach sie ihn, „bitte bleib hier..."
„Du weißt, dass das nicht geht.", er wusste, dass es ein Fehler war ihr nachgegeben zu haben, stand auf, wollte zur Tür gehen, als sie ihn wieder festhielt, „Lass mich nicht immer betteln...", meinte sie anklagend, nahm langsam seine Hand und zog ihn mit sich zurück.

Die ersten Schritte zierte er sich, gab dann doch schließlich nach, auch wenn er wusste, dass das nur zu mehr Ärger führen würde.
„Ich... möchte nur, dass du hier schläfst... mehr muss gar nicht passieren.", sie lächelte scheu, jetzt wieder mit ihm zu schlafen wäre wirklich eine sehr merkwürdige Situation, auch wenn sie auch das vermisste.

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